0983 - Der Ort der Stille
höchste Zeit, den Reaktorblock zu verlassen, der früher oder später vom gleichen Schicksal betroffen wurde. Auf keinen Fall wollte er das Risiko eingehen, dann in der Kuppel eingeschlossen zu sein.
Während Mendes noch auf eine Erklärung wartete, durchdrang Harno die drei Meter dicke Bleiwand des Bloeks und schwebte dann in der Kuppel über dem Segmenter.
„Bringe mich wieder hinaus, Mendes."
„Aber ..."
„Fragen sind zwecklos, denn ich kenne keine Antworten. Das alles’ hat nichts mit mir zu tun." Hätte er Mendes sagen sollen, daß er nichts anderes als’eine Gedankenprojektion des Unsterblichen war? „Öffne die Werkzeugtasche und dann entferne dich so weit wie möglich von der Fusionsanlage. Ich weiß nicht, ob sie eine Gefahr bedeutet, aber Vorsicht ist in diesem Fall geboten."
„Ist es eine Waffe, mit der man uns angreift?"
„Nein, ich glaube nicht, daß ein anderes Segment beteiligt ist."
Harno sank in die geöffnete Tasche. Mendes verließ die Kuppel auf dem üblichen Wege und dann das Werk. Er gab an, daß er sich nicht wohl fühlte.
Erst unterwegs, als sein Haus schon in Sicht war, öffnete er die Tasche, um das seltsame Kugelwesen herauszulassen.
In der Tasche war nur das Werkzeug.
Die Kugel war verschwunden.
*
Aus sicherer Entfernung beobachtete Harno den Verfall des Weltenfragments, indem er es langsam umkreiste. Erneut stellte er sich die Frage, aus welchem Grund ES diese Fragmente geschaffen und bevölkert hatte.
Nur aus einer Laune heraus? Das erschien unwahrscheinlich.
Mit den einzelnen Segmenten lösten sich auch ihre Bewohner in nichts auf, aber schwache Impulse verrieten, daß nach Teile ihres Pseudobewußtseins erhalten blieben und sich im Raum zu vereinigen suchten. Was sie damit bezweckten, blieb vorerst rätselhaft.
Aber auch die schon vorher bemerkte bösartige Hintergrundstrahlung machte sich wieder breit. Sie war stärker geworden, ohne eine unmittelbare Gefahr darzustellen. Es beunruhigte Harno jedoch, daß er ihre Ursache nicht kannte.
Das Kristallfragment zerbröckelte immer mehr. Die Schwerkraft konnte die Einzelteile nicht mehr zusammenhalten, die. in alle Richtungen davontrieben und sich dabei auflösten. Die leuchtende Schicht der Atmosphäre begann langsam zu verblassen, und schließlich erlosch sie völlig.
Das Fragment hatte damit aufgehört zu existieren.
Eine Weile noch empfing Harno die Impulse der vereinigten Pseudobewußtseine und wehrte gleichzeitig die bösartigen Angriffe der Hintergrundstrahlung ab, die von einer ihm noch unbekannten Existenzform stammen mußte.
Er war nicht völlig allein am Ort der vollkommenen Stille.
Eine Überprüfung des vorhandenen Energievorrats ergab, daß er äußerst sparsam damit umgehen mußte.
Immerhin reichte er zu eine rgewissen Bewegungsfreiheit aus.
Die Lichtpunkte in der Finsternis des Raumes waren seltener geworden, nur wenige schimmerten noch durch die ewige Nacht. Sie verrieten letzte Fragmente, die ebenfalls dem Untergang geweiht waren.
Es war Harno völlig klar, daß es überhaupt keine Rolle spielte, welche Richtung er wählte. Der Ort der Stille besaß zwar eine schlauchartige Form, die sich in das Normaluniversum einbettete, aber in jedem Fall mußte er auf die Grenze stoßen, die sich als undurchdringbar erwiesen hatte. Wenigstens von innen nach außen.
Er leistete sich einen hohen Energieschub, um dann mit Lichtgeschwindigkeit ohne weitere Eigenleistung durch den Raum zu fallen.
Um ein Bremsmanöver würde er sich nicht zu kümmern brauchen.
Die Grenze würde ihn stoppen.
6.
Nur die Tatsache, daß Harno trotz aller Eigenarten ein körperliches Wesen und keine Projektion des Unsterblichen war, bewahrte ihn vor der allgemeinen Auflösung. Im Ort der Stille war er so etwas wie ein Fremdkörper.
Trotz seiner hohen Geschwindigkeit konnte er einzelne Fragmente studieren, die im Zerfall begriffen waren. Die Geisteskraft von ES war nicht mehr wirksam.
Die letzten Lichtpunkte erloschen oder blieben so weit zurück, daß sie nicht mehr von Harno wahrgenommen wurden. Gleichzeitig wurde aber auch die telepathische Hintergrundstrahlung negativen Charakters stärker. Es war, als wolle sie ihn einholen.
Ob Harno wollte oder nicht, er mußte sich mit ihr beschäftigen, ehe sie zu einer echten Gefahr werden konnte. Er versuchte, Kontakt mit der Quelle aufzunehmen, von der die Strahlung ausging, aber allein schon das bereitete Schwierigkeiten, denn die Strahlung schien von allen Seiten
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