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099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Davies
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Schulter.
    „Was wollen Sie mir denn jetzt erzählen?“ fragte Jerry, wie er meinte, mit lauter Stimme. In Wirklichkeit brachte er keinen Ton heraus. Der Alte schüttelte den Kopf.
    „Gar nichts“, sagte er weich. „Sie würden es ja doch nicht glauben. Ich bin nur gekommen, um Sie zu finden. Ann sucht Sie, und ich möchte ihr sagen können, wo Sie sind.“
    „Gestatten Sie, daß ich auch an Ihnen zweifle“, bemerkte Jerry. „Da Ann sich Sorgen macht, kann ich mir denken. Vielleicht sind auch Sie nur eine Projektion meines Unterbewußtseins, wie?“
    Der Alte nickte.
    „Als Psychoanalytiker sind Sie nicht schlecht, zumal wenn man bedenkt, daß Sie ja eigentlich Physiker sind. Aber wenn Sie sich kontrollieren wollen, könnte ich Ihnen einen Beweis meiner Anwesenheit hierlassen. Was schlagen Sie vor?“
    Jerry überlegte.
    „Was können Sie denn?“
    „Fast alles“, gab der Greis zurück.
    „Wie wär’s mit einem Autogramm?“
    „Bitte“, sagte der alte Mann. Er erhob sich, ging zu dem Spiegel über dem Waschbecken und schien etwas darauf zu schreiben. Dann zerflossen seine Konturen, und wieder füllte das Mondlicht das Zimmer.
    Jerry wartete eine ganze Weile. Die Zeit wurde ihm lang, aber er zwang sich, wach zu bleiben. Endlich übermannte ihn doch der Schlaf, und diesmal war er traumlos und tief.
    Er wachte erst auf, als er die Schwester mit dem Frühstück im Zimmer hantieren hörte. Gähnend stützte er sich auf die Ellenbogen und schlug die Augen auf. Sie hatte das Tablett abgestellt und blickte stirnrunzelnd auf den Spiegel an der Wand. Jerry folgte ihrem Blick und erschrak. Quer über die Glasfläche war in altertümlicher Schrift, und spiegelverkehrt, der Name „Davidson“ geschrieben.
    „Sie haben fast Ihre ganze Zahncreme verbraucht“, sagte die Schwester mit mildem Tadel. „Warum tun Sie so etwas?“ Sie nahm ein Tuch und wischte die Schrift ab. Aber so viel sie auch rieb und polierte, blieb doch ein matter Abglanz der Buchstaben auf dem Glas zurück.
    „Ich werde das Mädchen mit einem Reinigungsmittel schicken“, murmelte sie.
    „Das wird auch nichts nützen“, hörte sich Jerry wider Willen sagen. Sie sah ihn an.
    „Wie bitte?“
    „Ach nichts. Ich hatte diesen Namen, der für mich sehr wichtig ist, vergessen, heute nacht fiel er mir wieder ein, und ich hatte nichts anderes, um ihn festzuhalten“, sagte er schnell. Sie sah ihn mißtrauisch an und wußte offensichtlich nicht, was sie glauben sollte.
    „Gestern fragten Sie, ob Sie Ihre Braut benachrichtigen könnten“, erinnerte sie ihn, während sie das Tablett auf seine Bettdecke stellte. Jerry wollte eine Antwort geben, aber ehe er dazu kam, hörte er sich schon sprechen: „Nicht mehr nötig, Schwester. Davidson wird das erledigen.“
    „Wer?“ fragte sie erstaunt. Jerry biß sich auf die Lippen.
    „Ein Bekannter“, sagte er, und diesmal wenigstens war es das, was er wirklich sagen wollte.
     

     
    Ann hatte einen schlechten Geschmack auf der Zunge, als sie auf der Couch erwachte, und sie fühlte sich zerschlagen. Ihre Hand fand die Klingel, und sie drückte den Knopf, ohne es eigentlich zu wollen.
    Wenig später kam eine junge Frau ins Zimmer, fast ein Mädchen, so alt wie Ann. Sie betrat es durch die richtige Tür, die wohl auf den Flur führte, lachte freundlich und machte mit ihrem rot karierten Rock, der weißen Hemdbluse und den Korksandalen einen ausgesprochen sommerlichen Eindruck, obwohl es draußen zuweilen noch schneite.
    „Hallo“, sagte sie fröhlich und drehte sich, daß der Rock flog. „Ich bin Hedwige. Haben Sie gut geschlafen?“ Sie betrachtete Ann und schüttelte dann den Kopf. „Blöde Frage. Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Bad! Da können Sie sich vor dem Frühstück etwas frisch machen. Wie mögen Sie die Eier, hart oder weich?“
    „Weich“, antwortete Ann und stand auf. Sie wurde in den ersten Stock geführt, wo sie ein komfortables Bad vorfand. Sie duschte und zog die alten Sachen wieder an, machte sie zurecht und stieg dann zögernd ins Erdgeschoß hinab.
    „Hallo, hier sind wir!“ rief Hedwige und steckte den blonden Kopf aus einer Tür. „Kommen Sie hierher ins Terrassenzimmer!“
    Immer noch leicht benommen, folgte sie der freundlichen Einladung. Am großen Fenster, das tatsächlich auf eine Terrasse hinausführte, war ein üppiger Frühstückstisch gedeckt. Davidson hatte schon Platz genommen und begrüßte sie. Hedwige schenkte Kaffee ein und setzte sich zu ihnen. Davidson machte

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