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097 - Leichenvögel

097 - Leichenvögel

Titel: 097 - Leichenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Stimme zu wünschen übrigließ.
    »Und
kein Mensch hat Ihnen also gesagt, daß ich eine Hexe bin?« fragte sie
unvermittelt.
    Er
versuchte zu lächeln. Es mißglückte. »Nein.«
    »Und
jetzt – nachdem ich Ihnen soviel aus meinem Leben erzählt habe – haben Sie noch
immer keine Angst?« Sie sah ihn mit einem rätselhaften Blick von unten herauf
an.
    »Nein,
warum sollte ich? Schließlich bin ich kein Bewohner von Tonklin.«
    »Wissen
Sie, was man noch über mich erzählt?«
    Er
schüttelte den Kopf.
    »Die
Leute behaupten, ich hätte meinen Mann umgebracht.«
    Der
Atem stockte ihm. Mrs. Mallory eine Mörderin? So sah sie gewiß nicht aus. Warum
sollte eine Frau die rundum von Feinden umgeben war, ausgerechnet den Menschen
beseitigen, der als einziger zu ihr hielt?
    Was
böse Zungen alles vermochten! Daß diese Frau an dem Gerede, das über sie in die
Welt gesetzt wurde, nicht zerbrochen war, grenzte an ein Wunder. Sie mußte hart
im Nehmen sein.
    »George
starb vor anderthalb Jahren. Seitdem lebe ich hier allein. Wissen Sie, was die
Leute behaupten? Ich hätte ihn verhext – ihn in einen großen, schwarzen Vogel
verwandelt…«
     
    ●
     
    Er
stellte sein Glas zurück. Komische Geschichte, die da die Alte erzählte.
    Er
war ganz Ohr. Sie faszinierte ihn seltsamerweise. Und der alten Frau tat es
offensichtlich gut, sich mal wieder richtig aussprechen zu können. Damit tat er
ihr einen Gefallen.
    Das
Blut rauschte in seinen Ohren. Er fühlte sich heiß an, als hätte er Fieber. Der
Grog heizte ihm ordentlich ein.
    »Sie
glauben nicht, daß ich eine Hexe bin, nicht wahr?«
    Wie
durch eine Wattewand vernahm er die Stimme.
    Was
war nur los mit ihm? Er hatte wohl zuviel getrunken.
    »Nein,
nein… warum… sollte ich…« Aus unendlicher Ferne hörte er seine eigene Stimme.
    »Vielleicht
aber haben sie recht – die Leute aus Tonklin, Mister Gander…?«
    Er
preßte die Augen fest zusammen, öffnete sie wieder. Er sah alles durch einen
Nebel.
    Die
Gestalt der Mrs. Mallory schwankte ständig hin und her, als stünde eine
Wasserwand zwischen ihr und ihm.
    »Ich
bin eine Hexe, Mister Gander, verstehen Sie mich. Ich kann zaubern, richtig,
wie kleine Kinder sich, das vorstellen…«
    Wie
kam er nur auf solche Gedanken? Wieso hörte er die Stimme, die solch einen
Unsinn verzapfte?
    Er
fühlte sich so schwer, so willenlos.
    »Ich
kann Menschen in Tiere verwandeln. Das will ich auch mit Ihnen tun, Mister
Gander. Aber dazu müssen wir erst einen Spaziergang machen. Merken Sie schon
etwas?«
    Dieses
Gefühl der Schwere, der Abwesenheit, nahm zu. Meinte sie das? Alles war ihm
zuviel. Selbst das Atmen wurde zur Arbeit.
    Gefahr!
Etwas ging hier vor, das ihn bedrohte, aber er brachte nicht die Kraft auf,
sich zu erheben und zu fliehen.
    Wie
angewachsen klebte er in dem alten Sessel.
    In
seinem Glas war etwas gewesen. Ein Gift? Ein Betäubungsmittel?!
    Die
Leute in Tonklin hatten recht gehabt. Sie wollten nicht, daß er zu ihr fuhr.
    Was
passierte denn jetzt.
    Lief
er nicht hinter ihr her?
    »Hier,
gleich hier ist es«, hörte er ihre Stimme. Etwas Erregendes, Jugendliches
schwang in ihr mit.
    Gander
registrierte einen Gang, einen schwarzen Stollen. Ein violettes Licht flackerte
in der Ferne. Sie gingen darauf zu.
    Wo
befand er sich? Wie kam er hierher?
    War
er eingeschlafen und träumte er?
    Der
Grog war so stark gewesen.
    Gander
lächelte still vor sich hin. Mit einem Male fühlte er sich so leicht, so als
könne er schweben.
    Dann
wieder der Gedanke an die alte Frau.
    Er
war gekommen, um billige Antiquitäten zu erwischen und nicht, um zu schlafen.
    Er
mußte aufwachen.
    Er
versuchte es mit Gewalt. Es ging nicht.
    Ein
geheimnisvolles Rauschen erfüllte den lichtlosen Stollen. Gander trat mitten in
den violetten Lichtkreis hinein.
    Lautlos
umhüllten ihn die kalten Flammen – und erloschen plötzlich.
    »Wir
sind da, Mister Gander.« Eine jugendliche Stimme. Sie hatte nur noch entfernt
Ähnlichkeit mit der Stimme Ensebeth Mallorys.
    Er
wandte den Kopf.
    Neben
ihm stand Mrs. Mallory. Aber sie war nicht mehr alt und runzlig und hatte keine
grauen Haare mehr.
    Eine
junge Frau mit glatter Haut, schwarzen Augen stand neben ihm.
    Ihre
Haut war makellos und hatte den samtenen Schimmer eines Pfirsichs.
    Ensebeth Mallorys Busen war straff. Sie
trug keinen Fetzen Stoff am Leib, nackt, wie Gott sie erschaffen hatte, stand
sie da.
     
    ●
     
    Gander
schluckte.
    Was
für ein Traum!
    Er
sah Ensebeth Mallory so, wie sie vor fünfzig Jahren

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