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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fuhr Harry mit der Hand durch das Fell. Er wollte den Hund noch mehr an sich gewöhnen, und Rocky ließ es gern mit sich geschehen, denn er knurrte vor Behagen, wenn er die Berührung der menschlichen Hand spürte.
    Sie fuhren noch immer. Der dünne Nebel ließ manche Bäume oder aus dem Wasser ragendes Gestrüpp anders und unheimlich erscheinen. Wie die dünnen Arme ertrinkender Lebewesen ragten die Zweige und Äste oft genug aus der schlammigen Brühe hervor, als wollten sie darum bitten, wieder an die Oberfläche gezogen zu werden.
    Harry fuhr an ihnen vorbei. Ab und zu streiften sie auch das Boot.
    Dann hörte es sich an, als wären Fingernägel dabei, die Außenwand aufzureißen.
    Wie aufgeblähte Pfannkuchen stachen hin und wieder Inseln aus der grünbraunen Sumpfbrühe hervor. Sie waren mit hohen Gräsern bewachsen, im Sommer möglicherweise auch mit wilden Blumen, zu dieser Jahreszeit aber war alles Blühende gestorben. Die Natur versank in einem tiefen Schlaf, und auch der Sumpf bildete da keine Ausnahme.
    Tiere lebten hier nur im Wasser, nicht auf den Inseln. Der Wind strich über sie hinweg, er kämmte die Gräser, er trieb auch Blätter heran und legte sie ebenfalls auf das Wasser, wo sie wie dünne Boote schaukelten.
    Harry Stahl hatte sich längst an die Luft gewöhnt. Sie war nicht nur feucht, sie roch auch alt, nach Vergänglichkeit und nach Sterben, aber nicht nach Moder.
    Hin und wieder schaute er auf seine Karte oder Wegbeschreibung, die ihm ein Experte angefertigt hatte. Dort waren bestimmte Merkmale eingezeichnet. So auch die Inseln, und der Kenner hatte seine Sache wirklich gut gemacht, denn trotz der manchmal schlechten Sicht gelang es Harry, die Eilande zu identifizieren.
    »Das packen wir schon, Rocky«, sagte er und streichelte den Hund wieder. »Wir beide sind ein gutes Team, verlaß dich drauf.«
    Der Hund bewegte den Kopf, als wollte er nicken wie ein Mensch.
    Dann rieb er seine Schnauze an Harrys Knie.
    Stahl schaute auf die Karte. An der linken Seite erschien wieder eine Insel, Sie war flacher als die anderen und auch langgestreckt.
    Eine wie sie würde leicht überschwemmt sein, wenn es stark genug regnete. Noch schaute sie aus dem Wasser. Umgeben war sie von einem Gürtel aus Schilf, den die leichten Wellen bewegten. So sah es für Harry aus, als wäre die Insel dabei, durch den Sumpf zu treiben.
    Wie tief das Wasser unter dem Kiel des Bootes war, wußte er nicht. Er wollte es auch nicht nachmessen. Man hatte ihm nur gesagt, daß man an bestimmten Stellen stehen konnte und an anderen wiederum nicht. Wo das der Fall war, wußten selbst die Experten nicht genau, weil sich einfach zu viel änderte.
    Das Boot glitt an der Insel vorbei. Harry hatte auf seiner Karte genau an dieser Stelle einen roten Punkt gemalt. Von hier ab wollte er rudern. Da mußte er den Außenborder ausstellen, was er auch tat.
    Rocky schaute zu, wie er ihn anhievte, und er spitzte die Ohren, als Harry mit ihm sprach. »So, jetzt wird es bald zur Sache gehen, mein Freund.« Das Boot hatte noch genügend Schwung, um auch ohne Hilfe zunächst weiterfahren zu können. Harry überprüfte seine Waffen.
    Eine Pistole war mit normalen Kugeln geladen, die andere mit geweihten Silbergeschossen. Die konnte Harry steckenlassen; er würde sich auf die erste Walther verlassen.
    Er steckte sie nach dem kurzen Check wieder weg und griff nach den Rudern. Das Boot war inzwischen ausgefahren.
    Rocky mußte alles mitbekommen. Er hatte sich vor seinen neuen Herrn gesetzt und schien sich darüber zu wundern, wie Harry die Ruderblätter eintauchte und damit arbeitete. Des öfteren schaute sich das Tier um, als wollte es sich genau darüber informieren, wie sie weiterkamen.
    Da kein Motor mehr tuckerte, fiel Harry die Stille auf. Sie war anders als in der Stadt, wenn es dort mal ruhig geworden war. Sie kam ihm vor wie eine Belastung, und sie drückte auch, was durchaus am Dunst liegen konnte, der die meisten Geräusche verschluckte. Er hörte das Plätschern des Wassers, wenn er die flachen Hölzer eintauchte. Er sah Vögel wie dunkle Schatten durch die Luft huschen und nahm nicht einmal das Schlagen der Flügel wahr.
    Es war doch nicht so still. Irgendwo quakten Frösche. Andere gaben Antwort, als wollten sie sich gegenseitig vor dem dunklen Ungeheuer warnen, das durch das Wasser glitt.
    Harry hatte sich nicht ausgerechnet, wie lange er pullen mußte, um das Ziel zu erreichen. Er wollte nur nicht zuviel an Kraft verlieren, denn die

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