0960 - Aibons böse Diener
glänzender Arm, mal schneller, mal langsamer, mal gekrümmt und in Schleifen, dann wieder gerade.
Auf einer normalen Straße bewegten wir uns nicht durch die Einsamkeit der irischen Landschaft. Es war ein Weg, der nur aus Reifenspuren bestand.
Es ging relativ langsam voran, denn immer wieder hatte der schmelzende Schnee große Pfützen hinterlassen. Wenn wir hindurchfuhren, spritzte das Wasser hoch. Schimmernde Fontänen, die schnell wieder zusammensackten. Über den schlammigen Grund rutschten wir manchmal hinweg, aber der Audi bewältigte diese schwierige Strecke, ohne steckenzubleiben.
Ich hielt die Zeichnung in der Hand. Meine Blicke wechselten von ihr nach draußen, und mein Nicken deutete Suko an, daß wir richtig waren.
Allerdings fehlte mir noch der Wald, der eigentlich an der linken Seite hochwachsen sollte. Noch lag das Gelände frei, und das Gras sah auch hier braun und winterlich aus.
Hin und wieder entdeckten wir ein paar einsam stehende Bäume, die in dieser stürmischen Ecke des Landes gebeugt und nicht besonders groß waren.
Menschen waren uns nicht begegnet. Nicht einmal ein Schäfer mit seiner Herde, denn gerade die Schafzucht war in Irland ein beliebter Erwerbszweig. »Wie lange noch, John?«
»Keine Ahnung. Entfernungen hat er nicht aufgeschrieben. Man hat hier Zeit.«
»Das scheint mir auch so.«
Der Weg besserte sich nicht. Er war nach wie vor weich, schlammig und auch tief, aber der Allradantrieb schaufelte uns immer wieder frei. Der Bach gurgelte weiterhin neben uns her. Durch die Schneeschmelze führte er ziemlich viel Wasser, so daß die an seinem Ufer wachsenden Büsche teilweise über ein Drittel im schäumenden Wasser standen.
»Der Wald«, sagte ich.
Suko schaute nach links. Er lächelte. »Tatsächlich. Das muß er sein.«
Oben am Hang standen die Bäume dichter. Je weiter wir fuhren, um so mehr geriet er in unser Blickfeld. Die Hütte sahen wir noch nicht, aber sie war auch gut versteckt. Der ideale Unterschlupf für IRA-Terroristen.
Suko zerrte das Lenkrad nach links. Um den Wald zu erreichen, mußten wir den Hang hoch, der feucht und weich war. Jetzt waren wir froh darüber, den besonderen Antrieb zu haben, den Suko zugeschaltet hatte. So fuhren wir schräg den Hang hinauf. Tiefe Spuren im Gras hinterlassend. Wie ein zittriges Schienenpaar.
Ich sah die Hütte als erster. Sie duckte sich tatsächlich zwischen Bäumen, als wollte sie sich vor aller Welt verstecken. Man hatte sie aus Holz errichtet, mit Tür und Fenstern.
Suko gab noch einmal vorsichtig Gas, um auch den Rest der Strecke zu überwinden. Dann hatten wir die Höhe der Hütte erreicht, und hier hörte auch der Hang auf. Das Gelände war wieder eben.
Der Inspektor stellte den Motor ab. Er zischte den Atem durch die Zähne und nickte. »Okay, wir sind da, Alter.« Er drehte mir den Kopf zu, wobei er grinste. »Noch Fragen?«
»Im Moment nicht«, erwiderte ich und öffnete die Beifahrertür. Im Wagen hatte die Heizung für Wärme gesorgt. Wir hatten vergessen, wie kühl es draußen war. Jetzt wurde ich wieder daran erinnert, als ich ausstieg.
Auch Suko verließ den Audi. Er sprach genau das aus, was ich dachte.
»Es ist alles friedlich.« Er schüttelte den Kopf. »Schon komisch, wenn ich mir vorstellen soll, daß hier vier Menschen in einem Feuer oder wie auch immer verbrannt und zu Schatten geworden sind. Kannst du das nach vollziehen, John?«
»Kaum.«
»Eben.«
»Laß uns mal in die Hütte gehen. Möglicherweise finden wir dort einen Hinweis.«
»Wie du meinst.« Er zog die Tür auf, blieb aber für einen Moment noch vor der Schwelle stehen und warf einen Blick in die Hütte hinein, um einen eventuellen Gefahrenpunkt auszumachen.
Das schaffte er ebensowenig wie ich, der ich ihm über die rechte Schulter schaute. »Alles ruhig, Suko, keine Spuren. Wie ich es mir gedacht habe.«
»Warum sind wir dann hergefahren?«
»Warte mal ab.« Ich drückte meine Hand in seinen Rücken und schob ihn in die Hütte hinein, die aus einem Raum bestand. Die vier Terroristen hatten ihr Versteck so wohnlich wie möglich eingerichtet. In der kalten Jahreszeit brauchten sie auch nicht zu frieren, denn eine gemauerte Feuerstelle war ebenso vorhanden wie vier Lager. Billige Kfappbetten, auf denen noch die Decken lagen.
Wir schauten auf einen kleinen Tisch, ein Regal, in dem Lebensmittel standen und auch einige Flaschen Whiskey. Die Fenster hatte man ebenfalls nicht vergessen, obwohl sie mehr Luken waren, was ihre
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