1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
stieß Dirk ihn gegen den Mercedes und verhinderte den Fluchtversuch.
Mark tauchte neben Dirk auf und gab ihm ein Zeichen, den Mann loszulassen. Widerstrebend trat Dirk zur Seite.
»Verschwinden Sie, aber schnell.«
Stolpernd und eine Hand auf die Magengegend gepresst, rannte der Kerl auf das Gebäude der Reederei zu.
Dirk schloss die Beifahrertür und lehnte sich gegen den Mercedes. »Was spricht gegen die Polizei?«
»Sven, und wir hätten nichts in der Hand, es stünde Aussage gegen Aussage.«
»Guter Punkt. Bei Svens Stimmung wäre ich wegen Körperverletzung dran und nicht der Typ wegen versuchter Freiheitsberaubung.«
Der Zwischenfall war so schnell vorbei gewesen, dass er nicht zum Nachdenken gekommen war, geschweige denn Zeit gehabt hatte, Angst zu empfinden. Jetzt sah es anders aus. Seine Knie zitterten, und er lehnte sich keineswegs zum Spaß gegen den Wagen. Er wollte nur noch weg und begriff nicht, warum Mark ihn nur ansah, statt möglichst schnell zu verschwinden.
»Worauf warten wir? Dass sie mit Verstärkung zurückkommen? Darauf kann ich verzichten.«
»Nein, ich warte auf eine Erklärung.«
»Was meinst du?«
»Ich habe dich das schon einmal gefragt: Was bringt dich eigentlich aus der Fassung? Ein Entführungsversuch offenbar nicht. Besonders typisch finde ich deine Reaktion für einen Wirtschaftsprüfer nicht.«
Schlagartig wurde Dirk bewusst, wie die Szene gewirkt haben musste, trotzdem schien Mark eher ratlos als misstrauisch. »Ich erkläre dir zu Hause gern, welche Kampfstile ich wie lange trainiert habe. Bisher habe ich den Kram allerdings noch nie außerhalb der Sporthalle angewendet.«
»Wing Tsun, oder?«
»Ja. Unter anderem, eigentlich eher Karate.« Nervös blickte sich Dirk um. »Können wir denn jetzt? Ich bin froh, dass der Kerl nicht bewaffnet war.«
Mark hielt ihm eine Pistole hin. »Das wäre kein Problem gewesen. Sie waren zu zweit, aber den anderen habe ich überzeugt, dass es gesünder für ihn ist, wenn er uns in Ruhe lässt.«
Verblüfft starrte Dirk auf die Waffe. Eine Sig Sauer P220, wenn er sich nicht täuschte. Irgendwie passend, wenn er es mit Al-Qaida zu tun hatte und einem Navy SEAL zusammenarbeitete. »Können wir diese Diskussion woanders weiterführen? Ich habe keine Sig und würde gerne verschwinden.« Zum Glück klang seine Stimme fest und sicher, und Mark würde ihm nicht ansehen, wie es in seinem Inneren aussah.
»Nimm die, die war für dich gedacht. Ich weiß, das du damit umgehen kannst, und solange wir nicht wissen, was noch kommt, ist es mir lieber so.«
Dank seiner Zeit bei der Bundeswehr konnte er mit Pistolen und Gewehren umgehen, aber ihm war rätselhaft, woher Mark das wusste. Zögernd nahm Dirk die Waffe und wog sie prüfend in der Hand.
»Wieso behältst du die nicht?«
»Das ist meine Ersatzwaffe. Es wird Zeit, zu verschwinden. Fahr jetzt los.«
»Sag ich doch die ganze Zeit.«
Irgendwie musste er Mark diesen Befehlston ihm gegenüber abgewöhnen. Aber das war seine geringste Sorge. Worauf hatte er sich eigentlich eingelassen?
16
Das war typisch. Da Tim wach im Kindersitz saß, konnte Alex ihrem Ärger nicht einmal laut fluchend Luft verschaffen. Wenn sie Dirk anrief und um Hilfe bat, würde er alles tun, um sie zum Umkehren zu bewegen. Bei Britta erreichte sie nur den Anrufbeantworter, vielleicht hatte sie bei Natascha Erfolg.
Der Verkehr auf der Bundesstraße rauschte an ihnen vorbei, und Tim war durch die Fahrzeuge ausreichend abgelenkt. Der Seitenstreifen war zwar kein idealer Parkplatz, aber sie behinderte niemanden, und solange kein Polizeiwagen vorbeikam, sah sie nicht ein, warum sie weiterfahren sollte.
Natascha nahm nach dem ersten Klingeln ab.
»Hallo. Du müsstest mir mit einer Kleinigkeit helfen« – und vor allem keine einzige Frage stellen, aber das war eine vergebliche Hoffnung. »Ich stehe hier kurz hinter Travemünde und weiß nicht genau, wie ich weiterfahren muss. Sieh bitte bei Google maps nach, wie ich von hier aus zur Ostseeklinik komme.«
Alex verdrehte die Augen, als sich Fragen und Belehrungen über sie ergossen, aber im Hintergrund hörte sie das typische Klicken der Tastatur. »Ich bin mit Dirks BMW unterwegs und habe sein Navi vergessen und die ausgedruckte Wegbeschreibung zu Hause liegen lassen. Reicht das als Erklärung?« Natürlich nicht. Weitere Belehrungen folgten. »Wenn das gefährlich wäre, hätte ich kaum Tim mitgenommen.«
»Und was willst du in einer Klinik, die sich auf
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