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0999 - Der Mitternachtsfluch

0999 - Der Mitternachtsfluch

Titel: 0999 - Der Mitternachtsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einsehen müssen, daß ihm dies nicht gelang. Die andere Seite war stärker, der alte Mitternachtsfluch mußte erfüllt werden. Noch bevor die erste Stunde des Tages vorbei war, mußten die neun Kinder im eisigen Wasser des Teichs verschwunden sein. Man würde ihre Leichen später an der Oberfläche treibend finden.
    Niemand scherte aus. Alle neun blieben bei ihren seltsamen Bewegungen. Sie hatten Kontakt bekommen, aber dieser Kontakt blieb einzig und allein auf sie beschränkt.
    Kein Beobachter hätte die Bewegungen verstehen können. Sie wirkten auf der einen Seite sehr pantomimisch, auf der anderen aber auch makaber, wenn sich die Arme irgendwelchen Wesen entgegenstreckten, die für einen normal schauenden Menschen nicht zu sehen waren.
    Hände streichelten.
    Finger liebkosten. Fuhren von oben nach unten an irgendwelchen Köpfen oder Wangen entlang, um die Unsichtbaren so zu begrüßen, deren Stimmen einen akustischen Pilz über die Köpfe der Anwesenden gelegt hatten.
    Felder war nicht nur zufrieden, er fühlte sich auch sehr sicher, so daß er für seine Umgebung keinen Blick hatte. Sein früheres Leben war für ihn nicht mehr existent. Er hatte sich von ihm abgenabelt. Er dachte nicht mehr an seine verstorbene Frau und auch nicht an seine Tochter, jetzt zählte nur der große Augenblick.
    Sie waren sehr pünktlich gewesen und hatten entsprechend Zeit, um die Vorbereitungen zu genießen. Die Seelen der anderen freuten sich. Sie wußten, daß sie bald erlöst wurden. Sie blieben auch in der Nähe und genossen die Berührungen der Lebenden, die auf dem direkten Wege waren, sie von ihrem Schicksal zu erlösen.
    Es war für sie wunderbar, aber auch für die Kinder aus Paxton. Ein etwa achtjähriges Mädchen, das blaue Schuhe trug, schielte in die Höhe und versuchte immer wieder, nach dem Unsichtbaren zu fassen.
    Sie griff hin - und auch hindurch.
    Trotzdem war sie glücklich, denn sie mußte etwas gespürt haben, sonst hätte sie nicht ihre Hand mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht betrachtet.
    Es war das böse Wunder dieser Weihnachtsnacht, das auch Felder gefiel, und er merkte, daß sie endlich zum Ziel kommen mußten. Wieder bewegte er sich so theatralisch, als er seine Arme in die Höhe reckte und sich noch schaukelnd drehte, um alle Kinder unter Blickkontrolle zu bekommen.
    »Es ist genug!« rief er halblaut. »Ihr habt sie begrüßt. Ihr wißt jetzt, daß sie da sind und wen ihr gleich erlösen werdet. Also wartet nicht mehr lange, denn die Zeit der Geister dauert nicht ewig. Eine Stunde haben wir nur Zeit, dann muß alles vorbei sein.«
    Die wenigen Worte wirkten wie ein Befehl, dem alle Kinder nachkamen.
    Ihre Bewegungen schwangen aus. Arme senkten sich. Hände schlossen sich wieder zu Fäusten, die Normalität hatte bei ihnen Einzug gehalten, und sie blieben in einem Halbkreis vor Felder stehen, der dem Teich seinen Rücken zudrehte.
    Er nickte ihnen zu. »Der Zeitpunkt ist gekommen, meine Freunde. Der alte Mitternachtsfluch wird sich erfüllen, und ihr werdet jetzt den Regeln folgen und der Reihe nach ins Wasser gehen. Laßt euch von der Eisschicht nicht täuschen, sie ist dünn genug, um sofort zu brechen. Ihr werdet in die Tiefe sinken und neue Welten erfahren. Wie ich schon sagte, der Reihe nach. Und ich werde auch bestimmen, wer von euch den Anfang macht.«
    Felder hatte eine Pause eingelegt. Er wollte die Reaktion seiner Schützlinge sehen. Keines der Kinder brach aus. Sie alle standen noch unter dem Bann der verlorenen Seelen. Jetzt wahrscheinlich noch stärker als in den letzten Wochen.
    So nickte Felder.
    Und dieses Nicken galt David.
    »Machst du den Anfang?« fragte der Reverend.
    »Ja«, sagte David nur und zögerte keine Sekunde länger. Er ging den ersten Schritt, und Felder trat zur Seite, um den Jungen an sich vorbeizulassen.
    Der plötzliche Schrei zerriß die Stille. Er war so laut, daß alle erstarrten, auch Felder.
    »Er wird nicht gehen!« brüllte eine Männerstimme. »Er ist mein einziger Sohn, und ich lasse nicht zu, daß er stirbt, du verfluchter Hundesohn Felder…«
    ***
    Geschrien hatte diese Worte Jerry Goldman, der sich nur über sich selbst wundern konnte, daß er überhaupt die Nerven gehabt hatte, es so lange auszuhalten.
    Irgendwie war selbst er in den Bann dieser unheimlichen und unerklärlichen Vorgänge hineingezogen worden, und erst als es kein Zurück mehr gab und sich sicher war, daß Felder die Kinder in den eisigen Tod schicken wollte, hatte er

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