1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
in das Büro zurück. Mark saß jetzt auf seinem Platz und fragte E-Mails ab.
»Hast du nach Abhörvorrichtungen gesucht?«
»Ja, danke, dass du mitgespielt hast. Der Palm kann die elektronische Strahlung messen, die von einem solchen Gerät ausgehen würde. Es ist alles sauber. Woher kennst du dich damit aus?«
»Tue ich gar nicht, ich habe nur die Bücher von Clancy und Ludlum gelesen, aber nie gedacht, dass ich das jemals live und in Farbe erleben würde. Aber es passt schon, wenn ich an die letzte Nacht denke. Warum hast du das Ding nicht verschwinden lassen? Ich hätte auch jemand sein können, der deine Erklärung nicht so locker wegsteckt. Als Standardausstattungfür Revisoren oder Wirtschaftsprüfer geht dein Kasten nicht unbedingt durch.«
Bei Dirks unverblümter Anspielung hoben sich Marks Mundwinkel. »Ich habe gesehen, wie du unten angekommen bist, und es ist hellhörig genug, dass ich dich ohne Schwierigkeiten an deinen Schritten erkenne. Wäre es jemand anders gewesen, hätte er den Palm nicht zu sehen bekommen.«
Eilige Schritte näherten sich dem Büro. »Holger ist das nicht, das höre sogar ich.«
Mark grinste. »Es sei denn, er hat sich heute für hochhackige Schuhe entschieden.«
Die Tür wurde aufgerissen und Carmen Schlichting, die Leiterin der Buchhaltung, stand vor ihnen. »Entschuldigung«, sie fuhr sich mit der Hand an den Mund. »Ich hatte gehofft, sie fangen nicht so früh an. Ich brauche unbedingt einen Ordner, der bei Ihnen ist.«
»Kein Problem. Wo brennt’s denn?« Dirk deutete auf das Sideboard, in dem sie die Firmenunterlagen aufbewahrten.
»Unsere Online-Banking-Software ist abgestürzt, aber ich brauche ganz schnell einen Kontostand. Den bekomme ich zum Glück auch direkt aus dem Internet.«
Schlichting griff sich den Ordner, der den Zugangscode enthielt, und wollte den Raum verlassen. Sie kam nicht weit. In der Tür stand der Geschäftsführer der Reederei, Jürgen Springer.
»Ich glaube nicht, dass sich die Herren für Ihre Probleme interessieren. Es wäre nett, wenn Sie mir endlich die erforderlichen Daten lieferten.«
»Sofort, Herr Springer. Es tut mir leid, wir hatten heute Morgen technische Probleme.«
»Frau Schlichting. Mich interessieren Lösungen, keine Probleme.« Springers Blick wurde unwesentlich freundlicher, als er Dirk und Mark mit einem flüchtigen Blick bedachte. »Meine Herren, einen schönen Tag.«
Als die beiden gegangen waren, atmete Dirk erleichtert auf.
»Cooler Spruch. ›Mich interessieren Lösungen, keine Probleme‹«, äffte er den Geschäftsführer nach. »Ich konnte den arroganten Affen noch nie ausstehen und das dürfte der Beweis gewesen sein, dass er knietief in dem ganzen Sumpf mit drinsteckt.«
»Nun ja, ich habe auch eine gewisse Abneigung gegen Typen mit Gelfrisuren, aber deshalb würdest du ihn wohl kaum verdächtigen. Was habt ihr gestern rausgefunden?«
Bevor Dirk antworten konnte, betrat Holger den Raum. »Was ist denn heute los? Die Damen in der Buchhaltung sehen aus wie sieben Tage Regen und die Chefin ist mir mit verheultem Gesicht entgegengekommen.«
»Ganz einfach, Springer will wissen, ob sein Geld eingetroffen ist. Anscheinend musste er einen Augenblick warten, weil irgendein Computerprogramm nicht läuft.«
Dirk lehnte sich zurück, genoss die gespannte Erwartung auf den Gesichtern seiner Kollegen und trank in aller Ruhe seinen Kaffee aus. Erst als Mark unverkennbar drohend die Augen zusammenkniff, reichte er ihm einen Ausdruck der Umsätze.
»Sieh es dir selbst an: Zweimal im Monat werden dem Konto 500.000 Euro gutgeschrieben. Jeweils am zehnten und am dreiundzwanzigsten, am nächsten Tag ist das Geld dann schon wieder weg. Das läuft seit mindestens sechs Monaten, weiter reicht die Umsatzanzeige leider nicht zurück. Ich finde, es passt zu diesem Kerl, dass er sich sicher genug fühlt, um die Kontoabfrage seinen Angestellten zu überlassen.«
Schweigen breitete sich aus. Mark studierte die Umsätze und Holger grübelte still vor sich hin. Er hatte sich schon gestern gegen ihr Vorhaben ausgesprochen, heute wirkte er geradezu ängstlich. Sein Blick huschte unsicher zwischen Dirk und Mark hin und her.
»Ihr wisst jetzt, dass eure Vermutung stimmt. Das muss reichen. Ich bin Wirtschaftsprüfer und kein Polizist. Wir habengenug in der Hand, um die Sache dem LKA zu überlassen und hier ganz schnell zu verschwinden.«
Holgers Hände zitterten. Der Unterschied zwischen ihm und Mark trat noch stärker als sonst
Weitere Kostenlose Bücher