1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
Ärger wenigstens.«
Und wenn sie sich dabei wieder vom LKA erwischen ließ, hätte er ein paar Jahre Ruhe. Obwohl er den Gedanken nicht aussprach, meldete sich sein schlechtes Gewissen, zumal Alex ungewöhnlich lange schwieg. »Hör zu, Schatz. Ich mache so schnell wie möglich Schluss und dann reden wir in Ruhe über alles.«
Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern trennte die Verbindung. Keiner seiner beiden Kollegen gab noch vor, zu arbeiten. Verlegen, dass er am Ende doch noch die Fassung verloren hatte, lockerte Dirk seine Krawatte. Auf dem Display seines Notebooks wartete eine Zahlenkolonne, aber er hatte vergessen, was er überprüfen wollte.
Mark Rawlins, amerikanischer Wirtschaftsprüfer beim US-Schatzamt, der zusammen mit Dirk die Buchführung der Reederei auseinandernahm, wandte sich seinem eigenen Notebook zu. Bisher hatte der Amerikaner eher kühl, aber durchaus freundlich gewirkt. Jetzt hatte er für einige Augenblicke überrascht, beinahe entsetzt ausgesehen, ehe die beherrschte Miene wieder saß. Dirk ließ sich seinen Ausbruch durch den Kopf gehen. Da Mark fließend deutsch sprach, hatte er jedes Wort verstanden. Gewehr – Schüsse – Polizei. Er konnte froh sein, dass Mark keine Fragen stellte.
Leider galt diese Zurückhaltung nicht für Holger Schröder, den er für Hilfstätigkeiten verpflichtet hatte. Sie kannten sich zwar seit Jahren, waren aber lediglich gute Bekannte.
»Wer hat auf wen geschossen?«
»Nichts. Das ist nur eine Spinnerei von Alex.«
»Es stand aber was in der Zeitung. Dieser Typ bei der Fischküche. Ist das nicht der Ex-Chef von Alex?«
»Ja. Aber sie hat für die Tatzeit ein Alibi.« Der Versuch eines Scherzes misslang.
Die Vorstellung, dass sich Holger eine eigene Story zusammenfantasierte, gefiel ihm nicht, so dass er sich widerwillig zu einer Erklärung entschloss.
»Alex hat am Tag nach den Schüssen so getan, als ob sie auf das Haus ihres Chefs schießen würde, und ist dabei vom LKA beobachtet worden. Einer von denen war heute Nachmittag bei ihr, um mit ihr über ihren Ex-Chef zu reden. Dabei gab’s aber irgendeinen Zwischenfall. So eine Art Überfall, aber nicht auf sie, sondern auf ihre Freundin. Das war’s. Sie war aufgeregt und ich habe nur die Hälfte verstanden.«
»Es ist doch verständlich, dass sie dann aufgeregt ist.«
»Ach was, das ist doch völlig übertrieben. Kannst du mir bitte mal erklären, wieso jemand ihre Freundin überfallen sollte, weil Alex so tut, als ob sie aufs Haus ihres Ex-Chefs schießt? Vermutlich ist Britta nur angerempelt oder blöd angequatscht worden.«
Holger lehnte sich zurück und legte die Stirn in Falten. »Ein bisschen mehr Verständnis würde ihr guttun.«
Die Belehrung hätte sich Holger sparen können. Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit kehrte er heraus, dass er bereits dreifacher Vater war. Als jetzt auch noch Mark sein Notebook zur Seite schob und grinste, musste Dirk hart darum kämpfen, nicht die Beherrschung zu verlieren. Die beiden taten, als ob er und Alex ein Fall für den Scheidungsanwalt wären.
Mark zwinkerte ihm zu. »Ich hoffe für dich, dass deine Alex nicht auf die gleiche Idee kommt wie meine Schwester.«
Er war zu neugierig, um die offensichtlich provozierte Frage nicht zu stellen. »Also, was war mit deiner Schwester? Was hat sie getan?«
»Sie ist mit einem Freund von mir verheiratet, und nach der Geburt ihrer Tochter ging es zwischen ihnen heiß her. Das endete erst, als sie ihre Eltern besucht hat.«
»Was soll daran schlimm sein?«
»Sie hat ihren Mann ohne Vorwarnung für fast eine Woche mit dem Kind alleine gelassen. Danach war Ruhe.«
Dirk gab sich geschlagen. »Botschaft angekommen, auch wenn das überflüssig war. Sie ist zwar genervt, weil ihr der Job fehlt, aber wir haben keinen Streit.«
Holgers ungläubige Miene sprach für sich. Doch von Alex’ gelegentlichen Temperamentsausbrüchen abgesehen, verstanden sie sich auch nach Tims Geburt ausgesprochen gut und hatten keine Probleme.
Zwischenzeitlich war ihm eingefallen, was ihn an den Bilanzposten gestört hatte. Fünf Minuten später klappte er sein Notebook zu. Wieder hatte er keinen Hinweis auf eine Unregelmäßigkeit gefunden. Es hatte sich lediglich um einen Buchungsfehler gehandelt, der im Folgemonat korrigiert worden war. Sein Gefühl sagte ihm, dass bei der Reederei unsaubere Geschäfte liefen, aber bisher fehlten ihm Beweise, und allmählich lief ihnen die Zeit weg. Lange konnten sie ihre Tarnung
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