0960 - Aibons böse Diener
und entfernte mich von meinem Freund. Ich kannte mich aus. Nicht zum erstenmal standen wir vor einem Tor, das in eine andere Welt führt.
Damit war nicht nur Aibon gemeint, es gab auch genügend andere Dimensionen. Oft genug hatte ich gespürt, wo sich dieses Tor befand.
Manchmal hatte mir auch mein Kreuz eine entsprechende Botschaft übermittelt, die aber blieb hier aus. Ich drehte meine Runde über eine normale Lichtung am Waldrand, und es war kein Hinweis darauf zu entdecken, daß hier ein Tor in eine andere Welt existierte. Alles blieb so schrecklich normal.
»Ich komme mir vor wie ein Zauberlehrling«, sagte Suko, »der zwar viel weiß, dem aber der Weg zu diesem Wissen verschlossen bleibt. Hier ist einmal etwas geschehen, John. Einmal!« betonte er noch.
»Was willst du damit sagen?«
»Daß es vorbei ist.«
»Du rechnest damit, daß es die Verbindung zwischen den beiden Welten nicht mehr gibt?«
»Genau das.«
»Dann wäre unser Besuch ein Irrtum.«
»Ist das ungewöhnlich? Wie oft führen Spuren ins Leere. Wahrscheinlich wären wir im Dorf besser aufgehoben.« Der Blick, den ich Suko zuwarf, gefiel ihm nicht, und er fragte: »Hast du was? Habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Nein, Alter, leider nicht. Wahrscheinlich hast du sogar recht. Ich denke, daß wir einen Fehler gemacht haben. Wir hätten uns tatsächlich auf die Schatten konzentrieren sollen. Sie müssen hier entstanden sein, aber das ist auch alles.«
»Was folgt daraus?«
»Der Rückweg.«
»Sehr gut, John. Mit dir kann man arbeiten. Von Aibon spüre ich wirklich nichts.«
Er hatte recht. Es sah nicht gut aus. Unsere Fahrt war ein Schlag ins Wasser gewesen. Trotzdem wollte ich nicht aufgeben, nicht so einfach.
Ich wollte nicht akzeptieren, daß wir völlig falsch lagen. Irgendwo mußte es eine Brücke geben und wenn sie noch so schmal war.
Beinahe schon desinteressiert schaute Suko zu, wie ich mein Kreuz hervorholte. Gegen Aibons Kräfte war es in gewisser Art und Weise machtlos, aber von früheren Fällen her wußte ich, daß es mir schon den einen oder anderen Hinweis auf dieses geheimnisvolle Druidenparadies gegeben hatte, und diesen Versuch wollte ich jetzt auch starten. Als es nicht mehr durch meine Kleidung geschützt war und frei auf meiner Handfläche lag, spürte ich keine Erwärmung. Ich ließ es aber liegen und fing an, Kreise zu gehen, was Suko nicht gefiel. Nachdem er sich geräuspert hatte, erkundigte er sich, ob ich das Kreuz als Wünschelrute benutzen wollte.
»Nein, das nicht.«
»Sondern?«
»Laß deine Fragerei!« Meine Antwort hatte ziemlich scharf geklungen.
Ich ärgerte mich ja selbst, und ich mußte auch jetzt feststellen, daß ich falsch lag, aber ich wollte es einfach nicht einsehen. Manchmal kann ich auch stur sein.
Ich dachte zudem an den Roten Ryan, einen Helfer aus dem wunderbaren Teil des Landes, in dem Märchen und Legenden so gut wie wahr wurden, weil sich dort die Wesen aufhielten, von denen sonst nur in diesen Geschichten die Rede war.
So hatten wir schon Elfen, Naturgeister und Zwerge erlebt. Das alles war uns nicht fremd, und diese Wesen standen auch auf unserer Seite, nur brachte uns das heute nichts, denn das Paradies der Druiden hielt sich verschlossen.
Ich stöhnte auf, weil ich meinem Ärger Luft machen wollte. Suko, der sich schon auf dem Weg zum Wagen befand, drehte sich um, enthielt sich aber eines Kommentars.
Als ich an den Bäumen angelangt war, stoppte ich meine Schritte. Sie waren zwar kahl, es gab aber auch genügend Lücken. Sie bildeten schon ein Netzwerk, das ich so einfach nicht durchbrechen konnte.
Auch hier geschah nichts. Kein Hinweis auf Aibon. Kein grünes Leuchten rann über mein Kreuz hinweg, wie ich es von ehemaligen Fällen her kannte.
In diesem Fall mußte ich Suko recht geben. Wahrscheinlich hatten wir genau reagiert. Wir hätten lieber in Beragh bleiben und auf die Schatten warten sollen.
Also zurück. Vor dem Einbruch der Dämmerung noch dort sein. Das war wichtig.
Ich wollte mich umdrehen, als ich Sukos Fluch hörte. Er putschte mich so stark auf, daß ich blitzartig herumwirbelte.
In diesem Augenblick weiteten sich meine Augen, denn was ich sah, war unglaublich.
Aibon hatte zugeschlagen.
Und wie!
***
Mein Freund Suko war völlig ahnungslos in die Falle gelaufen, denn Aibon hatte ohne Vorwarnung zugeschlagen und seine Kräfte voll ausgespielt.
Suko stand direkt neben dem Wagen. So nahe, daß er ihn berühren konnte und ihn auch berührt hatte. In
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