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0996 - Die Grabkriecherin

0996 - Die Grabkriecherin

Titel: 0996 - Die Grabkriecherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hätte ich gedacht, daß dieses Blut noch einmal so wichtig werden würde. In ihm steckten heilende Kräfte, nicht zuletzt ich hatte das am eigenen Leib erfahren. Nun aber sollten diese Kräfte von einer Blutsaugerin genutzt oder mißbraucht werden, ganz wie man es sah.
    Sie brauchte das Blut.
    Für wen? Für was?
    Ich war sicher, daß wir auch darauf eine Antwort bekamen. Meine persönliche Antwort allerdings bestand aus einem langen Gähnen, denn die letzten Stunden waren verdammt lang gewesen, und es ist nicht jedermanns Sache, sich eine Nacht um die Ohren zu schlagen. Denn auch ich war nur ein Mensch und kein Supermann.
    ***
    Die fünfte Morgenstunde war gerade angebrochen, als wir dort stoppten, wo wir in der vergangenen Nacht schon einmal geparkt hatten. Verändert hatte sich nichts. Der Friedhof lag nach wie vor in tiefes Schweigen eingebetet, aber in der weiteren Umgebung war es doch etwas lauter geworden, da sich die ersten Menschen zu ihren Arbeitsstellen aufmachten. Die Riesenstadt London lag zu weit entfernt, um Verkehrslärm zu uns zu schicken, aber in den umliegenden Ortschaften erwachte man auch, und es gab viele Pendler, die in London arbeiteten. Sie fuhren mit Bussen und Bahnen in den gewaltigen Moloch hinein, als sollten sie dort von einem Krater verschluckt werden.
    Wir waren ausgestiegen. Hell würde es erst in einigen Stunden werden - und diesig, letzteres hatte zumindest der Wetterbericht angekündigt.
    Ich trug die Schale mit dem Blut. Wir hatten die Türen leise zurück in die Schlösser gedrückt.
    Mandy stand neben Suko. Sie fühlte sich neben ihm halbwegs sicher, das sah man. Von ihren Lippen dampfte der Atem. Sehr schnell und überhastet holte sie Luft, denn gut ging es ihr beileibe nicht.
    »Wir werden zum Grab dieser Blutsaugerin gehen und dort warten.«
    Während ich das sagte, war ich auf Mandy zugegangen, die mich erstaunt und entsetzt anschaute.
    »Was soll ich denn dann machen?«
    »Es ist ganz einfach. Du nimmst die Schale mit dem Blut an dich.«
    »Und dann?«
    »Warten wir ab.«
    Mandy biß sich auf die Unterlippe und senkte den Kopf. Jetzt, wo es dicht bevorstand, kriegte sie Angst und hatte auch Mühe, eine Frage zu stellen. »Muß ich denn - muß ich denn in das Grab hineinklettern?«
    »Nein, das nicht. Duna wird schon kommen. Sie wird das Blut riechen, davon bin ich überzeugt. Da brauchst du dich wirklich nicht zu fürchten, Mandy.«
    »Das sagt sich so einfach«, murmelte sie und schaute sich um, als würde sie bereits aus dem Dunkel belauert.
    Suko hakte sie unter. »Keine Sorge, wir schaffen das schon. Im Zweifelsfall bin ich ja bei dir.«
    »Warum tust du das überhaupt?«
    »Wieso fragst du?«
    »Nun ja…«, sie hob die Schultern, »es ist noch nicht lange her, da habe ich mitgeholfen, dich einzugraben, und jetzt willst du mich beschützen.«
    »Sollte ich denn zusehen, wie man dir das Blut ausgesaugt hätte?«
    »Weiß nicht. Ich hätte es auch fast getan. Dann aber bekam ich Angst oder ein schlechtes Gewissen.«
    »Dann bist du im Prinzip ebenso wie ich.« Er munterte sie noch weiter auf, während wir über den dunklen Friedhof schritten, auf dem sich schon etwas verändert hatte.
    Wie um diese Jahreszeit üblich, hatte sich Nebel gebildet. Allerdings nicht so dick und wolkig, eher dünn und fahnengleich. Die grauen Tücher sahen an manchen Stellen so aus, als kämen sie direkt aus den Gräbern, sie verliehen dem Friedhof ein unheimliches Flair.
    Nur unsere Schritte waren zu hören, auch sie klangen gedämpft. Wir sahen die Grabsteine, die Kreuze, und immer dann, wenn die hauchfeinen Tücher an ihnen vorbeischwebten, sahen sie aus, als würden sie sich im nächsten Augenblick auflösen.
    Die Schale mit dem Blut lag auf meinen Handflächen. Ich trug sie sehr vorsichtig und achtete dabei auch auf die Beschaffenheit des Bodens. Ich durfte auf keinen Fall stolpern und hinfallen. Dann war die Sache gelaufen.
    Noch bewegten wir uns durch den düsteren Teil des Friedhofs, wo sich die Laubbäume hoch in den Himmel reckten. Ihre Blätter hatten sie längst verloren. So ähnelten sie mehr einer Kulisse, die aus riesigen Skeletten gebildet worden war. Kahl und düster. Wächter aus dem Reich des Todes.
    Suko und Mandy gingen vor. Noch immer hielt mein Freund die junge Frau fest, die sich eng an ihn drückte. Sie suchte einfach den Schutz, was verständlich war.
    Ich hörte auch, daß Suko auf sie einsprach. Was er sagte, konnte ich nicht verstehen, da er flüsterte.
    Ich ging

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