1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
Komapatienten spezialisiert hat?«
Offenbar hatte sich ihre Freundin nicht auf den Kartenbereich von Google beschränkt.
»Die Erklärung würde jetzt zu lange dauern.«
»Ich habe Zeit und die Wegbeschreibung.«
»Das ist Erpressung!«
»Nötigung, weil ich mich nicht selbst bereichern will, sondern mir Sorgen um eine Freundin mache.«
»Brauchst du nicht. Es gibt da eine Patientin, die mich interessiert. Aber das zu erklären, dauert jetzt wirklich zu lange.«
Erstaunlicherweise schwieg Natascha kurz. »Die geben dir sowieso keine Auskunft, wenn du da ohne Vollmacht erscheinst und keine verwandtschaftliche Beziehung zu ihr hast.«
Damit hatte sie einen Punkt angesprochen, der Alex bei ihrer Recherche wegen Marks Schwester auch stutzig gemacht hatte. Bei ihrem Telefonat mit der Klinik hatte sie wenig Hoffnung gehabt, die gewünschten Informationen über Shara zu erhalten. Aber bei ihrer telefonischen Anfrage war sie erstaunlicherweise sofort zum Klinikleiter durchgestellt worden, der sie eingeladen hatte, persönlich vorbeizukommen. Der Internetauftritt der Klink sprach für sich, eine Gefahr konnte sie dort nicht erkennen, so dass sie sich mit Tim auf den Weg gemacht hatte.
»Das werden wir sehen, sonst verbuche ich es als netten Ausflug an die Ostsee.«
»Solange du dich nicht wieder mit Kranz anlegst, soll es mir recht sein.«
Alex duckte sich unwillkürlich. Es gab da durchaus eine Verbindung, aber das musste Natascha nicht wissen.
»Verrätst du mir jetzt den Weg?«
»Warum habe ich nur das Gefühl, dass ich dich eines Tages aus dem Gefängnis holen muss?«
»Weil du ständig viel zu schwarz siehst. Apropos Gefängnis. Dieser Typ, der auf Kranz geschossen hat, was würde den erwarten, wenn Sven ihn erwischt? Außer meiner ewigen Dankbarkeit?«
»Sehr witzig. Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Der Strafrahmen hängt von der Art der verwendeten Schusswaffe ab und davon, ob der Täter einen Waffenschein hat. Warte mal, ich glaube, es war eine halbautomatische Waffe. Das wäre dann zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Zudem noch Sachbeschädigung, die aber nicht gesondert bestraft wird. Insgesamt würde es wegen der hohen Gefährlichkeit, schließlich hat er im öffentlichen Raum geschossen, mit Sicherheit keine Geldstrafe geben. Je nach Motiv würde ich zwischen sechs Monaten und einem Jahr für angemessen halten. Falls der Täter nicht vorbestraft ist, könnte die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.«
Normalerweise hätte sich Alex über den geschäftsmäßigen Ton und die geschliffenen Formulierungen amüsiert, jetzt war sie einfach nur entsetzt. Damit hatte sie nicht gerechnet. Selbst wenn Mark das Gefängnis erspart bliebe, würde er aus der Navy fliegen. Leider war ihre Freundin noch nicht fertig.
»Es sieht so aus, als ob dieser Schütze zwischenzeitlich wieder strafrechtlich auffällig geworden ist. Hast du schon davon gehört?«
»Ja, das hat Sven mir erzählt.« Und vorher Mark, aber das sollte ihre Freundin besser nie erfahren.
»Also der Übergriff auf die Polizistin, das macht mindestens noch … Hm, Freiheitsberaubung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und eventuell versuchte Nötigung. Da kommt bestimmt noch mindestens ein Jahr dazu, und die Aussetzung zur Bewährung kann er auch vergessen.«
Soviel zum Thema »bleibt ihm das Gefängnis erspart«. Hätte sie bloß nicht gefragt, damit stand fest, dass weder Natascha noch Sven von Marks Schüssen auf Kranz erfahren durften. Es gelang ihr, das Gespräch mit einigen belanglosen Erklärungen zu beenden.
Dank Nataschas Beschreibung fand sie die Klinik problemlos. Mit dem weißen Klinker und der Glasfassade sah das Gebäude wie ein Hotel aus. Selbst der Parkplatz war gärtnerisch gestaltet und wurde durch Beete mit immergrünen Pflanzen aufgelockert.
Auch der Empfangsbereich erinnerte eher an ein Hotel der gehobenen Kategorie, der typische Krankenhausgeruch warkaum wahrnehmbar. Die Frau am Empfang beschrieb ihr überaus freundlich den Weg zum Büro von Dr. Fischer.
Sie wollte gerade anklopfen, als die Tür aufgerissen wurde. Erschrocken stolperte sie einen Schritt zurück, stieß aber dennoch mit dem Mann in Jeans und Sweatshirt zusammen. Ohne seinen festen Griff hätte sie vermutlich das Gleichgewicht verloren. Dankbar und verlegen zugleich, fasste sie Tim fester.
»Entschuldigend, ich wollte zu Dr. Fischer und gerade klopfen, als …«
»Als ich sie fast umgerannt habe. Kommen Sie rein, ich bin Hendrik
Weitere Kostenlose Bücher