Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0975 - Burning Man

0975 - Burning Man

Titel: 0975 - Burning Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
Vom Netzwerk:
noch dort stehen, dachte Nicole.
    Bevor sie etwas sagen konnte, drehte sich der alte Mann zu ihr um und sah sie besorgt an. »Was ist geschehen, Kind?«
    »Woher wissen Sie, dass etwas passiert ist?«, fragte Nicole, auch wenn ihr mittlerweile klar war, dass ihr indianischer Informant stets mehr zu wissen schien als sie, obwohl er ungern damit herausrückte.
    »Es ist in deinen Augen. Du trägst es mit dir herum. Großer Kummer hat dich ereilt.«
    Nicole stutzte. Hörte sie in der Stimme des Alten etwa so etwas wie Mitleid? Bisher war er immer nur grantig und bestenfalls kurz angebunden gewesen.
    »Ich war in der Wüste. Dort, wo in diesem Moment das Burning-Man-Festival stattfinden sollte.« Der Alte nickte nur ernst, was sie als Aufforderung nahm, weiterzusprechen. »Mein Partner Zamorra, von dem ich Ihnen erzählt habe, hätte dort sein müssen. Doch das war er nicht. Dort war absolut nichts. Kein Festival, keine Besucher, keine Menschenseele. Und jetzt weiß ich nicht, was ich…« Sie hielt inne, als sie den Gesichtsausdruck ihres Gegenübers sah. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätté sie gesagt, dass der stoische Alte geschockt wirkte.
    »Dann ist es bereits zu spät!«, rief er mit weit aufgerissenen Augen. »Es ist entkommen! Es ist hier! Ich habe versagt.«
    »Was meinen Sie?«, fragte Nicole verwirrt.
    »Du hast etwas gesehen, Kind«, erwiderte er anstelle einer Antwort. »Was hast du gesehen?«
    Nicole begriff langsam. Er sprach von ihrer seltsamen Vision in der Wüste. »Farben, Feuer und Angst«, sagte sie. »Etwas hat dafür gesorgt, dass das gesamte Festivalgelände samt Teilnehmern verschwindet.«
    »Ich dachte, ich hätte noch genug Zeit«, murmelte der Alte.
    »Zeit wofür?«
    »Ich bin der Wächter«, erklärte er. »Seit vielen Jahren wache ich über das Land, um dafür zu sorgen, dass das Böse nicht freikommt. Schon lange bevor diese Stadt aus Metall, Glas und Stein entstand. Doch dann kamt ihr.«
    Er deutete in eine beliebige Richtung, und Nicole wusste, dass er nicht sie persönlich, sondern alle Nicht-Ureinwohner im Allgemeinen meinte. Allerdings wurde ihr jetzt klar, warum er ständig an der gleichen Stelle stand und sich nicht gerne mit Leuten unterhielt. Er hatte eine wichtige Aufgabe zu erledigen.
    »Ihr kamt mit eurer Technik und euren Bauwerken. Ihr habt das Land in eine Stadt verwandelt, die lebende Erde gegen den toten Asphalt ausgetauscht. Wir haben versucht, euch zu warnen, doch ihr habt nicht auf uns gehört und unsere Warnungen ignoriert. Für euch zählen nur Geld und Macht. Ihr kennt nur die Gier und wollt immer mehr, seid nie zufrieden, haltet nie inne, um euch an dem zu freuen, was euch bereits gegeben wurde.«
    Auch wenn Nicole wusste, dass der alte Mann sich nicht unbedingt auf sie bezog, fühlte sie sich doch ein wenig schuldig. Er hatte recht. Selbst wenn man bereits alles besaß, was man brauchte, wollte man doch immer noch mehr. Auch ihr ging es kaum anders, dachte sie und entsann sich ihres letzten Shopping-Ausflugs nach Paris. Manchmal konnte es sicher nicht schaden, innezuhalten und sich einfach am Leben zu freuen. Ungebeten tauchte Zamorra in ihren Gedanken auf. Sie hatte keine Probleme damit, sich einzugestehen, dass er ihr das Wichtigste im Leben war. Auf alles andere - Kleidung, Schmuck, Luxus -konnte sie notfalls verzichten, aber ohne Zamorra würde sie es nicht aushalten. Nicht noch einmal.
    »Ihr lebt mit falschen Herzen«, fuhr der Indianer fort. »Und diese Einstellung erleichtert es allem Bösen, sich in eure Welt zu schleichen und euch zu beeinflussen. Ich hatte einen Traum. Darin sah ich viele Dinge, so wie in jedem meiner Träume. Doch ich weiß nie, ob sie schon geschehen sind oder sich noch ereignen werden. Dieses Mal sah ich, wie das Böse, das ich bewachen sollte, ausbrach. Es entkam in die Welt. Ich wusste, dass es irgendwann wieder dazu kommen würde, doch ich dachte, ich hätte noch mehr Zeit. Deine Worte beweisen, dass es bereits frei ist und mit der Zerstörung begonnen hat. Wir müssen schnell handeln, wenn wir es besiegen wollen.«
    Nicoles Gedanken überschlugen sich. »Moment mal. Als ich zu Ihnen kam und Sie wegen der Sache mit den Leuten im Casino um Hilfe bat, haben Sie sich geweigert, mit mir zu reden. Hätte Ihnen nicht da schon klar sein müssen, dass es etwas mit diesem Bösen in der Wüste zu tun hat?«
    »Die Zeichen waren undeutlich«, erwiderte der Alte. »Seit die Welt aus dem Gleichgewicht geraten ist, sind viele schlimme

Weitere Kostenlose Bücher