1. Die Rinucci Brüder: Wenn golden die Sonne im Meer versinkt
Sie mit, dann sehen Sie es.“
Sie folgte ihm nach oben. Zu ihrer Überraschung hat te er die Betten sehr sorgfältig gemacht, die Reisetaschen ausgepackt und alles ordentlich in den Schrank geräumt.
Aufmerksam beobachtete er sie und schien ihre Verblüffung zu genießen.
„Gut, wirklich gut“, lobte sie ihn. „Können Sie vie lleicht auch kochen?“
„Soll ich es Ihnen beweisen?“
„Ja, bitte“, erwiderte sie ungläubig.
Sie überließ ihm die Küche und gestand sich schon b ald ein, dass ihre Zweifel unbegründet waren. Auch wenn er kein ausgefallenes Menü zuberei tete und zusammen mit seinem Sohn die Chips geradezu in Ketchup ertränkte, schmeckte das gut, was er ihnen vorsetzte. Nach dem Essen lehnte Evie sich zurück, verschränkt e die Arme und sah ihn an. „Und jetzt?“ „Was meinen Sie?“
Sie wies auf die Spüle.
„Ach so. Soll ich etwa auch noch abwaschen? Ich habe doch schon gekocht“, wandte er gespielt empört ein.
„Wir haben uns doch selbst eingeladen“, erinnerte M ark ihn.
„Okay, ich wasche ab, und du trocknest ab.“ Justin stand auf. „Wo ist das Spülmittel?“ „Nein, lassen Sie mich das machen“, sagte Evie lach end.
Schließlich wuschen sie zu dritt ab, und die Atmosp häre war entspannter und angenehmer, als Evie zu hoffen gewagt hatte. Danach bat Mark sie, den Fernseher einschalten zu dürfen, und war erstaunt, dass sie nur vier Programme empfangen konnte und weder Videotext noch ein Videogerät hatte.
„Das ist ja richtig altmodisch“, stieß er hervor.
„Mark!“, wies sein Vater ihn sogleich zurecht.
„Ach, lassen Sie ihn doch“, beschwichtigte Evie ihn gut gelaunt. „Es war nur eine
Feststellung, er hat es nicht bös gemeint. Für Jung en in seinem Alter ist es selbstverständlich, über die modernsten Fernsehgeräte zu verfügen.“
Dann schauten sie sich zusammen die Nachrichten an. Als draußen ein seltsames Geräusch zu hören war, drehte Evie sich um. Auch Vater und Sohn lauschten beunruhigt.
„Es regnet“, flüsterte Mark entsetzt.
Sie gingen vor die Tür. Es goss in Strömen.
„Morgen scheint wieder die Sonne“, prophezeite Evie .
„Versprochen?“ Mark blickte sie skeptisch an.
„Ja, versprochen“, erwiderte sie unvorsichtigerweis e. „Aber jetzt solltest du ins Bett gehen. Es ist schon spät.
„Darf ich morgen im Meer schwimmen?“
„Trotz deiner Erkältung?“
„Die ist weg. Stimmt’s, Dad?“
„Natürlich, sonst wäre ich mit ihm nicht weggefahre n“, versicherte Justin ihr. „So, Mark, du hast gehört, was Miss Wharton gesagt hat. Ab ins Be tt.“
Der Junge nahm ihre Hand. „Miss Wharton, darf ich Sie … Evie nennen und duzen?“ „Mark!“ Justins Stimme klang vorwurfsvoll.
„Ich bin nicht mehr seine Lehrerin, deshalb ist die Frage erlaubt, Mr. Dane.“ An Mark gewandt, fügte sie hinzu: „Einverstanden.“
Zufrieden ging er die Treppe hinauf.
„Es tut mir leid, dass er so unhöflich ist“, entsch uldigte sich Justin.
„Ach, er ist einfach nur nett, das ist alles.“
„Meinen Sie, er wäre morgen, wenn es regnet, immer noch nett?“
„Es wird nicht regnen.“
„Wieso sind Sie sich so sicher?“
„Weil ich es ihm versprochen habe.“
„Ja, aber …“
„Es wird nicht regnen. Versprochen.“ Sie gähnte. „I ch gehe auch ins Bett. Die Seeluft macht müde. Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“
Evie verschwand in ihr Zimmer, machte sich fertig und legte sich hin. Während sie auf Justins Schritte lauschte, schlief sie ein.
Mitten in der Nacht fuhr sie aus dem Schlaf. Irgendetwas hatte sie geweckt. Es war zwei Uhr, wie sie mit einem Blick auf den Wecker feststellte. Und dann hörte sie eine Stimme. Nachdem sie den Bademantel übergezogen hatte, schli ch sie auf Zehenspitzen über den Flur und blieb oben an der Treppe stehen, von wo aus sie den großen Raum im Erdgeschoss überblicken konnte.
Wie Mark vorhergesagt hatte, saß Justin an seinem Laptop, schaute auf den Bildschirm, hielt zugleich das Handy ans Ohr und unterhielt sich leise mit jemandem. Seine Stimme klang angespannt.
Ruhig ging Evie die Treppe hinunter und in die Küch e am anderen Ende. Als sie mit zwei Tassen Tee in den Händen wieder herauskam, hatte Justin das Gespräch beendet.
„Danke.“ Er nahm die Tasse entgegen, die Evie ihm r eichte. „Es tut mir leid, dass ich Sie gestört habe. Doch die Arbeit muss erledigt werden.
„Klar. Sie haben ja auch alles mitgebracht, was Sie brauchen. Wie haben Sie es geschafft,
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