0966 - Der Weg des Jägers
Schotten.
»Von ihm habe ich Ihre Anschrift«, erwiderte Dylan. »Er hat mir Ihre Geschichte erzählt. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
Leon lächelte. »Selbst wenn, wäre es jetzt zu spät, nicht wahr? Was führt sie zu mir?«
»Jo Steigner.«
Dylan sah, wie Kerth zusammenzuckte. »Sie… Sie kennen ihn?«
»Das wäre zu viel gesagt. Ich habe ihn unter unglücklichen Umständen getroffen. Kurz vor seinem Tod.«
»Er ist tot? Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Doch. Leider.«
»Das ist sehr tragisch«, sagte Kerth. »Aber ich weiß immer noch nicht, wie ich Ihnen helfen kann.«
Statt einer Antwort zog Dylan den Tattooreif aus der Hosentasche. Seit seinem Besuch bei Knudsen hatte er ihn nicht wieder angelegt.
Die Wirkung auf Leon glich der einer Explosion. Er sprang auf und starrte mit großen Augen auf das Armband. »Sie haben es? Steigner hat es Ihnen vermacht?«
Also erzählte Dylan, unter welchen Umständen er die Waffe bekommen hatte. Die Quelle des Lebens sparte er dabei vorsichtshalber aus. Er erwischte sich, dass er auch Zamorras Namen unterschlug. Wollte er etwa, dass Kerth ihn nicht nur für einen besseren Laufburschen des Professors hielt? Wollte er das Bild des erfahrenen Dämonenjägers zeichnen? Er wusste es nicht, aber er schwor sich, darüber nachzudenken.
Wenn er die Gelegenheit fand.
»Ich habe gehofft, Sie könnten…«, begann er.
Leon unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Das ist unglaublich. So viel Glück kann ich gar nicht haben.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich muss Ihnen etwas zeigen!« Kerth stand auf und umrundete Dylans Stuhl.
Der Schotte hörte, wie der Inhaber des Ladens in einem Schrank kramte. »Ah, da ist er ja!«
Dylan wandte sich um und blickte über die Stuhllehne. Er sah nicht, womit Leon ihn niederschlug, nur den großen Schatten, der auf ihn zuraste und an seiner Schläfe explodierte. Dann wurde es dunkel um ihn.
Tack! Tack!
Das Geräusch riss Dylan in die Gegenwart zurück.
Wenn doch nur sein Kopf nicht so schmerzen würde. Vielleicht könnte er sich dann besser erinnern. Aber wollte er das überhaupt? Wollte er sich wirklich sein anfängerhaftes Verhalten ins Gedächtnis zurückrufen? Wie hatte er diesem Typen nur so blind in die Falle gehen können? Nur, weil er ein nettes Lächeln besaß?
Tack!
Der dumpfe Laut trieb ihn noch in den Wahnsinn. Wieder schoss ihm der Anflug einer Assoziation durch den Kopf. Er sah einen Mann vor seinem geistigen Auge. Er trug einen Mundschutz und einen weißen Kittel. Nein, kein Kittel, sondern…
Da glitt ihm die Verbindung auch schon wieder durch die mentalen Finger. Verdammt!
Diese elenden Kopfschmerzen! Sie waren viel schlimmer als bei seinem ersten…
... Erwachen. Er stand aufrecht an einem Pfahl.
Obwohl keine Fesseln zu sehen waren, konnte er sich nicht rühren. Er drehte den Kopf zur Seite, was sein Schädel mit wütendem Hämmern bestrafte.
O Kacke, der Arsch hat mich niedergeschlagen, dachte er .
Und da sah er ihn auch schon, den Arsch.
Leon Kerth stand vor ihm und hielt grinsend das Armband hoch. »Weißt du eigentlich, wie lange ich darauf gewartet habe? Seit wann ich diese Waffe in die Finger bekommen will?«
Dylan wollte sich bewegen, aber es gelang nicht.
»Entschuldige, ich habe dich mit einer magischen Klammer gelähmt.«
»Warum?«, brachte Dylan hervor.
»Warum? Weil du mir das Armband sicher nicht freiwillig gegeben hättest. Und jetzt will ich ein paar Antworten von dir.«
»Lassen Sie den Quatsch und machen Sie mich los. Wir stehen doch auf derselben Seite.«
Kerth schüttelte den Kopf. »Niemand steht auf meiner Seite. Steigner damals nicht und du ganz gewiss auch nicht.«
»Aber wir jagen Dämonen! So wie Sie!«
»Nicht so wie ich. Steigner war ein Waschlappen. Und du bist auch einer. Sieh dich doch an. So etwas wäre mir nie passiert. Folglich bin ich der Richtige, um das Armband zu tragen. Nicht du!« Er zuckte mit den Schultern. »Aber ich muss eingestehen, dass du bereits Erfahrungen damit sammeln könntest. Deshalb erzählst du mir jetzt ganz genau, wie man diese Waffe anwendet, woher sie stammt, wer sie geschaffen hat. Einfach alles!«
Dylan konnte nicht anders, er lachte auf. »Sie Trottel! Das ist doch der Grund, warum ich Sie aufgesucht habe. Weil ich mehr über das Armband herausfinden wollte!«
Für einen Augenblick geriet Leon ins Stocken. Doch dann legte sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. »Ganz schlechte Ausrede! Aber wenn du schon mit mir nicht sprechen
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