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0983 - Der Ort der Stille

Titel: 0983 - Der Ort der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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empor und blieb dicht vor dem Gesicht des Segmenters in der Luft stehen.
    „Ich möchte, daß du regelmäßig hierherkommst, Mendes. Jeden Tag. Ich werde die Anlage wieder verlassen müssen, früher oder später."
    „Jeden Tag? Das fällt auf."
    „Gut, dann alle zwei Tage. Um die Angelegenheit mit Segment vier und zwölf werde ich mich nicht mehr kümmern, das ist deine Sache. Und nun geh! „ Mendes starrte auf die schwarze Kugel und begriff nichts. Dann wandte er sich plötzlich abrupt um und ging zur Schleusentür.
    Schweigend verließ er die Kuppel.
     
    *
     
    Harno hatte die Wände des Reaktorblocks schon längst mental abgetastet und festgestellt, daß sie nur aus massivem Blei bestanden. Keine Strahlenisolierung, daher durchdringbar für ihn.
    Das bedeutete die Rettung, wenigstens vorerst. Um die Kuppel wieder verlassen zu können, benötigte er die Hilfe von Mendes. Es sei denn, sie löste sich - wie alle Projektionen des Unsterblichen - rechtzeitig auf.
    Harno umkreiste den massigen Block mit aller gebotenen Vorsicht, ehe er den Versuch unternahm, die Bleiwand zu durchdringen. Er nahm schon jetzt beachtliche Energiemengen auf, aber sie reichten bei weitem nicht aus. Sonst zapfte er Sterne an, und was war schon ein Fusionsreaktor gegen eine Sonne ...?
    Die erste Bleischicht, die er berührte, löste sich für den Bruchteil von Sekunden in Energie auf, um sich dann sofort wieder in die ursprüngliche Materie zurückzuverwandeln. Harno mußte eine Strecke von drei Metern zurücklegen, ständig von dem schweren Element eingeschlossen, aber dann erreichte er endlich das Innere des eigentlichen Reaktors, in dem der Fusionsprozeß ablief.
    Die intensiv abgestrahlte Energie fiel wie ein Raubtier über ihn her. Harno badete in einem Ozean aus Wohlbehagen und versuchte zu vergessen, daß er eigentlich nur eine Projektion von ES in sich aufnahm. Die Erfahrung auf der Inselwelt hatte bewiesen, daß diese Energie auch nach der Auflösung erhalten blieb, eine Tatsache, die auch Harno unerklärlich blieb.
    Aber auch eine Tatsache, die die Rettung bedeuten konnte, denn ohne einen genügenden Energievorrat war bereits der Versuch, den Ort der vollkommenen Stille zu verlassen, unmöglich.
    Hundert Stunden, so schätzte Harno, würde er im Reaktor bleiben müssen, um genügend Energie zu tanken. Sie würde ausreichen, die äußere Grenze des stillen Ortes zu erreichen und den Versuch zu unternehmen, sie zu durchdringen.
    Durch alle Isolierungen hindurch nahm er noch immer die Gedanken von Mendes auf, der in sein Büro zurückgekehrt war und vergeblich versuchte, das Rätsel zu lösen. Er wartete auf das Zeichen zur Fortsetzung der Konferenz, von deren Erfolg eine Menge für ihn abhing.
    Tremel selbst würde den Antrag von Segment vier befürworten, wie er es bereits vorher getan hatte.
    Das alles waren Dinge, die Harno nicht berührten. Für ihn war nur wichtig, daß sich das Kristallfragment nicht so schnell auflöste, sondern noch einige Zeit erhalten blieb. Wenigstens noch hundert Stunden.
    Wie hatte es Ellert/Ashdon und dem Unsterblichen gelingen können, dieses Miniuniversum zu verlassen?
    Mit fremder Hilfe? Oder aus eigener Kraft? Die Antwort wäre wichtig für ihn gewesen, aber er kannte sie nicht.
    Um Energie zu sparen, verzichtete Harno in den nächsten vierzig Stunden darauf, Mendes oder Tremel zu überwachen. Er versetzte sich in einen Ruhezustand, der die größtmögliche Energieaufnahme gestattete.
    Mendes kam früher als erwartet in die Kuppel. Er war allein.
    Harno nahm durch die Bleiwände sofort Kontakt mit ihm auf.
    „Ich hoffe, deine Pläne erfüllen sich, Mendes."
    „Dem Antrag wurde stattgegeben", bestätigte Mendes. „Aber es geschehen seltsame Dinge, die wir uns nicht erklären können. Kannst du uns helfen - wer immer du auch bist?"
    „Was für seltsame Dinge?"
    „Segment vier erhält die gewünschte Energiezuteilung, aber damit sind merkwürdige Phänomene verbunden. In unmittelbarer Nachbarschaft ihrer energetischen Verteilerstelle hat sich ein Berg in Luft aufgelöst."
    Harno erschrak.
    „Ein Berg hat sich aufgelöst? Er ist einfach verschwunden?"
    „Das ist er. Aber nicht nur er. An der Grenze zu Segment drei verschwand eine ganze Siedlung von der Oberfläche und hinterließ einen riesigen Krater, der immer tiefer wird, so als würde er von Säure zerfressen. Von Segment sechs werden ähnliche Vorfälle gemeldet."
    Es war Harno klar, daß der Zerfall begonnen hatte. Somit wurde es

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