0983 - Der Ort der Stille
Betracht gezogen hatte, ihr Ablauf konnte durch Einwirkung gigantiseher Gravitationsfelder beeinflußt werden, besonders dann, wenn zwei solche Felder sich überlappten. Das war jetzt der Fall. Aber auch hyperenergetische Schockwellen waren in der Lage, den Zeitstrom zu verändern.
Harno erschrak. Wenn wirklich eine Zeitversetzung stattfand, so gab es keine Möglichkeit für ihn, sie festzustellen. Es fehlte jeglicher Anhaltspunkt. .Selbst eine Rückkehr zum Tacintherkol konnte unter Umständen erfolglos bleiben, denn er würde nicht wissen können, ob er vor oder nach seinem Zusammentreffen mit Ellert dort ankam.
Die einzige Hoffnung blieb Akrobath, der als Wächter die Aufgabe erhalten hatte, für immer den Friedhof der Raumschiffe zu schützen.
Als die blaue Sonne das halbe Gesichtsfeld ausfüllte, brach Harnos Schutzfeld erwartungsgemäß zusammen.
Er blieb voll aktionsfähig und lud sich blitzschnell auf, ehe er in den Hyperraum geschleudert wurde.
*
Der Übergang von einer Dimension in die andere vollzog sich so, wie er ihn kannte. Ohne Schwierigkeiten glitt er zurück ins Normaluniversum, um sich zu orientieren.
Es stand fest, daß ihn die blaue Riesensonne in die Galaxis, aus der er gekommen war, zurückgeworfen hätte. Aber hatte sie ihn auch in der Zeit zurückgeworfen? Das festzustellen, mußte seine erste Aufgabe sein.
Hatte es sich um kleinere Zeiträume gehandelt, wäre es Harno sicher schwergefallen, das herauszufinden, denn Sterne altern nur langsam. Und den Schiffsfriedhof würde es auch schon geben. Und wenn ihn das Schicksal weit in die Zukunft verbannt hätte, würden ihm die Sterne das verraten.
Aber es schien sich nichts geändert zu haben.
In ihm pulsierte die übermächtige Hyperenergie, aber seine Kapazität reichte aus, sie festzuhalten und nach Belieben abzugeben. Sie befähigte ihn, nun größte Entfernungen innerhalb von Erranternohre zurückzulegen, ohne nennenswerte energetische Einbußen hinnehmen zu müssen.
Ohne Schwierigkeiten fand er das Tacintherkol.
Die Wracks trieben dahin wie zuvor, aber Harno fand keine Spur des zurückgebliebenen Wächters.
Dafür gab es nur zwei Erklärungen: Der Robot und mit ihm Ellert/Ashdon waren noch nicht eingetroffen, oder Akrobath hatte seinen Posten in unbestimmbarer Zukunft verlassen.
In keinem der beiden Fälle war es Harno möglich, eine genaue Zeitbestimmung vorzunehmen und die entstandene Differenz zu korrigieren, um wieder in die ablaufende Gegenwart zu gelangen.
Nur eines war ihm klar: Es konnte sich nur um eine geringe Zeitdifferenz handeln, wenn kosmische Vergleiche herangezogen wurden.
Erneut glitt er in den Hyperraum.
*
Mit einfacher Lichtgeschwindigkeit glitt er später auf den dunklen Schlauch zu, der sich zwischen die Sterne der Galaxis Erranternohre schob und den er den Ort der vollkommenen Stille genannt hatte.
Vergeblich versuchte er, die schwachen Impulse zu empfangen, die er bei seiner ersten Annäherung vernommen hatte und von denen er vermutete, daß sie von ES stammen konnten.
Der Ort der Stille blieb stumm.
Das war kein Hinweis temporaler Natur, denn die Impulse konnte es genausogut noch nicht geben wie nicht mehr.
Harno war durchaus in der Lage, Emotionen zu empfinden, und was er diesmal empfand, hätte ein Mensch, ohne zu zögern, als Ärger bezeichnet.
Aber nichts hätte Harno jetzt noch davon abhalten können, den entscheidenden Versuch zu wagen. Er mußte in diesen lichtlosen Sektor eindringen, in den er Ellert geschickt hatte - oder noch schicken würde.
Er trieb weiter, bis das unsichtbare Hindernis ihn jäh stoppte.
Er hatte die Grenze des Unbekannten erreicht.
Vorsichtig glitt er an dieser Grenze entlang und suchte nach einer durchlässigen Stelle, um den eigenen Vorrat an Hyperenergie zu schonen. Er ahnte, daß er sich würde völlig entladen müssen, um die Sperre zu überwinden, und es war fraglich, ob es in der Zone der Stille Sterne gab, die ihn mit neuer Energie versorgten. Zu sehen waren keine.
Die intensive Suche ließ Harno schließlich erkennen, daß es keine Schwachstelle gab. Der Ort der Stille war gegen das übrige Universum absolut sicher abgeschirmt, und so blieb keine andere Wahl, als den ursprünglichen Plan durchzuführen und Hyperenergie einzusetzen.
Die Entladung mußte, wie zuvor das Aufladen, im Bruchteil einer Sekunde erfolgen, wenn die gewünschte Wirkung eintreten sollte. Die hyperenergetische Explosion würde das unbekannte Hindernis durchlöchern,
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