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0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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bestimmt nach draußen lenkte. Bei ihrer Ankunft hatte er unweit des Hotels einen Taxistand bemerkt. Sie wählten sich ihren Chauffeur nach seinen Sprachkenntnissen aus. Nele beherrschte Englisch und Französisch wie ihre Muttersprache, und mit Englisch hatten sie schließlich Glück, an einen älteren Fahrer zu gelangen, der, wie er ihnen stolz erzählte, lange Jahre als Fremdarbeiter auf Zypern und Gibraltar gearbeitet hatte. Gibraltar war noch heute Kronkolonie, Zypern seit gut einem halben Jahrhundert unabhängig, was aber nichts daran änderte, dass auch dort noch vielerorts Englisch die Verkehrssprache war.
    Hogarth musste sich einen Schwall von Anekdoten anhören, bevor sie auch nur dazu kamen, ihren Restaurantwunsch zu äußern. Schließlich drangen sie aber doch durch das Mitteilungsbedürfnis des Jordaniers, und eine halbe Stunde später saßen sie am Tisch eines einfachen Lokals, in dem sich sonst nur Einheimische zu tummeln schienen. Der Taxifahrer war kurzerhand auch da geblieben, saß an der Theke und tauschte den Obolus, den er für die kurze Fahrt ausgehandelt hatte, gegen Trinkbares ein. Ab und zu grinste er mit gebleckten, kariösen Zähnen zu ihnen herüber und prostete ihnen zu, sobald Blickkontakt zustande kam.
    Hogarth fand es ganz spaßig, Nele nur nervig.
    »Idiot«, brummte sie.
    »Er scheint doch ganz nett zu sein.«
    »Die Netten schneiden dir zuerst den Hals durch.«
    »Woher hast du denn diese Weisheit? Jetzt bist du so alt geworden, aber den Hals hat dir noch niemand durchgeschnitten, oder?«
    »Eben. Aber nur, weil mein zweiter Vorname ›Misstrauen‹ ist.«
    Hogarth nickte. Einmal mehr wurde ihm bewusst, wie grenzenlos anders sein Gegenüber war. Oft genug vergaß er es. Aber Neles launige Bemerkungen holten ihn immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er fragte sich, ob er ihr die Unfähigkeit zu sterben neidete. War für Nele nicht der Ur-Traum eines jeden Menschen in Erfüllung gegangen? Er wollte sie gerade danach fragen, als das Essen kam.
    Sie hatten sich für Mansaf, das jordanische Nationalgericht, entschieden, das ihnen der Kellner empfohlen hatte - Lammfleisch mit Joghurtsoße und Reis.
    Der Duft war betörend. Die Gewürzmischung gewöhnungsbedürftig.
    »Hoffentlich verträgt mein Magen das«, sagte Nele.
    »Es wird uns schon nicht umbringen.«
    »Wer weiß.«
    »Dein Humor ist manchmal schon etwas grenzwertig.«
    »Ich meinte es ernst.«
    »Noch schlimmer.«
    Sie aßen, plauderten und rekapitulierten noch einmal die zurückliegenden Stunden. Insbesondere das Verhalten der Miliz warf Fragen auf. Um diese beantwortet zu bekommen, hätten sie aber einen Gesprächspartner von anderem Kaliber als die bisher kennengelernten gebraucht.
    Gesättigt und reif für die Koje schlenderten sie schließlich zu Fuß zu ihrem Hotel zurück. Sie hatten sich den Weg gemerkt.
    Als sie ankamen, war es dunkel geworden.
    »Wann stehen wir morgen auf - und vor allem…«, sagte Hogarth, »… was tun wir nach dem Aufstehen?«
    Nele hatte ihm immer noch nicht erzählt, wie rege der Austausch von Eindrücken war, mit denen die Stadt sie bestürmte, sobald sie ihre Extrasinne dafür öffnete.
    Sie passierten die Rezeption, ohne dass sich jemand sehen ließ.
    »Das entscheiden wir morgen«, sagte Nele, nicht ahnend, dass ihnen die Entscheidung von anderen abgenommen werden sollte.
    Noch bevor die Nacht vorbei war.
    ***
    Während Hogarth in Morpheus Armen versank, kaum dass er sich hingelegt hatte, fand Nele lange keinen Schlaf.
    Das war nichts Neues für sie. Die Eden-Frucht, die sie einst gegessen hatte, schien nicht nur ihren Körper vor weiterem Verfall zu bewahren, sondern wirkte sich offenbar auch erfrischend auf ihren Geist aus. Oft lag sie halbe Nächte war, und sehnte sich nach dem Vergessen, das der Schlaf ja auch bescherte. Aber wenn er endlich über sie kam, wich er auch ebenso schnell wieder, und wach im Bett zu liegen, während draußen schon die Sonne aufgegangen war, lag ihr einfach nicht. Sie war immer ein Tatmensch gewesen, Müßiggang war kein Wesenszug von ihr.
    Und so lag sie wieder einmal da, starrte Löcher in die Dunkelheit und sinnierte, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie den Garten Eden damals zusammen mit Nikolaus entdeckt hätte - wenn sie beide das ewige Leben in der Blüte ihrer Jahre empfangen hätten.
    War es denkbar, dass eine Liebe ein so lange gemeinsam verbrachtes Leben überstand - oder sehnte sie sich nur deshalb noch nach Jahrhunderten nach

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