0959 - Asmodis’ Hölle
jegliches Grinsen. »Eben nicht. Deswegen komme ich zu dir. Du warst bereits in der Sphäre drin, ich aber kann mit meinen magischen Mitteln von Caermardhin aus nicht reinschauen.«
Der Meister des Übersinnlichen saß auf der Bettkante und starrte den Erzdämon misstrauisch an. »Wo warst du so lange, Sid? Wir haben viele Monate nichts mehr von dir gehört. Ich dachte schon, du seiest auch tot, nachdem du ja praktisch im Alleingang die Schwefelklüfte vernichtet hast.«
Asmodis erschrak. »Du weißt das?«
»Wie du siehst.«
»Woher?«
»Ich glaube kaum, dass dich das etwas angeht.«
»Warum bist du so abweisend?«
Zamorra verzog geringschätzig das Gesicht. »Das fragst du noch? Du hast uns all die Jahre Freundschaft und Unterstützung nur vorgespielt, weil du JABOTH in meinem Umfeld gesucht hast. Nici war da leider etwas schlauer als ich. Sie hat dich instinktiv durchschaut und dir misstraut. Ich hingegen war geneigt zu glauben, du seiest tatsächlich so eine Art Freund. Aber du bist eben auch nur ein beschissener Erzdämon, keinen Deut besser als die anderen.«
»Was regst du dich so auf?«, gab Asmodis mit glühenden Augen zurück. »Allzu viel Grund hast du ja nicht dazu. Du warst schließlich ein zentraler Bestandteil des Fluchs, während ich nur zufällig hineingerutscht bin. Komm also wieder zu dir, Zamorra. Ich bin nicht Asaels Erzeuger und somit der potenzielle Vater des HÖLLENKAISERS. All das wärst du geworden, wenn ich nicht versagt hätte. Hättest du das gewollt? Hättest du damit leben können? Nur ganz schwer, würde ich mal behaupten. Deswegen müsstest du mir eigentlich sogar dankbar sein, dass es mir nicht gelungen ist, LUZIFER zur Erneuerung zu verhelfen.«
Der Meister des Übersinnlichen starrte seinen höllischen Gast sprachlos an. »Das hättest du wohl gerne«, gab er zurück. »Sieh's doch mal anders rum, Sid. Ich hatte in diesem Geschehen nicht die freie Wahl, genauso wenig wie Nicole. Du aber schon. Du hast dich also freiwillig entschieden, LUZIFER zu helfen.«
Asmodis lachte höhnisch. »Für so dumm hätte ich dich gar nicht gehalten, Zamorra. Glaubst du wirklich, ich hätte eine Wahl gehabt? Wenn LUZIFER um etwas bittet, ist das ein Befehl. Und niemand, aber auch gar niemand aus dem Höllenadel hätte sich dem widersetzt. Ich musste so handeln, wie ich es getan habe.«
»Ja, klar. Und wenn du den etwas besseren Durchblick gehabt hättest, Sid, dann hättest du schon im Vorfeld Nicole umbringen müssen, denn die war schließlich ein Teil CHAVACHS. Und das hättest du sicher ohne mit der Wimper zu zucken getan.«
»Es wäre Teil meiner Aufgabe gewesen, ja. Und? Du sagst doch selber, dass jeder eine Rolle in diesem Spiel zu spielen hatte. Umgekehrt hätte Duval mich genauso eliminiert. Und du auch, wenn es nötig gewesen wäre. Mache ich deswegen so einen Aufstand? Wir sind alle von einer unglaublichen Kraft benutzt und missbraucht worden, der KAISER LUZIFER eingeschlossen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
Zamorras Zähne mahlten aufeinander. Er gestand es sich nicht gerne ein, aber ganz so unrecht hatte der Erzdämon nicht.
»Wo bist du die ganze Zeit über gewesen?«, wiederholte er etwas versöhnlicher.
»In Avalon. Es war keine leichte Zeit für mich und ist es auch jetzt noch nicht. Das kannst du dir sicher vorstellen.«
»Ja, kann ich. Und du hast wirklich keine Ahnung, was das da draußen ist?«
»Nein. Aber sag, was wollten die Shi-Rin von euch? Und was passiert gerade mit London?«
Zamorras Misstrauen war mit einem Schlag wieder da. »So fragt man Leute aus. Entschuldige, aber momentan bin ich noch nicht wieder so weit, dir zu trauen, egal, ob das nun gerecht ist oder nicht. Ich werde dir also nichts sagen. Was du wissen willst, musst du schon selber herausfinden.«
»Dein letztes Wort?«
»Mein letztes Wort.«
»Du weißt, dass du mir noch den einen oder anderen kleinen Gefallen schuldest, Professorchen. Schon vergessen? Ich könnte jetzt durchaus einen einfordern. Aber das will ich nicht. Nicht jetzt und hier. Dein unkooperatives Verhalten lässt allerdings die Gegenleistungen, die du irgendwann zu erbringen hast, größer und gefährlicher werden.«
Grußlos verschwand Asmodis in seiner altbekannten stinkenden Schwefelwolke. Er lachte sich ins Fäustchen. Ein Dämon wie er hatte immer einen Trick mehr im Portfolio als alle anderen.
***
Venedig
Die Jacht trieb zwischen den Inseln Murano und Burano in der Laguna morta . Gianfranco erhob sich stöhnend.
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