0966 - Der Weg des Jägers
verschwinden bis Ende des Monats und dann sollste mal sehen. Dann biste von Justin Bieber nicht mehr zu unterscheiden.«
»Wie oft täglich muss ich davon trinken?«, fragte der Junge in stimmbrüchigem Tonfall.
»Gar nicht!«, erwiderte der Verkäufer mit freundlichem Lächeln. »Du musst es einreiben.«
Das Bürschchen nickte eifrig und verschwand. Der Parapsychologe konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Der Mann hinter dem Tresen entdeckte Zamorra und Nicole. Ein erstaunter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Wahrscheinlich kamen nicht oft Leute in den Laden, die die 30 bereits überschritten hatten. Besonders die Dämonenjägerin schien es ihm angetan zu haben.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
Nicole übernahm das Reden. Das heißt, sie wollte es übernehmen. »Wir sind auf der Suche nach…«
Weiter kam sie nicht. Plötzlich schnippte der Verkäufer mit den Fingern und deutete auf Zamorra, der einen Schritt zurückwich.
»Natürlich! Sie sind es! Professor Zamorra aus Frankreich.«
Die Augen des Beleibten begannen zu leuchten.
»Oh, Monsieur le professeur , Sie glauben ja gar nicht, wie geehrt ich mich fühle, dass Sie ausgerechnet das MagiCorner aufgesucht haben.«
Der Typ kannte ihn? »Das… äh, das ist wirklich sehr nett von Ihnen.«
»Ach je, meine Manieren«, unterbrach der Comic-Book-Guy den Meister des Übersinnlichen. Er schlug sich gegen die hohe Stirn, sodass sein Doppelkinn erzitterte, und wandte sich Nicole zu. »Madame Duval - oder heißt es Mademoiselle?«
Nicole bekam nur ein leises »Öh« hervor, bevor der Dicke weiterbrabbelte.
»Sie kenne ich natürlich auch. Ich habe jeden Zeitungsbericht gesammelt, der über Sie existiert, und jeden Artikel im Internet über Sie gelesen. Zugegeben, das ist nicht viel, aber trotzdem.«
Er stutzte.
»Mon dieu! Sie scheinen sich in den letzten dreißig Jahren überhaupt nicht verändert zu haben. Wie machen Sie das bloß?«
Zamorra griff ein, bevor ihm der Kerl mit gefährlichen Fragen und dem übertriebenen Gebrauch französischer Ausdrücke mit grauenhaftem Akzent weiter auf die Nerven gehen konnte. »Entschuldigung, so nett ich es auch finde, dass Sie uns kennen, und so gerne wir mit Ihnen plaudern würden, wir sind aus einem bestimmten Grund hier. Aus einem sehr wichtigen Grund!«
Der Verkäufer verstummte mit halb geöffnetem Mund. Anscheinend holte ihn Zamorras Stimme aus einer Fantasiewelt zurück.
»Natürlich. Ich war nur so… so…« Er suchte nach den richtigen Worten. »… überwältigt! Excusez-moi! «
Zamorra musste sich zusammennehmen, um nicht zusammenzuzucken, denn die Art wie der Dicke ihre Heimatsprache benutzte, oder besser gesagt: misshandelte, schmerzte ihn förmlich in den Ohren.
»Wir suchen nach Leon Kerth! Sie sind es wohl nicht, nehme ich an?«
Der Verkäufer fuhr zusammen und bedachte den Professor mit einem durchdringenden Blick. Der Meister des Übersinnlichen glaubte, aufkeimendes Misstrauen in den Augen des Mannes zu entdecken.
Deshalb sprach er schnell weiter.
»Hören Sie! Sie haben uns ja gerade identifiziert und wissen, dass Sie uns trauen können. Wir müssen unbedingt mit Herrn Kerth sprechen. Es ist sehr dringend.«
Zamorra griff in die Innentasche seines Jacketts und holte sein TI-Alpha hervor. Er rief eine Bilddatei auf und hielt sie dem Pferdeschwanzträger unter die Nase. Auf dem Bild war Dylan zu sehen. Es war ein Schnappschuss aus der Zeit, als der Schotte noch auf Château Montagne gelebt hatte.
Es zeigte ihn breit grinsend an einem reich gedeckten Tisch im Schloss.
»Dies ist unser Freund Dylan McMour. Wir nehmen an, dass er mit Herrn Kerth Kontakt aufgenommen hat. Wir haben seit Tagen nichts mehr von ihm gehört und befürchten, dass er und eventuell auch Herr Kerth sich in Schwierigkeiten, vielleicht sogar in Lebensgefahr befinden.«
Der Dicke starrte wie gebannt auf das Display des Handys.
»Nun, äh…«, begann er, schwieg aber sofort wieder.
»Kennen Sie ihn? Haben Sie ihn hier gesehen?«, fragte Nicole.
Es dauerte einen Moment, dann aber nickte der Verkäufer. »Ja, ja, der war hier. Er wollte…«
Er unterbrach sich erneut und leckte sich nervös über die Lippen.
»… er wollte mit Leon sprechen. Das ist richtig.«
Zamorra erlaubte sich einen Anflug von Erleichterung. »Haben sich die beiden getroffen? Hier vielleicht sogar? Wo sind sie jetzt? Ich weiß, es sind viele Fragen, aber wir machen uns wirklich Sorgen.«
Der Dicke griente. »Na, um Leon brauchen Sie
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