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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Stück schon sackte sie zusammen, als gäbe es dort einen Widerstand, der die Beine festhielt.
    Harry schaute nach unten.
    Und erschrak!
    Aus dem Boden war tatsächlich etwas hervorgewachsen und hatte sich um die Knöchel des Killers geschlungen…
    ***
    In diesem Augenblick, der sich so schrecklich in die Länge zog, hatte Harry mehr denn je den Eindruck, daß die Zeit für ihn nicht mehr existent war. Er steckte in einer Falle und zugleich in einem Vakuum. Die normale Realität war zu weit entfernt, und selbst die immer stärker werdenden Bewegungen des Bodens nahm er nicht mehr wahr.
    Plötzlich reagierte er wieder normal, weil er auch den Schock überwunden hatte. Erst jetzt kam ihm zu Bewußtsein, was da unten tatsächlich passiert war.
    Aus dem doch festen, wenn auch feuchten Boden waren Arme gekrochen, die beim ersten Hinschauen tatsächlich so aussahen, aber beim zweiten identifiziert werden konnten.
    Nein, das waren keine Arme. Das waren dünne, biegsame und sehr starke Zweige, wie von einer Weide stammend, aus denen Körbe geflochten wurden. Sie hatten dem Druck des Bodens widerstanden, ihn kurzerhand aufgewühlt und sich dann an die Oberfläche geschoben, wie Pflanzen, die nach einem langen Winter nach Licht und Sonne gierten.
    Und sie hörten nicht auf.
    Sie krochen weiter aus der Tiefe hoch. Sie glitten an den Beinen entlang, dann, als sie die Waden des Killers erreicht hatten, drehten sie sich dort fest, wie Fesseln.
    Dem Schlag in den Rücken konnte Harry nichts entgegensetzen.
    Rocky hatte sich nicht anders zu helfen gewußt, als seinen neuen Herrn anzuspringen. Er wollte nicht, daß Harry etwas geschah, aber durch den harten Aufprall wurde der Agent nach vorn gestoßen, und die menschliche Hülle des Killers gleich mit ihm.
    Beide fielen hin. Als Harry auf dem Boden landete, entstand für den Bruchteil einer Sekunde eine Schreckensvision vor seinem geistigen Auge. Er sah sich auf der Erde liegen, umgeben von zahlreichen pflanzlichen Armen und Wurzeln, die nach ihm griffen und seinen Körper so stramm fesselten, daß sie ihm die Luft abdrückten und er elendig erstickte.
    Diese Vision machte ihm nicht nur Angst, sie trieb ihn auch gleichzeitig an. Er wollte, er mußte sich wehren. Er würde sich dem Schicksal nicht ergeben, und deshalb ließ er die Hülle des Killers los, drehte sich zur Seite, um auf die Beine zu kommen.
    Sein Blick erwischte dabei den Hund, der in seiner Nähe stand und scharf bellte. Aus dieser Froschperspektive kam ihm Rocky groß und mächtig wie ein Wolf vor. Das Tier wollte helfen, nur wußte es nicht, wie es damit beginnen sollte.
    Harry kam hoch – und wurde erwischt!
    Der aus dem Boden geschnellte Gegenstand kam ihm vor wie die Schnur einer Peitsche, die genau auf ihn gezielt worden war und ihn auch erwischt hatte.
    Um seinen linken Oberschenkel hatte sich das lianenartige Gewächs geschlungen und festgezurrt. Harry spürte sofort den Druck, und er würde den Knoten aus eigener Kraft nicht lösen können.
    Er selbst kam sich in den folgenden Sekunden vor wie aus Stein gegossen, weil er einfach nur dasaß und sich nicht vom Fleck bewegen konnte. Der Schock und die Angst hatten für diese Starre gesorgt, aus der Harry einen Ausweg suchte.
    Noch konnte er in die Höhe kommen. Wenn dies auch mit Schwierigkeiten verbunden war. Um die Hülle des Killers kümmerte er sich nicht, er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Es klappte nicht ganz.
    Zwar konnte er stehenbleiben, aber die verdammte Pflanze war so um sein Bein geschlungen worden, daß sie ihn nicht losließ und ihn sogar in ihre Richtung zerrte, so daß Harry in dieser schrägen Haltung bleiben mußte. Er verfluchte sich selbst, weil er vergessen hatte, ein Messer einzustecken. Das hätte ihm jetzt große Dienste erwiesen. Statt dessen schnellte eine zweite Pflanze wie eine Schlange aus dem feuchten Boden, holte noch einmal Schwung und konzentrierte sich auf das rechte Bein des Mannes.
    In diesem Augenblick griff der Hund ein. Rocky hielt nichts mehr auf seinem Platz. Auch er fürchtete sich, aber er hatte diese Angst überwunden und sprang auf die Pflanze zu, die bereits das linke Bein des Mannes umschlungen hielt.
    Rocky biß zu!
    Er hackte dabei seine Zähne in das straff gespannte Stück zwischen Bein und Boden, zerrte wütend daran, biß noch einmal zu, knurrte – und schaffte es tatsächlich, die Pflanze zu zerbeißen.
    Dann schnappte er nach der anderen, die sich um Harrys rechtes Bein hatte wickeln wollen,

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