0986 - In den Fängen der Nacht
sorgte durch sein Licht für eine gewisse Enttäuschung bei uns, denn wir sahen nichts. Dieser Raum war einfach nur leer oder leergeräumt worden.
»So sieht bestimmt keine Redaktion aus«, murmelte Suko, der denselben Gedanken verfolgte wie ich.
»Das Haus ist ja noch größer.«
»Okay, dann suchen wir mal die Frau Chefredakteurin.«
Das war locker dahingesagt, aber jeder von uns wußte, wie leicht wir in eine Falle geraten konnten…
***
Barry F. Bracht lag auf dem Rücksitz des Wagens und schlief. Er war völlig abwesend. Der Tiefschlaf hielt ihn in den Klauen. Er wirkte ruhig und völlig entspannt. Die Dunkelheit der frühen Nacht war auch durch die Scheiben des Jeeps gedrungen.
Nicht der Zweitkörper Zebulon!
Er war wie aus dem Nichts entstanden. Er glich auch nicht dem Körper des Schlafenden, sondern war völlig anders. Es gibt nur wenige Menschen, die in der Lage sind, ihren Astralleib oder Zweitkörper entstehen zu lassen, und wenn diese schleierhaften Gebilde entstanden, dann glichen sie dem ruhenden Körper des Schläfers, was aber bei Barry F. Bracht nicht der Fall war.
Zwischen ihm und seinem Zweitkörper Zebulon war der Unterschied so groß wie zwischen Feuer und Wasser. Es gab für den Schattenkrieger auch keine Mauern oder verschlossenen Türen. Er hatte sich innerhalb eines bestimmten Ziels manifestiert, wohin ihn die Kraft des menschlichen Bewußtseins getrieben hatte.
Von nun an war er selbständig.
Im Dunkel stand eine ebenfalls dunkle Gestalt, abgesehen von den Perlenreigen an den Stiefeln. Er hatte einen Kopf ohne Gesicht, denn das Visier war unten, so daß zwar Zebulon sehen konnte, ein Außenstehender es aber schwer hatte, hinter das Visier zu schauen. Zwei leicht abstehende Schatten wuchsen auf seinem Rücken. Es waren die dunklen Flügel oder Schwingen, die dieser Gestalt schon etwas Geheimnisvolles und Rätselhaftes verliehen.
Manchmal wurde Zebulon mit einem Engel verglichen, aber dieser Vergleich traf nicht zu. Wenn schon Engel, dann erinnerte er mehr an einen, der auf seiner Maschine saß und sich den Helm über den Kopf gestülpt hatte.
Er stand im Dunkeln. Er befand sich im Haus. In einem großen, leeren Raum, durch dessen Fenster kein einziger Lichtstrahl drang. Er tat noch nichts, weil er zunächst das Fluidum aufnehmen wollte, das in seiner Umgebung herrschte.
Der Schattenkrieger war sensibel. Er konnte hart sein, wenn es sein mußte, aber auch sehr gefühlvoll. Und hier spürte er das Andere, das ihm gar nicht gefiel. Die furchtbare Aura ließ ihn schaudern. Etwas unbeschreiblich Böses lauerte in der Nähe. Etwas, das aus den Tiefen einer Welt drang, die es längst nicht mehr gab, die vergangen war, aber trotzdem ein Erbe hinterlassen hatte.
Zebulon strich über seine beiden Waffen hinweg. Sie steckten im Gürtel. Es waren Energiegeschosse, aufgeladen mit einer fürchterlichen Kraft, die es schaffte, Feinde regelrecht zu verdampfen. Er hatte diese Waffen schon des öfteren in den fremden, oft unheimlichen Traumwelten eingesetzt und somit Furcht und Schrecken unter den dämonischen Gestalten verbreitet.
Ein direkter Feind zeigte sich nicht. Zebulon wußte genau, daß er sich irgendwo verborgen hielt.
Versteckt in dieser undurchdringlichen Dunkelheit.
Er konnte schauen, war in der Finsternis also nicht so hilflos wie Menschen, und er konnte sich auch lautlos bewegen, was für ihn ebenfalls wichtig war.
Der Schattenkrieger begab sich auf die Suche nach seiner Feindin oder seinen Feinden. Er ging zunächst von einer Feindin aus, denn ihre Kraft hatte er bereits gespürt. Er hatte sie auch gesehen, wie sie in dem Feuer stand, wie sie sich daran ergötzt hatte und mit den Händen über ihren Körper gestrichen war. Sie hatte es einfach genossen, Mittelpunkt der Flammen zu sein, und sie schien aus dem Feuer auch ihre Kraft gezogen zu haben.
Er dachte an die Wichtigkeit des Feuers. Feuer und Wasser hatte es schon zu Urzeiten gegeben. Die beiden unterschiedlichen Elemente waren auch zugleich das Symbol für die beiden anderen gewesen. Für das Gute auf der einen, für das Böse auf der anderen Seite, denn das Feuer ließ sich durch das Wasser löschen.
Zebulon war das Wasser. Er wollte die böse Erinnerung aus der Urzeit zerstören, was er aber nicht schaffte, wenn er auf der Stelle blieb und sich nicht bewegte.
In seiner Umgebung sah er nichts. Es war kein einziges Möbelstück in den großen Raum gestellt worden. Er war tatsächlich leer, aber der schwache
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