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0983 - Der Ort der Stille

Titel: 0983 - Der Ort der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sagst du. Und was bringt es uns?"
    Kuman zog die Stirn in Falten.
    „Der Ton deiner Stimme verrät Zweifel, Aztekon. Die schwarze Kugel kam aus dem Himmel, von den fliegenden Boten der Götter begleitet. Vielleicht ist sie nicht nur ein Geschenk, sondern einer der Götter selbst."
    „Ich dachte immer, du würdest mit ihnen reden. So rede doch mit der Kugel, dann wissen wir es."
    Die offenkundige Blasphemie des Dorfältesten erschreckte Kuman nicht mehr. Er war derartige Reden gewohnt, wenn er mit ihm allein war.
    „Wir wollen uns nichts vormachen", legte der Priester die Karten auf den Tisch. „Dieses Ding da gibt uns noch mehr Macht, als wir je besaßen. Du mußt allerdings einsehen, daß du deinen Teil dieser Macht mir zu verdanken hast. Ich denke, wir verstehen uns."
    Aztekon wußte das schon lange, aber er gab es nur ungern zu.
    „Jeder von uns hat seine Aufgaben, Kuman, und ich an deiner Stelle würde es nicht übertreiben. Ich könnte eines Tages die Geduld verlieren und den Stamm aufklären."
    Kuman lächelte hinterlistig.
    „Das hättest du früher tun müssen, jetzt ist es zu spät. Jene schwarze kleine Kugel dort kannst auch du nicht wegzaÜbern. Sie fiel vom Himmel und liegt nun auf meinem Opferstein, der zum Altar wurde. Sie wird das Heiligtum des Stammes werden."
    „Dann sieh mal zu, wie die Kugel dich ernährt", knurrte Aztekon ungehalten und wandte sich zum Gehen.
    Kuman hielt ihn zurück.
    „Warte, Aztekon! Handle nicht übereilt. Wir wissen beide noch nicht, was die Kugel ist. Vergiß auch die geflügelten Wesen nicht, die mit ihr kamen. Beides könnte doch tatsächlich ein Beweis dafür sein, daß es außer uns, den Himmelsnahen in den Bergen und den Kriechern in den Sümpfen noch etwas anderes auf der Welt gibt."
    Aztekon war stehengeblieben.
    „Das stimmt", gab er ungern zu. „Lassen wir also vorerst alles beim alten."
    Dann ging er endgültig ins Dorf zurück.
     
    *
     
    Harno hatte die Gedankenimpulse der beiden Kenuten klar und deutlich empfangen und deuten können.
    Das Zwiegespräch lieferte ihm den endgültigen Beweis dafür, daß ES eine Projektionen aus Erinnerungen materialisiert hatte. Charakter und Gedankengut der Kenuten stammten aus der Geschichte der Terraner, daran war nicht zu zweifeln.
    Gleichzeitig bedeutete diese Erkenntnis aber auch, daß die Inselwelt früher oder später zerfallen werde und mit ihr die Projektionen. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Bis es soweit war, blieb ihm nur die Möglichkeit, auf diesem Stein unter dem ewig hellen Himmel zu liegen und zu versuchen, soviel Energie in sich aufzunehmen, wie er bekommen konnte. Es handelte sich dabei nur um geringe Mengen, und Harno war sich nicht sicher, ob sie sich nicht ebenso verflüchtigen würden wie die Projektionen.
    Es würde auch wenig Sinn haben, mit den Kenuten Kontakt aufzunehmen. Sie konnten ihm nicht helfen.
    Er aber würde ihnen helfen, wenn ihnen wahrscheinlich auch nur noch eine kurze Spanne Zeit zur Verfügung stand. Kuman würde eine Lektion guttun. Er, der seinen Götterglauben nur vorheuchelte, sollte die Götter kennenlernen.
     
    *
     
    Die Jäger des Stammes kamen nicht mehr zur Ruhe.
    Täglich schickte sie der Dorfälteste auf Befehl Kumans hinaus, um Beute zu machen, von der sie die Hälfte an den Priester abzuliefern hatten. Es gab nur kleine Tiere auf der Insel, aber auch die Früchte der Felder mußten auf dem Opferstein abgelegt werden. Und am anderen Morgen waren sie verschwunden. Für die primitiven Kenuten ein sicheres Zeichen dafür, daß die Götter die Gaben angenommen hatten.
    Niemand ahnte, daß sich Kuman ein reichhaltiges Lager in einer kühlen und trockenen Höhle anlegte, deren Betreten natürlich streng verboten war. Selbst für Aztekon war sie tabu.
    Immer weiter dehnten die Jagdtrupps ihre Streifzüge aus. Sie drangen sogar in das Gebiet der gefürchteten Kriecher vor, die in den westlichen Sümpfen zu Hause waren und jeden Eindringling töteten. Die Kriecher waren Reptilien, die sowohl im Wasser wie auch auf dem Land leben konnten - die Erinnerung des Unsterblichen an die Krokodile Terras.
    Ihr Fleisch galt den Kenuten als äußerst schmackhaft.
    . Außer der Nahrungssorge gab es aber eine -noch viel größere. Das Holz auf der Insel war knapp, wenigstens in jener Region, in der die Kenuten lebten. Das war der Grund, warum es nur ein einziges Feuer im Dorf gab, das sorgsam gehütet wurde. Ein Blitz hatte es einst entzündet, und Kuman hatte für sich in Anspruch

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