0960 - Aibons böse Diener
Größe anging. Als ich nach oben blickte, stellte ich fest, daß die Decke wirklich gut abgedichtet war. Regen hatte keine Chance, in das Innere des Verstecks zu tropfen.
»Ach, sieh mal an.« Sukos Stimme riß mich aus meinen Betrachtungen.
Mein Freund war dort hingegangen, wo es am dunkelsten in der Hütte war. Er stand gebückt an einem bestimmten Platz. Ich ging davon aus, daß er etwas entdeckt hatte. »Was ist denn?«
Suko drehte sich um. »Eine Truhe, John. Sieht aus, als hätten unsere Freunde dort etwas Besonderes versteckt.«
»Wie kommst du darauf?«
»Reines Feeling.« Suko bemühte sich, den Deckel in die Höhe zu hieven, was nicht so einfach war, denn er klemmte am Unterteil fest, war aber nicht durch Schlösser gesichert.
Ich half meinem Freund. Gemeinsam schafften wir es, den Deckel wieder in die Höhe zu drücken. Der plötzliche Ruck hätte mich beinahe zwei Fingernägel gekostet. Sie brachen zum Glück nur an den Seiten ab.
Vor uns lag die offene Truhe, und wir pfiffen beide durch die Zähne.
Obwohl wir beim ersten Hinsehen eigentlich nur Kleidungsstücke oder Decken sahen, schimmerte doch etwas hindurch. Und dieses Schimmern kannten wir beide.
»Waffen«, flüsterte Suko. »Verdammt noch mal, das sind tatsächlich Waffen.«
»Spritzgebäck bestimmt nicht.« Ich griff in die Truhe hinein. »Vergiß nicht, daß wir es mit Terroristen zu tun gehabt haben, die nicht eben Chorknaben waren.« Meine rechte Hand umklammerte einen geriffelten Griff. Er gehörte zu einer leichten Maschinenpistole, die ich vorsichtig hervorholte, wobei ich sie so hielt, daß die Mündung zur Decke zeigte.
Ich pfiff durch die Zähne und ging zum Licht. Dabei hielt ich die MPi gegen die Fensteröffnung. »Verdammt gepflegt, Suko, das kann man nicht anders sagen. Sie haben sich Mühe gegeben.«
»Es waren auch ihre Bräute, wie man so schön sagt.« Auch er kramte in der Truhe herum und holte ein Armeegewehr hervor. Er hielt es hoch.
»Damit kannst du verdammt schnell schießen. Die Tadings waren wirklich eine perfekte Truppe.«
Ich legte die MPi wieder zurück in die Truhe. Auch das Schnellfeuergewehr verschwand dort. Ich schloß den Deckel wieder und sagte: »All die Waffen haben ihnen nichts gebracht, denn die andere Kraft war stärker, viel stärker.«
»Ja, stimmt. Wenn wir es mit Aibon zu tun haben, gibt es für Menschen keine Chance.«
Suko schaute mich schräg an. »Schließt du uns damit ein, John?«
Ich hob die Schultern. »Denk an die Schatten und an meine Kugel. Wir sahen für einen Moment das grüne Leuchten, das war alles. Aber es war der Hinweis auf Aibon.«
»Und wo finden wir den hier?«
»Keine Ahnung.«
»Außerhalb der Hütte«, sagte Suko. »Ich kann mir gut vorstellen, daß es sie draußen erwischt hat. Frag mich nicht nach den Gründen, aber so könnte es geschehen sein.«
Ich widersprach ihm nicht. Solange wir nicht wußten, was wie geschehen war, mußten wir mit allem rechnen. Vor Suko verließ ich die Hütte und ging ein paar Schritte über den weichen Boden nach vorn.
Wenn ich nach rechts den Hang hinunterblickte, sah ich den Bachlauf wie eine glitzernde Schlange aus Silberpapier durch das kleine Tal laufen. Es verirrte sich, kein Sonnenstrahl auf die Oberfläche, trotzdem schimmerte sie wie ein welliger Spiegel.
Von der Hütte aus war der Hang perfekt zu überblicken. Die vier Terroristen hatten genau sehen können, ob sich jemand ihrem Versteck näherte.
Zum Wald hin waren sie ebenfalls geschützt. Im Sommer mehr als im Winter, wenn der Wald doch sehr licht war und es zwischen den laublosen Bäumen große Lücken gab.
Auch Suko hatte das Versteck verlassen. Er blieb neben mir stehen und war nicht begeistert. »Hier möchte ich nicht tot überm Zaun hängen, wenn du mich fragst.«
»Das weiß ich. Deshalb habe ich dich erst gar nicht gefragt.«
»Danke.«
»Mal eine andere Frage: Bisher gehen wir davon aus, daß Aibon eine Rolle gespielt hat. Wir beide wissen, daß es die Tore in diese Welt gibt. Irgendwie muß man ja in das Paradies der Druiden gelangen. Kannst du dir vorstellen, daß wir vor einem derartigen Tor stehen? Oder denkst du anders darüber?«
»Nein.«
»Sehr schlicht die Antwort.«
»Klar, John. Die nächste wird ebenso schlicht sein. Wir müssen das Tor nur finden und es öffnen.«
Ich streckte ihm die Hand entgegen. »Dann reichen Sie mir bitte den Schlüssel, Charles.«
»Irrtum. Du mußt ihn dir holen.«
»Mit dir kann man nicht reden«, sagte ich
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