0964 - Schwingen des Geistes
antwortest du nicht, Herkas?" fragte die gespenstische Stimme und ließ ein höhnisches Lachen folgen.
Herkas trat die Tür auf’und stellte sich breitbeinig in den Eingang.
„Hier bin ich, Dommerjan."
Maina blickte überrascht zu Pamela die sich seitlich von der Tür an die Wand preßte. Durch die offene Tür und die Fenster konnte Maina sehen, wie die Männer und Frauen im Freien näher an das Haus drängten. Sie machten einen verängstigten Eindruck.
„Ich dachte, das Konzept Dommerjan sei bloß eine Legende", sagte Maina.
Pamela schüttelte den Kopf.
„Vater ..." Ihre Stimme erstarb. Sie räusperte sich und fuhr fort: „Mein Vater hat dieses Konzept begründet. Er hielt sich im Zustand völliger geistiger Verwirrung für die treibende Kraft auf EDEN II und glaubte, alle Bewußtseine in sich aufnehmen zu müssen, um wie ES zu werden. Er hat es geschafft, Dommerjan praktisch zu entvölkern.
Nur wir, die wir uns um Herkas geschart haben, bieten ihm Widerstand. Vater ... Dommerjan ist unzurechnungsfähig, er ist die Inkarnation der düsteren Periode unseres Landes ..."
Maina hörte wieder die geisterhafte Stimme, aber da sie sich auf Pamelas Worte konzentrierte, entging ihr die Bedeutung der Worte.
„Wenn du so mächtig bist, dann stelle dich mir, Dommerjan", rief Herkas. „Was hast du hier denn zu suchen?"
„Ich will euch alle - und ich’werde mir eure Bewußtseine holen", rief die seltsam hohle Stimme zurück.
„Versteckst du dich neuerdings hinter Kindern?" erkundigte sich Herkas.
„Mir genügt ein Körper, und eines Tages werde ich auch diesen aufgeben", rief Dommerjan zurück. „Du kannst Pamela ausrichten, daß ihr Vater ausgedient hat. Für mich hat eine neue Ära begonnen, und ich bin fester denn je entschlossen, das ursprüngliche Ziel zu erreichen Aber ich bin bereit, einen Kompromiß zu schließen."
„Ich gehe mit dir keinen Handel ein", erwiderte Herkas.
„Höre dir erst meinen Vorschlag an. Wenn du mir Maina überläßt, dann garantiere ich euch freies Geleit bis zur Grenze von Ikarien. Deine ganze Jüngerschar gegen diese Missionarin, das ist doch ein Geschäft."
Maina schauderte. Sie ahnte, daß ihr weiteres Schicksal von EIerkas abhing.
„Warum liegt dir denn so viel an diesem Konzept?" fragte Herkas. „Und warum hast du es dir noch nicht einverleibt?"
„Maina ist eine starke Bewußtseinsballung, und ich verabscheue Gewaltanwendung", rief Dommerjan.
„Aber dieses eine Mal bin ich bereit, von meinen Prinzipien abzugehen. Du hast viele Helfer, die Maina gefügig machen könnten. Halte sie für mich fest und gib mir die Möglichkeit, sie mir zu unterwerfen. Dann lasse ich euch ziehen."
Maina war jetzt sicher, Jans Kinderstimme zu erkennen, obwohl er sich verstellte.
„Ich schachere nicht mit Konzepten", rief Herkas zurück. „Aber ich werde Maina fragen, was sie will.
Und ihre Entscheidung werde ich akzeptieren."
Herkas drehte sich um und fragte: „Was wählst du, Maina? Uns oder Dommerjan?"
Sie war außerstande, auch nur einen Ton von sich zu geben. Es kostete sie sogar übermenschliche Anstrengung, den Arm zu heben und auf Herkas zu deuten. Sie hätte nicht geglaubt, daß irgend etwas ihr solchen Schrecken einflößen könnte, wie die Aussicht, von einem Kinderkörper aufgesaugt zu werd.en.
„Maina bleibt!" rief Herkas durch die Tür und schlug sie zu. Er wandte sich in den Raum und sagte: „Beim ersten Glimmen der Dommerjan-Sonne brechen wir auf."
In dieser Schlafperiode konnte Maina kein Auge zutun. Als Herkas bei Dämmerung des neuen Morgens zum Aufbruch gemahnte, stellte es sich heraus, daß zwei seiner Anhanger verschwunden waren.
Obwohl niemand darüber ein Wort verlor, wußte Maina, daß für ihr Verschwinden niemand anderer als das Konzept Dommerjan verantwortlich war.
*
Herkas besaß dreiundsiebzig Anhänger - die beiden, die er in der ersten Nacht verloren hatte, und Maina ausgenommen. Als sie die Grenze zu Ikarien überschritten, waren es nur noch neunundsechzig Jünger. Während des ersten Tagesmarsches verlor Herkas zwei weitere Konzepte, und noch bevor sie nach der ersten Nachtrast einem Ikarier begegnet waren, war ihre Zahl auf fünfundsechzig zusammengesehrumpft.
Maina suchte Herkas auf und machte ihm folgenden Vorschlag: „Laß mich ziehen. Da Dommerjan es vor allem auf mich abgesehen hat, wird er euch dann in Frieden lassen. Wir werden die Sache unter uns ausmachen."
Aber Herkas lehnte ab.
„Wenn du für Dommerjan
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