0987 - Die sanften Invasoren
sich das Verhalten der anderen nicht erklären könne.
„Kann es sein, daß die Strahlung sich auf sie nachteiliger auswirkt als auf uns?" fragte Falreyl.
„Es läßt sich nicht ausschließen", gab Dihat zögernd zu.
Im selben Augenblick hörten sämtliche Androiden auf, herumzuspringen und zu lärmen. Dihat drehte sich verwundert um und sah-gerade noch, wie der letzte lautlos zusammenbrach.
„Was habt ihr mit ihnen gemacht?" rief er erschrocken.
„Nichts", behauptete Falreyl lakonisch.
Dihat hörte ihn kaum. Er eilte zu Vellin, der nur wenige Meter von ihm entfernt lag. Erleichtert stellte er fest, daß Vellin nur bewußtlos war.
„Vielleicht haben sie sich überanstrengt", meinte Falreyl, der lautlos hinter Dihat herangekommen war.
„Das ist kaum denkbar", sagte Dihat bitter. „Androiden wie wir sind widerstandsfähig."
Im selben Augenblick biß er sich auf die Lippen, aber die Worte ließen sich nicht zurückholen. Er erinnerte sich nur zu gut an Thezeins seltsame Bemerkungen. Offenbar hatten die Bürger eine ganz besonders hohe Achtung vor dem Leben - auch wenn das nicht in allen Punkten mit ihrem jetzigen Verhalten vereinbar schien. Aber dafür mochte die Reststrahlung verantwortlich sein. Dihat wollte auf jeden Fall vermeiden, daß die Bürger erfuhren, um welche Art von Leben es sich bei den Androiden handelte, denn er war sich nicht sicher, ob sie ihre ungebetenen Gäste dann nicht doch als Gegner einstufen würden.
„Was sind Androiden?" fragte Falreyl denn auch sofort. „Ist es der Name deines Volkes?" :„Ja", behauptete Dihat lakonisch.
„Ihr seid noch ganz und gar stofflich", stellte der Bürger interessiert fest. „Befindet ihr euch bereits auf dem Weg zu einem Endpunkt?"
Dihat hatte nicht die leiseste Ahnung, was er mit dieser Frage anfangen sollte.
„Was für einen Endpunkt meinst du?" erkundigte er sich irritiert.
„Alles Leben in diesem Universum", hob Falreyl belehrend an, „hat die Pflicht, sich auf die Vollendung hin zu entwickeln. Die Vollendung bedeutet gleichzeitig, daß die Lebensform, die das Ziel erreicht hat, nicht mehr in ihrer bisherigen Form innerhalb des Universums bestehen kann. Sie verläßt diesen Teil des unendlichen Raumes und wechselt in einen anderen Teil über, um dort den nächsten Schritt der Entwicklung zu vollziehen."
„Von diesen Dingen verstehe ich nichts", gestand Dihat nun kleinlaut. „Vielleicht könnte Alurus dir eine Antwort darauf geben, denn er weiß viel mehr als ich."
„Alurus?"
„Unser Kommandant. Er wartet im Mutterschiff auf unsere Meldung."
Schuldbewußt dachte Dihat daran, daß sie längst die Verbindung zu Alurus hätten aufnehmen müssen. Er nahm sich vor, möglichst bald zum Beiboot zurückzukehren und sich dieser Aufgabe zu entledigen.
„Das ist das große Raumschiff, das von lauter kleinen umgeben ist?" vergewisserte sich Falreyl, ohne zu verraten, daß mittlerweile bereits ein zweites Schiff dieser Art aufgetaucht war. Er wartete Dihats Zustimmung ab und fuhr fort: „Wußtet ihr, daß wir Bürger jetzt in den Schiffen leben?"
„Nein!" sagte Dihat.
„Aber über die Existenz der Reststrahlung wart ihr informiert?"
„Ich hätte euch wohl sonst kaum davor warnen können."
„Das stimmt", sagte Falreyl sanft. „Hat Alurus euch befohlen, in das Schiff einzudringen?"
„Natürlich. Wir sollten hier für Ordnung sorgen und herausfinden, wie wir die Strahlung schnellstens beseitigen können."
„Aha. Euer Alurus hat euch also vorgeschickt. Er scheut die Gefahr, nicht wahr?"
„Er ist der Kommandant!" sagte Dihat verwundert.
„Und ihr seid seine Diener?"
„Wir sind Androiden. Wir haben ihm zu gehorchen!"
„Dann ist mir alles klar", sagte Falreyl mitleidig. „Man hat euch die einfachsten Rechte genommen. Man unterdrückt euch. Man quält euch mit unsinnigen Befehlen und setzt euch leichtfertig allen möglichen Gefahren aus.
Ihr braucht unsere Hilfe!"
Dihat starrte den Bürger verunsichert an.
„Ich fürchte, du siehst das alles falsch!" sagte er vorsichtig.
„Oh, nein", fiel Falreyl ihm ins Wort. „Du bist nicht mehr imstande, zu einem objektiven Urteil zu gelangen, weil du so lange unfrei warst, daß du gar nichts anderes mehr kennst. Ich mache dir ein Angebot, Dihat - dir und allen deinen Artgenossen. Ihr könnt bei uns bleiben. Hier seid ihr frei. Ihr habt sogar eine Aufgabe, die einen tiefen Sinn erfüllt: Ihr werdet diese Riesenschiffe steuern. Ihr kennt euch mit dieser Technik aus, wie wir
Weitere Kostenlose Bücher