0974 - Monsterzeit
unterhalten. »Es wundert mich, daß du nicht bei Greta bist und sie betreust.«
Ginette nickte heftig. »Ja, das wundert mich auch.«
»Wieso?«
»Sie wollte es nicht.«
»Bitte?«
Ginette nickte einige Male. »Ja, ob Sie es glauben oder nicht, Mr. Kinny. Sie wollte nicht, daß ich bei ihr blieb. Ich habe versucht, sie vom Gegenteil zu überzeugen, aber sie hat mich weggeschickt. Sie ist sogar, als ich nicht gehen wollte, ziemlich rabiat geworden, und dann bin ich gegangen. Ich wollte mich mit ihr ja nicht streiten.«
»Nannte sie einen Grund?«
Ginette überlegte, schaute für einen Moment ins Leere und meinte dann: »Sie hatte einen Grund, aber das ist keiner für mich gewesen, wenn Sie verstehen. Greta erklärte mir, daß sie sich nicht wohl fühlen würde, aber nicht krank war«, fügte sie rasch hinzu. »Es war etwas anderes. Sie fühlte sich innerlich unwohl. Sie war einfach zu aufgeregt, wenn Sie verstehen. Sie konnte keinen anderen Menschen um sich haben. Es war ihr nervöser Tag, was wohl am Wetter gelegen haben muß. Das zumindest hat sie mir so erklärt.«
»Das haben Sie ihr auch geglaubt?« fragte ich.
Wieder traf mich ein koketter Blick. »Was hätte ich denn tun sollen? Sie zwingen, mich in ihrem Haus zu behalten?«
»Nein, nein, das nicht, aber…«
Doug Kinny unterbrach mich, als er fragte: »Ist das schon häufiger zwischen euch beiden passiert?«
Ginette brauchte nicht lange zu überlegen. »Nein, Mr. Kinny. Es war eigentlich das erste Mal, und darüber war ich ja so verwundert. Ich habe mich nicht richtig durchsetzen können. Und ich konnte mich auch nicht in ihre Denke hineinversetzen.«
»Aber sie war allein?« fragte Suko.
»Klar.«
»Da sind Sie sicher?«
»Ich habe zumindest keine andere Person gesehen.«
Doug Kinny, der in den vergangenen Sekunden geschwiegen und zu Boden gestarrt hatte, wollte wissen, ob sich Greta irgendwie verändert hatte. Abgesehen von ihrem Verhalten natürlich.
»Nein, Mr. Kinny, das hat sie nicht. Wenn Sie an äußere Verletzungen denken, so sind diese wirklich nicht vorgekommen, muß ich Ihnen sagen. Zumindest habe ich keine entdecken können.«
Er nickte. »Das ist schon seltsam, und es gefällt mir überhaupt nicht.«
»Wieso?« fragte Neil Dermont. »Wie Sie das sagen, kann man ja direkt Furcht bekommen.«
»Das nicht unbedingt, aber es ist schon seltsam. So etwas habe ich bei meiner Tochter noch nie erlebt. Sie war immer froh, Ginette bei sich zu haben.«
»Wenn Sie sie sprechen, Mr. Kinny, fragen Sie Greta doch danach. Es ist so, wie ich sagte.«
»Das denke ich auch.« Kinnys Haltung straffte sich. Er schaute die beiden Frauen an. »Dann darf ich mich bei euch bedanken. Mal schauen, vielleicht reagiert sie bei uns ja anders.«
»Kann ich mir kaum vorstellen«, meinte Ginette, »aber Sie können es ja versuchen.«
Ich hatte noch eine Frage. »Von dem nahen Wald hat sie nicht gesprochen -oder?«
Ginette zuckte mit den Schultern. »Wie kommen Sie denn ausgerechnet auf ihn?«
»Er soll doch etwas Besonderes sein, hört man.«
Neil Dermont mischte sich ein. »Ach was, die Leute erzählen viel. Man tratscht, man redet, weil man Zeit hat. Das ist ein normaler Wald, auch wenn sich viele Geschichten darum ranken. Ich jedenfalls habe dort noch nichts festgestellt.«
»Aber Sie, Ginette«, sagte ich, weil ich sah, daß sie den Kopf gesenkt hatte.
»Eigentlich nicht.«
»War oder ist er Ihnen unheimlich?«
»Ein wenig schon«, gab sie zu, »denn er ist sehr dunkel. Man kann sich fast bei Tageslicht verlaufen. Ich betrete ihn nicht gern, aber hin und wieder muß ich Greta einen Gefallen tun. Dann schiebe ich sie hinein, und sie ist dann wie verändert. Ich weiß nicht, was sich da in ihrem Kopf festgesetzt hat, aber sie kommt sich dann vor wie eine zweite Person oder wie ihr zweites Ich, denn sie erzählt immer davon, daß sie von nun an Rosenrot ist.«
»Ja«, murmelte ich, fügte aber nichts mehr hinzu, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen. Außerdem wollte Doug Kinny das Haus verlassen, um so schnell wie möglich zum Haus seiner Tochter zu gelangen. Er bedankte sich noch bei den Dermonts und eilte rasch ins Freie, wo Suko und ich ihn trafen.
Er stieg noch nicht ein, sondern lehnte sich gegen den Escort und schüttelte den Kopf. »Da stimmt was nicht«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, da ist etwas schiefgegangen.« Er starrte Suko an. »Oder was meinen Sie dazu?«
»Wir sollten erst etwas dazu sagen, wenn wir dort
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