Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0965 - Die zweite Unendlichkeit

0965 - Die zweite Unendlichkeit

Titel: 0965 - Die zweite Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
auf die Körper der Toten. Abgeprallt wie ein Ball.
    »Smith, hierher!« Zamorra stand auf der untersten Stufe und streckte die Hand nach dem Alten von Ganymed aus. »Beeilen Sie sich, Mann.«
    Aber Willoughby rührte sich nicht. Stocksteif vor Verwirrung und sichtlich überfordert stand er, wo er gewesen war, als das Chaos losging, und starrte dem stetig näher kommenden Etwas unter den Leichen entgegen.
    » Smith! « Zamorra seufzte, konzentrierte sich - und rannte los!
    Mit erstaunlichem Geschick hechtete er über den ekelhaften Untergrund aus toten Leibern und auf den alten Mann zu. Dabei spürte er - halb erleichtert, halb erschrocken -, wie Merlins Stern an seiner Brust langsam zu neuem Leben erwachte.
    Der Professor hatte Smith fast erreicht. Schon streckte er die Hand nach ihm aus, fühlte das Tweed seines Jacketts unter den Fingerkuppen. Smith drehte den Kopf in Zamorras Richtung. Augen wie Fragezeichen und ein Mund, der kaum mehr als ein erstauntes O war. Dann…
    Es geschah ohne einen Laut von Smith. Im einen Moment war der kreative Sonderling noch da, stehend auf dem Rücken einer Indianerin und der Brust eines Zenturios, im nächsten zog ihn irgendetwas nach unten, zwischen den Leichen hindurch.
    Blitzschnell.
    Zamorra stand da, die Hand noch immer erhoben, und konnte nur glotzen. Bis sein Gehirn registriert hatte, was geschehen war, war es schon vorbei.
    Der Hai. Der Hai hat zugeschlagen.
    Die Erkenntnis war ebenso grauenvoll wie wahr.
    Merlins Stern reagierte prompt und riss den Meister des Übersinnlichen aus seiner Schockstarre. Wie aus dem Nichts erschien die grünlich schimmernde Schutzkuppel aus magischer Energie um seinen Leib.
    Keine Sekunde zu früh, denn vor Zamorra öffnete sich das Meer. Aus den Untiefen dieses bizarren Ozeans erhob sich ein Monstrum! Es war weiß wie ein Albino; ledrig wirkende Haut auf einem mit Geschwüren, Furunkeln und Läsionen aller Art übersäten Leib. Keine Augen, keine Ohren, keine erkennbaren Extremitäten - nur ein längliches Ding, ein Wurm, mehrere Meter durchmessend, dessen zuckende, tobende Spitze aus den Toten ragte.
    Und an seinem vorderen Ende klaffte ein Maul, so hoch wie zwei übereinander stehende PKW. Ein Maul voller rasiermesserscharfer, rotierender Zähne.
    Smith hing darin, halb zermalmt und blutend. Tot.
    ***
    Geräusche drangen an Zamorras Ohr: Ellies Kreischen, Kyrgons Gehämmere gegen die geschlossene Luke, Nicoles warnende Rufe. Und doch hörte er nur eine Sache wirklich: das hissende Geräusch des Ungetüms direkt vor seinen Augen.
    Das Ding zuckte zur Seite, schleuderte Smiths Überreste achtlos von sich, und näherte sich dem Professor. Schwefliger Gestank schlug diesem entgegen, als er in das Maul des Monstrums starrte.
    Plötzlich war Nicole neben ihm, die Laterne hoch erhoben. Lotse im Sturm. »Der Dhyarra! Schnell!«
    Zamorra nickte. Endlich fiel die Starre von ihm ab. Den Sternenstein in der Jacketttasche fest umklammernd, konzentrierte er sich auf den riesigen Wurm.
    Die Schutzkuppel machte ihrem Namen alle Ehre, wenngleich ihre Leistung abermals zu wünschen übrig ließ. Blitze gingen von ihr aus, schlugen ins Erdreich ein, ließen es bröckeln und erzittern. Wo immer sie den Leib des Riesenwurms trafen, hinterließen sie faustgroße schwärende Wunden, doch der Wurm wirkte davon nicht im Geringsten beeinträchtigt. Im Gegenteil schien diese Gegenwehr ihn nur noch anzustacheln. Er tobte, hob und senkte seinen immensen Leib scheinbar wahllos in der Enge des Kellers und stieß gegen Wände, die Decke, das Meer aus Leichen. Wie ein Raubtier, das sich seiner Hoheit bewusst ist, gebärdete es sich.
    Und es riss Zamorra aus der Konzentration!
    Mehrfach musste der Professor ausweichen, weil der Leib des Monstrums ihm und der Schutzkuppel gefährlich nahe kam und er der Macht seines magischen Werkzeugs nicht wirklich vertrauen durfte. Auch Nicole hechtete wiederholt zur Seite, um dem Ungetüm zu entgehen.
    Trotz seiner immensen Größe war das Ding wahnsinnig schnell - und wahnsinnig rücksichtslos. Einer riesigen Seeschlange gleich bahnte es sich seinen Weg durch die Fluten aus Leichenteilen, tobte, zischte. Immer wieder tauchte es unter, nur um einen Sekundenbruchteil später ganz woanders wieder aufzutauchen. Und unter den Leibern der Vergangenen konnte Zamorra die Bewegungen des Monstrums nicht vorhersehen.
    Es glich einem Wunder, dass er und Nicole ihm nicht längst ins offene Maul gefallen waren. So wie Smith.
    »Wir müssen hier

Weitere Kostenlose Bücher