0981 - Tränenjäger
zu ihren weit verstreuten Einsatzorten wesentlich aufwendiger gewesen, sinnierte Zamorra. Die merkwürdigen Blumen stellten schon eine gewisse Erleichterung dar.
Vom Stadtpark im Zentrum Lyons hatten sie sich umgehend zum Flughafen begeben, der etwa zwanzig Kilometer außerhalb der Stadt lag.
Hier gelang es dem Meister des Übersinnlichen, einen Air-France-Flug nach Bogota zu ergattern.
Nachdem sie die üblichen Formalitäten hinter sich gebracht hatten, atmete Zamorra tief durch.
»Jetzt können wir uns noch ein bisschen die Zeit um die Ohren schlagen«, stellte er nach einem Blick auf die Uhr fest. Der Flieger würde in zwei Stunden abheben. »Darf ich dich auf einen Kaffee entführen, Cherié ?«
Nicoles verdrießliche Miene hellte sich auf. Sie hasste Flugzeuge und den damit verbundenen Reisestress von ganzem Herzen.
»Die Aussicht auf ein koffeinhaltiges Heißgetränk vermag meine Laune durchaus zu heben, Chef«, ließ sie schmunzelnd wissen.
Zamorra blickte sich um und erspähte ganz in der Nähe ein kleines Café, das trotz des Flughafentrubels einigermaßen beschaulich wirkte. Einen Moment später hatten die beiden Franzosen auch schon Platz genommen und warteten auf die Bedienung.
»Du solltest wirklich überlegen, in Kolumbien eine Blumenkolonie anzulegen«, erklärte Nicole, als sie kurz darauf in ihrem Milchkaffee rührte. »Immerhin werden wir allmählich zu Dauergästen dort unten!«
Zamorra brummte zustimmend.
Die Regenbogenblumen erlaubten einen zeitlosen Transfer von einem Ort zum anderen. Man musste sich lediglich zwischen den Blumen postieren und an das entsprechende Reiseziel denken, um an selbiges versetzt zu werden. Immer vorausgesetzt natürlich, dort befand sich ebenfalls eine Blumenkolonie.
Nicole hatte nicht unrecht. Vielleicht wäre es tatsächlich nicht unklug, in Kolumbien ein bisschen Gärtner zu spielen.
Nachdenklich blickte der Parapsychologe aus dem Fenster des Cafés und ließ das geschäftige Treiben des Flughafens auf sich wirken.
Die Menschen, die dort draußen hin und her hasteten, hatten keinen Schimmer von der Existenz dämonischer Mächte. Sie waren mit ihren Alltagssorgen beschäftigt und mussten sich keine Gedanken darüber machen, was die Kreaturen der Finsternis als nächstes ausbrüteten.
Der Parapsychologe seufzte unmerklich und nippte an seinem Kaffee. Dann weiteten sich seine Augen plötzlich.
Nicole runzelte die Stirn und folgte seinem Blick. Die umher wimmelnden Menschenmassen in der Flughafenhalle hatten sich wie von Geisterhand zerstreut. An ihrer Stelle stand ein junger Mann. Er mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein und er war ihnen beiden durchaus wohlbekannt.
Dylan McMour!
Verblüfft betrachtete der Parapsychologe den ehemaligen »Dämonentouristen«, der die Welt auf der Suche nach okkulten Phänomenen bereist hatte, bis er schließlich auf Zamorra und seine Gefährten gestoßen war. Es war nicht das erste Mal, dass er ihnen unverhofft über den Weg lief. Schon vor einigen Wochen war er nämlich völlig überraschend vor dem Château aufgetaucht, um dann genauso plötzlich wieder zu verschwinden.
Und wie schon bei der damaligen Begegnung sah der junge Mann auch diesmal gleichermaßen verängstigt und nachdenklich aus.
Scheppernd stellte Zamorra die Kaffeetasse ab und eilte nach draußen.
»Dylan«, rief er laut und winkte hektisch in Richtung des jungen Mannes. »Hier drüben!«
Doch es schien mit dem Teufel zuzugehen.
Dylan McMour schien ihn nicht zu hören, und ehe Zamorra ihn erreichen und ein Wort mit ihm wechseln konnte, schlugen die Menschenmassen wie eine Welle vor ihm zusammen und schnitten dem Parapsychologen den Weg ab.
Zamorra fluchte leise und versuchte, sich einen Weg durch das Getümmel zu bahnen, was ihn einige Augenblicke kostete. Als er endlich die Stelle erreichte, an der er Dylan zuletzt gesehen hatte, war der junge Mann spurlos verschwunden.
Kopfschüttelnd stand Zamorra da. Er fragte sich, was mit Dylan los war. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht, soviel war ihm klar! Aber was es auch war, es musste warten, bis sie aus Kolumbien zurückkehrten.
Wenn die CIA wirklich gegen die Krieger der letzten Morgenröte mobilmachte, dann war es höchste Zeit, dass Nicole und er nach dem Rechten sahen.
Nachdenklich kehrte er ins Café zurück.
***
San Carlos Cavazo, Kolumbien.
Die Mittagssonne stand hoch am Himmel. Pater Domingo wischte sich nachdenklich den Schweiß aus dem Nacken, während er aus dem Fenster hinaus
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