1. Die Connor Boys: Komm ich zeig dir wie man liebt
zwängte sich zwischen ihre Beine. Da erst fiel ihr auf, warum ihm die Anrichte gefiel. Seine Lippen waren auf gleicher Höhe mit ihren, genau wie die Augen, in denen das lustvolle Leuchten schimmerte, das ihr nun vertraut war.
„In der Küche?" Ihre Stimme klang etwas schrill.
„Warum nicht? Allerdings gebe ich dir noch eine Chance. Du musst meine Testfrage richtig beantworten, dann bist du aus der Klemme. Ist Kirstin Grams ungeschickt und trampelig, oder ist sie die anmutigste, sinnlichste Frau der Welt?"
„Gordon... das meinst du nicht wirklich."
„Das ist die falsche Antwort, Schatz. Jetzt musst du den Preis bezahlen. Du Ärmste bist schon wieder in Schwierigkeiten. Versuch ja nicht, um Gnade zu flehen, du hast mich dazu herausgefordert..."
Einen Teil seiner Furcht einflößenden Drohungen hörte sie nicht mehr, denn er zog ihr schon das Sweatshirt über den Kopf. Und danach konnte sie nicht protestieren, weil er sie bereits küsste und seinen Mund so fest auf ihre Lippen presste, dass sie nicht anders konnte, als seinen leidenschaftlichen Kuss zu erwidern.
Seine Fröhlichkeit war einfach ansteckend. Vorher war er so traurig gewesen, dass es ihr oft weh getan hatte. Aber jetzt genoss er das Leben, zeigte Bedürfnisse und Gefühle, so dass es ihr leicht fiel, sich bei ihm gehenzulassen, sich nur von ihren Sinnen leiten zu lassen und an nichts anderes mehr zu denken.
Sie wollte ihm ihre Liebe schenken. Es war so natürlich und richtig, ihn mit Zärtlichkeiten und Liebkosungen zu überschütten. Wenn er sie berührte, war nicht mehr Winter, dann war Frühling, und sie fühlte sich wieder jung, zurückversetzt in die Zeit, als ihr das Leben offen stand und die Liebe ihr alles bedeutete. Gordon sollte wissen, was sie für ihn empfand. Er musste es einfach wissen.
Am nächsten Nachmittag hatte Kirstin zwar bei Gordon nichts zu tun, aber sie fuhr dennoch mit Mellie kurz bei ihm vorbei. Um diese Jahreszeit backten sie Weckmänner, und Mellie hatte darauf bestanden, Gordon außerdem noch ein paar der ofenwarmen Plätzchen mitzubringen. Gordon war nicht daheim, als sie ankamen, und Kirstin stellte alles auf der Anrichte in der Küche ab. Das Licht war überall an, und im Kamin im Empfangszimmer brannte ein Feuer, aber seine Jacke hing nicht am Haken.
„Wir lassen das einfach hier stehen, Schätzchen. Er wird es schon finden und wissen, dass es von uns ist."
„Aber ich wollte doch mit Gordon sprechen."
Kirstin wusste das. „Ich kann es nicht ändern, Mäuschen. Er ist vielleicht spazierengegangen. Morgen siehst du ihn ja wieder." Sie hatten schon das Haus verlassen und wollten zum Wagen gehen, da hörte Kirstin die Musik. Mellie auch. Sofort strahlte sie übers ganze Gesicht.
Sie stapften um die Ecke. Der Schnee reichte ihnen bis zum Stie felrand. Kirstin fasste nach
Mellies Hand.
Sie hatten Gordon entdeckt, aber er konnte sie nicht sehen. Kirstin war sicher, dass er jetzt niemanden sehen würde. Es war inzwischen wärmer geworden. Das Meer lag ruhig und spiegelglatt vor ihnen, und die feuchten Felsen an der Küste schimmerten rot im Schein der untergehenden Sonne. Nebel umhüllte den verlassenen Leuchtturm. Gordon stand auf einem der Felsen, nur in Jeans und der offenen Lederjacke, und hielt sein Saxophon in den Händen. Die Augen hatte er geschlossen.
Es dauerte einen Moment, ehe sie das Stück erkannte, das er spielte. Die Melodie stammte nicht aus ihrer Jugendzeit, sondern war noch viel älter, und Kirstin erkannte sie nur, weil einer der Radiosender regelmäßig Golden Oldies brachte. „Take Good Care Of My Baby", so hieß der Titel. Bloß Kirstin hatte den Song noch nie so gehört, wie Gordon ihn spielte. Mit jedem Ton gab er die tiefsten Gefühle seines Herzens wieder. Glück und Kummer der Liebe drückten sich darin aus. Es hörte sich an wie das Klagen eines Menschen, der sich innerlich zerrissen fühlte, einen fast unerträglichen Schmerz hinnehmen musste.
„Mom, lass mich los. Ich will zu Gordon."
„Ich weiß, Schatz." Ihr standen Tränen in den Augen.
„Ich will nicht nach Hause. Ich will zu Gordon. Ich will ihn nur einmal umarmen und drücken, das tue ich immer."
„Ich weiß, Mäuschen." Sie verstand ihre Tochter. Es war kein Wunder, dass Mellie zu ihm wollte, so wie er mit ihr umging. Deshalb konnte sie auch nicht anders, als ihn lieben und davon träumen, welch eine glückliche Familie sie sein könnten. Aber jetzt war nicht der richtige Moment für solche Sehnsüchte. Mellie
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