0971 - Die zerrissene Stadt
sie sich zurück nach Tendyke’s Home versetzen und von dort aus spezielle Verstärkung herbeiholen.
Eine Verstärkung, die sich mit der Bekämpfung von Schwarzblütigen besser auskannte als jedes andere Lebewesen unseres Planeten. Und da gab es nur eine Person, die ihr sofort einfiel.
Ein Dämonenjäger aus einem Schloss, das sich über einem kleinen Dorf an der Loire erhob.
***
Im Park von Château Montagne, einem Schloss, das sich über einem kleinen Dorf an der Loire erhob, befanden sich drei Gräber. Das älteste gehörte der weißen Vampirin Tanja Semjonowa und war fast 28 Jahre alt. Das mittlere, an dem der Drache Fooly einen Baum gepflanzt und die Silbermond-Druiden eine Statue geschaffen hatten, war dem langjährigen Diener Zamorras, Raffael Bois, gewidmet. Dieses Grab war leer und besaß nur symbolischen Wert, da Raffael vor 11 Jahren durch Amun-Re’s Frostmagie gestorben war und sein Körper vernichtet werden musste.
Das jüngste Grab, nur knapp fünf Monate alt, gehörte Lady Patricia Saris, die von ihrem eigenen Sohn umgebracht wurde, beziehungsweise von dessen Zwilling Aktanur. Selten hatte der Tod einer nahen Freundin Zamorra so erschüttert wie dieser. Patricia hatte 18 Jahre auf Château Montagne gewohnt, sie gehörte praktisch zur Familie dazu.
Auf dem schlichten weißen Grabstein waren die Lebensdaten von Patricia eingemeißelt. Dazu war ein Bild angebracht, auf dem die sehr attraktive Frau mit den schulterlangen rotbraunen Haaren lächelte. Das Foto war kurz vor ihrem Tod entstanden, sie war gerade erst vom Silbermond zurückgekehrt und hatte sich dort in einen Druiden verliebt.
Sergej hieß dieser Silbermond-Druide, der ihr nach langen Jahren voller Sorgen das Lachen und die Liebe wieder geschenkt hatte. Sie war richtig aufgeblüht und sah zu dieser Zeit attraktiver aus als jemals zuvor.
Sergej hieß auch der Silbermond -Druide, der mit Zamorra an Patricias Grab stand. Der dürre Mann mit den kurz geschorenen dunkelbraunen Haaren und dem Dreitagebart biss sich auf die Unterlippe und schloss die Augen. Eine Träne rann über seine Wange, ansonsten wirkte sein Gesicht wie gemeißelt.
»Ich wollte zuerst nicht glauben, was mir Luc Avenge erzählt hat«, sagte er in seiner abgehackt wirkenden Sprechweise nach endlos erscheinenden Minuten des Schweigens. Seine Stimme klang heiser und kehlig zugleich; auf Fremde wirkte der Tonfall extrem abweisend. Seine blaugrauen Augen schimmerten, deutlich war der Schmerz über den Verlust der Geliebten darin zu erkennen.
»Dem Dämon Krychnak ist es gelungen, Patricia in seine Gewalt zu bringen und Aktanur gelang die Verschmelzung mit Rhett«, erklärte Zamorra, der mit einer schwarzen Jeans und einem schwarzen Hemd passend zum Anlass angezogen war. »Der gute Teil von Rhett saß hilflos im eigenen Körper und musste mit ansehen, wie die eigene Mutter getötet wurde. Während Aktanur sich gerade langsam aus Rhett löste, erschlug ihn dieser. Krychnak hingegen wurde von dem Drachen Fooly getötet.« [5]
»Also sind alle tot und niemand hat etwas von dieser Wahnsinnstat«, erkannte Sergej. Es war mehr Feststellung denn eine Frage.
Zamorra nickte nur und sagte nichts darauf. Hätte es etwas gebracht, wenn er dem Silbermond-Druiden erzählte, dass sich ein Teil von Aktanur noch in Rhett befand und der Erbfolger eine tickende Zeitbombe war? Er entschied sich gegen ein Aufdecken dieser Tatsache, um seinen Gast nicht zu beunruhigen.
»Lass mich bitte ein paar Minuten in Ruhe um Abschied zu nehmen«, bat Sergej. »Ich werde so schnell wie möglich zum Silbermond zurückkehren. Pats Grab macht mich noch schwermütiger, als ich sowieso schon bin.«
Gedrückter Stimmung war Zamorra seit den letzten Ereignissen selbst. Er hatte den Game Master namens Turalel getroffen, der ihn in die »Magischen Welten des Duncan Wexford« eingelassen hatte. Spieler, die sich durch verschiedene Levels des Spiels Lost Soul käm- pften, sollten, wenn sie den höchsten Level gespielt hatten, angeblich eine Belohnung von einer Million Pfund kassieren. Zahlreiche Spielsituationen und Szenerien wiesen darauf hin, dass sich der Erfinder des Spiels sehr gut in den Schwefelklüften ausgekannt hatte. Und seltsamerweise nicht nur das, sondern auch in der längst vergangenen Spiegelwelt, denn nur dort war die Arena der Monster angesiedelt gewesen.
Asmodis hatte sich in das Spiel eingeschaltet und zwei der Gefallen eingefordert, zu denen er Zamorra vor einigen Jahren verpflichtet hatte:
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