0975 - Burning Man
nickte. »Stellen Sie ein Team zur Beobachtung zusammen. Ich will Leute vor Ort haben, falls sich etwas ändert. Der Rest von uns kehrt nach Vegas zurück. Wir müssen diesen Vorfall melden.« Er hielt kurz inne. »Auch wenn ich nicht weiß, wie ich das erklären soll.«
»Wem wollen Sie es denn melden?«, fragte Brad.
»Dem FBI, dem Weißen Haus, der CIA? Es muss schließlich irgendwo jemanden geben, der mit diesem Scheiß hier etwas anfangen kann.«
»Die werden vermutlich von terroristischen Handlungen oder Außerirdischen ausgehen, sofort einen riesigen Zeltkomplex auf bauen und das Gelände weiträumig absperren«, gab Brad zu bedenken.
»Meinetwegen«, brummte Rawlins. »Dann kommt hier wenigstens niemand unbemerkt rein oder raus. Ich für meinen Teil bin mit meinem Latein am Ende.«
Nicole hätte gern gesagt, dass sie die Lösung für das Problem kannte. Dass es eine Möglichkeit gab, die verschwundenen Leute zurückzuholen, aber auch sie wusste nicht weiter. Das Rätsel, warum Nicole ihren Partner nicht erreichte, schien nun zwar gelöst - er war nicht länger an einem Ort, an dem sie ihn kontaktieren konnte -, doch es brachte die neue Frage mit sich, wo er sich befand. Was ist hier nur passiert? Der Gedanke kam fast einem verzweifelten Flehen gleich. In diesem Moment war ihr nur eine Antwort wichtig, und zwar die auf die Frage, wo Zamorra steckte und ob es ihm gut ging. Doch die Wüste blieb hart und unnachgiebig und ließ Nicole allein und im Ungewissen zurück.
***
Die ganze Rückfahrt über sprach Nicole kein Wort. Stumm saß sie auf der Rückbank in Rawlins’ Wagen und kämpfte gegen die Verzweiflung an. Was sollte sie jetzt tun? Sie musste eine Möglichkeit finden, Zamorra zurückzuholen, wo immer er auch sein mochte. Die Möglichkeit, dass er tot oder für immer verloren war, schloss sie kategorisch aus. Sie wusste, dass das irrational war, doch das kümmerte sie im Augenblick nicht.
Rawlins setzte sie und Brad vor ihrem Hotel ab und verabschiedete sich. Er versprach, seine Leute darüber zu informieren, dass Nicole freien Zugang zum Casino hatte, falls sie eine Möglichkeit fand, den Leuten darin zu helfen. Auf diese Weise musste sie ihn nicht erst kontaktieren und konnte schneller handeln. Er versuchte, zuversichtlich zu klingen, doch es gelang ihm nicht ganz.
Er hat aufgegeben, dachte Nicole. In diesem Fall gibt es keinen Verbrecher, den erjagen und verhaften kann. Es gibt keine Gerechtigkeit. Und dieses Konzept passt nicht in seine Welt. Damit kann er nicht umgehen.
Sie sah den Rücklichtern seines Wagens nach, die sich langsam entfernten und schließlich mit den Neonlichtern der Stadt verschwammen. Nur ein weiterer bunter Fleck in der Masse der funkelnden falschen Beleuchtung, die Las Vegas zu dem machte, was es war.
Nicole wandte sich an Brad, der unbeholfen dastand und auf neue Anweisungen von ihr zu warten schien wie ein eifriger Welpe. Sie wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Er konnte nichts tun, um ihr zu helfen, und auch wenn sie sich tief im Inneren dafür schämte, musste sie zugeben, dass sie sein magischer Zustand momentan herzlich wenig kümmerte. Viel schlimmer konnte es jetzt ohnehin nicht mehr werden, selbst wenn Brad plötzlich zur paranormalen Supernova wurde. Was konnte sie schon dagegen ausrichten?
»Hören Sie, warum gehen Sie nicht auf Ihr Zimmer und ruhen sich ein wenig aus?«, schlug sie vor.
»Was ist mit Ihnen?«, wollte er wissen. »Sie sehen auch ganz schön geschafft aus. Sie sollten sich hinlegen.«
»Ich kann jetzt nicht schlafen, Brad«, erwiderte sie. »Ich werde noch ein wenig durch die Stadt gehen, um auf andere Gedanken zu kommen.« Tatsächlich hatte sie ein bestimmtes Ziel, doch sie hatte keine Lust mehr darauf, dass Brad ihr auf Schritt und Tritt folgte. Sie wollte allein sein.
Der junge Mann zuckte mit den Schultern und betrat das Hotel.
Nicole drehte sich dankbar um und ging in eine bestimmte Richtung davon. Auch wenn sie wenig Hoffnung hatte, dass es ihr weiterhelfen würde, wusste sie, dass sie zu dem alten Indianer musste, wenn auch nur, um ihm zu berichten, was sie in der Black Rock Desert gefunden - oder besser nicht gefunden -hatten. Fast wie in Trance legte sie den Weg zum Indian Spirit Casino zurück. Sie kannte ihn bereits auswendig und hätte darüber geschmunzelt, wenn die Umstände nicht so ernst gewesen wären.
Natürlich stand der Indianer an der gleichen Stelle wie immer. Die Welt könnte untergehen, und er würde trotzdem
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