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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seinen Schuhen. Sie bestanden zwar aus derbem Leder, aber sie würden von innen naß werden. Ein kleines Problem, dachte Harry, als er über die Bordwand hinweg in das kalte Wasser stieg.
    Es reichte ihm nicht mal bis zu den Schienbeinen, aber der Untergrund war ziemlich schlammig und entsprechend weich, so daß Harry tiefer einsank, als ihm lieb war.
    Rocky sprang hinterher. Er landete im Gras und im Wasser, das unter dem Gesicht hochspritzte. Der Hund schüttelte sich, blieb aber stehen, ebenso wie Harry. Er wollte herausfinden, ob ihre Ankunft bemerkt worden war, aber er hörte nichts, was darauf hindeutete.
    Auf der Insel blieb es ruhig, und selbst das Klatschen des Wassers hatte sich wieder beruhigt.
    »Komm mit und bleib bei Fuß!« flüsterte Harry seinem vierbeinigen Begleiter zu, der tatsächlich aufs Wort gehorchte und dicht neben ihm blieb, als sie an Land wateten.
    Harry ging geduckt, um möglichst nicht gesehen zu werden, denn so dicht war der Nebel hier nicht.
    Vor ihnen rührte sich nichts. Außerdem war dieses kleine Eiland bewachsen. Nicht nur von Gestrüpp. Im Laufe der Zeit hatte der Wind auch den Samen anderer Pflanzen hergetragen, so daß sich ein Stück Niederwald hatte ausbreiten können.
    Nach wenigen Schritten schon spürte Harry den festen, aber feuchten Boden unter den Sohlen. Seine Füße waren natürlich naß geworden, was ihn nicht weiter kümmerte. Jetzt waren andere Dinge wichtig, und da kam es ihm aufs Überleben an.
    Harry Stahl suchte nach einem Vergleich, um seine Lage beschreiben zu können. Er kam sich vor wie ein Entdecker aus früheren Jahrhunderten, die Tausende von Meilen gesegelt waren, um neue Kontinente zu entdecken. Die Insel im Sumpf war ihm fremd. Unterholz entdeckte er nicht. Hohes Gras nahm zumindest dem Hund die Sicht, der sich alles andere als wohl fühlte. Seine große Sicherheit war verschwunden. Er hielt sich mehr zurück und blieb in Harrys Nähe.
    Der Mann beobachtete Rocky mit Sorge. Er gehörte zwar nicht zu den großen Hundekennern, aber er wußte schon, wann Tiere etwas spürten und wie sie sich dann verhielten.
    Das war bei Rocky der Fall. Er merkte, daß etwas nicht stimmte. Er bewegte sich unruhig, schien sich zu ducken und eine böse Gefahr zu wittern. Sein Blick war dabei unverwandt geradeaus gerichtet.
    Harry stieß ihn an. »He, was ist denn?«
    Rocky rührte sich nicht.
    »Wenn du nicht willst…« Auch Stahl hob die Schultern. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann mußte er zugeben, daß er sich unbehaglich fühlte. Das hier war nicht mehr seine Welt. Es gab für ihn keine Feinde zu sehen, trotzdem fühlte er sich umzingelt. Es war ihm auch nicht möglich, so frei wie immer Luft zu holen, und das hatte nichts mit dem Nebel zu tun. Etwas anderes steckte dahinter.
    Es war einfach die Atmosphäre, die ihm Sorge bereitete.
    Dabei war es ein normaler, wenn auch gefährlicher Auftrag gewesen, der nichts mit einem dämonischen Fall zu tun hatte. Aber Harry hatte das gleiche Gefühl überkommen wie bei anderen Fällen, mit denen er sich beschäftigte. Das war bei seinem Freund John Sinclair sicherlich ähnlich.
    Er schaffte es, diese Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben und sich auf Bruno Zacharias zu konzentrieren. Er lebte hier auf der Insel, daran gab es nichts zu rütteln. Die Bilder logen nicht. Harry versuchte, sie sich wieder ins Gedächtnis zurückzuholen, denn er wollte sich an markanten Punkten orientieren.
    Da mußte es eine Hütte geben. Der Killer lebte sicherlich nicht im Freien. Bei klarem Wetter hätte Harry sie schon entdeckt gehabt, nun störte ihn der Dunst.
    Trotzdem machte er sich auf die Suche. Rocky bekam einen Klaps, den er auch verstand. Er blieb neben seinem neuen Herrn, und beide gingen einfach geradeaus. Dieser Flecken im Sumpf war nicht groß.
    Es konnte höchstens wenige Minuten dauern, bis sie das Ziel erreicht hatten.
    Schatten fielen auf den Boden. Abgegeben von verkrüppelt wirkenden Bäumen an der linken Seite. Sie wuchsen aus einer Mulde hervor, denn dieses Eiland war nicht unbedingt eben. Der Boden zeigte eine wellige Form mit kleinen Erhebungen und flachen Mulden. In einigen von ihnen schimmerte noch dunkles Wasser, das vom letzten Regen zurückgeblieben war.
    Harry blieb stehen. Die Mulde war plötzlich wichtig für ihn geworden. Ebenso wie die kahlen Bäume, die nichts anderes waren als natürliche Gerippe.
    Er wartete.
    Der Dunst umwehte sein Ziel wie dünne Schleier. Er ließ sich nie stoßen und schien immer

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