0968 - Ritter, Blut und Teufel
dem Kettenhemd hing.
Es war schon eine abstrakte Szenerie, daß ich in einer normalen Küche mit einem untoten Ritter kämpfte. Hätten wir uns auf einer Burg gegenübergestanden, wäre es normaler gewesen, so aber hatte ich sogar Mühe, die Realität zu begreifen.
Er ließ sich nicht aufhalten.
In der rechten Hand hielt er sein Schwert. Damit schlug er dicht über die Ofenplatten hinweg, als wollte er mich verscheuchen. Um mich zu treffen, war die Distanz zu groß.
Ich zielte wieder.
Der nächste Schuß.
Diesmal hatte ich höher gehalten, weil ich seinen Hals treffen wollte. Das gelang mir auch trotz der schlechten Sichtverhältnisse, aber mein geweihtes Silbergeschoß prallte von seinem Visier ab. Möglicherweise hatte sie das Material dort beschädigt, so genau wußte ich das alles nicht.
Er ging jedenfalls weiter.
Und er sprach dabei kein Wort. Er wollte sich nicht ablenken lassen. Die schmalen Augen ließen die Pupillen kaum erkennen. Auch von seinem Mund war nur wenig zu sehen. Bei jedem Schritt hinterließ er ein hart klingendes Klirren. Es lag einzig und allein an seiner Kleidung und nicht an seinen Schuhen, denn sie paßten eigentlich nicht zu einem Ritter. Sie bestanden nicht aus Metall, sondern aus Leder, zumindest hörte ich das harte Aufsetzen seiner Füße nicht.
Er konnte normal laufen, ich nicht.
Und ich mußte zurück, denn weitere Kugeln auf ihn zu feuern, war die reinste Munitionsverschwendung.
Wieder stach er zu. Diesmal direkt. Ich zuckte zurück, klammerte mich aber am Handlauf des Herds fest und drehte mich dann mit einem Bogen nach hinten um den Ofen herum. Ich blieb in seiner Nähe, weil ich mich daran festhalten konnte, und ich dachte auch trotz des Stresses an meinen verstauchten Fuß.
Auf dem Tisch stand eine Pfanne. Ich bekam ihren Stiel im Zurückweichen zu packen, und als der Ritter wieder zudrosch, schleuderte ich ihm die Pfanne entgegen.
Der dabei entstehende Gong hallte durch die Küche, als wollte er einen neuen Akt des Dramas einläuten.
Wie konnte ich ihn stoppen und weitere Untaten verhindern? Mit der Beretta war es nicht möglich. Vielleicht mit dem Kreuz?
Es würde mir schwerfallen, so dicht an in heranzukommen, um ihn berühren zu können, aber durch die Sehschlitze des Visiers konnte er alles verfolgen. Er würde auch das Kreuz sehen können.
Ich wußte genau, wie empfindlich Dämonen und auch Menschen, die unter einem dämonischen Druck standen, darauf reagierten.
Schon der Anblick des Kreuzes – meines war zudem geweiht – konnte sie aus dem Konzept bringen.
Noch stand mir eine gewisse Zeit zur Verfügung. So rasch wie möglich holte ich es hervor. Der schimmernde Reflex war sicherlich von dem Ritter Wahrgenommen worden, und er sah es auch, als ich es ihm entgegenstreckte, wobei ich mir plötzlich – ich wußte auch nicht weshalb – ein wenig lächerlich vorkam.
Keine Erwärmung.
Kein Zurückweichen der Gestalt!
Ich war wie vernagelt. Das hatte ich noch nie erlebt. Ließ mich das Kreuz im Stich?
Ich mußte zurück, weil er vorging. Aber ich hielt ihm meinen Talisman weiterhin entgegengestreckt, so daß er einfach nicht daran vorbeischauen konnte.
Allmählich wurde es für mich brenzlig. Er kam weiter vor, schlug wieder zu und zwang mich deshalb zu einem schnellen Zurückweichen. Es bekam mir nicht gut, da ich mit dem falschen Fuß zuerst aufgetreten war. Wütend wühlte sich die Schmerzwelle durch mein rechtes Bein und zwang mich zu einer Grimasse.
Das Schwert kratzte über die Ofenplatte hinweg, wo es helle Spuren hinterließ.
Er ging weiter.
Meine Gedanken jagten sich. Ich dachte in eine bestimmte Richtung, und die wiederum hatte mit einer Niederlage zu tun. Wäre er schneller gewesen, hätte er mich schon längst erwischen können.
Aber die schwere Kleidung behinderte den Ritter.
Um den Herd herum bewegte ich mich wieder auf die Tür zu. Sie stand offen und war der Fluchtweg. Auf dem Ofen stand noch eine Schale mit einem langen Griff. Ich stieß mit dem angewinkelten Arm dagegen. Die Schale hätte sich drehen müssen, wäre sie leer gewesen, aber sie war es nicht. Ein kurzer Blick reichte aus. Noch über die Hälfte hinweg war sie mit einer weißen Flüssigkeit gefüllt. Wahrscheinlich irgendeine Soße, aber die Idee zündete in meinem Kopf.
Auch wenn es aussah wie Action in einem Stummfilm, sah ich trotzdem keine andere Möglichkeit. Ich riß die Schale hoch, drehte sie und schleuderte den Inhalt auf den helmbesetzten Kopf des Ritters
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