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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Ihnen meinen Namen und meine Telefonnummer gegeben hat.«
    Franken hielt inne, jetzt mit einem verärgerten Gesichtsausdruck. »Ja, Herr Schuster, haben Sie das denn nicht geklärt?« Herr Schuster wand sich verlegen. Franken verließ das Zimmer, ohne mich noch ein weiteres Mal anzugucken, der Anzugrücken verschwand durch den Türrahmen, ich hörte noch ein gemurmeltes »Hat mich gefreut.«
    Ich schaute Herrn Schuster fragend an.
    »Äh, Frau van Laak, es ist nun einmal so. Ich kann Ihnen das wirklich erst sagen, wenn Sie unterschrieben haben. Das ist leider so.«
    Ich verstand nicht.
    »Ja, ähm, das ist eben eine besondere Empfehlung. Jetzt setzen wir uns erst einmal hin, und wir gehen den Vertrag in Ruhe gemeinsam durch. Sie werden sehen, was wir hier für ein netter Verein sind. Kaffee? Schwarz? Weiß?«
    Plötzlich wollte ich nur schnell weg, nahm meine Tasche, verzichtete aufs Händeschütteln und verließ schnurstracks die Nadelfilz-Büroetage. Herr Schuster machte sich keine Mühe, mich zurückzuhalten. Seine Schultern hingen herunter, das Jackett schlug eine Beule oberhalb des Bauches, der Anstecker verschwand in einer Anzugfalte.
    Draußen schnappte ich nach Luft und drehte mich noch einmal um. Die drei Lettern prangten auf dem Schild, die Glastür warf die goldene Kugel noch einmal verspiegelt durch die Scheibe zurück. Und dann fiel mir ein, dass ich das Signet aus einem anderen Zusammenhang kannte. Um die Bronchitis-Anfälle meines jüngsten Sohnes zu lindern, war ich häufig an der Nordsee in einer Ferienwohnung gewesen. Gegenüber von dem alten Haus, in dem sich die Wohnung befand, erstreckte sich ein langer Flachbau. Dort konnten die Kinder und ich vom Küchenfenster aus beobachten, wie dort ständig graue junge Anzugmenschen ein und aus gingen. Sie kamen in schwarzen Autos, klein, mittel, groß, hielten lange Versammlungen ab, wirkten stets gehetzt und müde, nahmen nichts um sich herum wahr. Am Eingang ein großes Schild mit den besagten drei Buchstaben und der goldenen Kugel. Ich hatte es nach zwei Wochen Beobachtung schließlich für eine Art Sekte gehalten.
    »Mama, die Männer in dem Haus da unten sind alle komisch. Die laufen wie das Blechmännchen von Jonas, das man hinten mit dem Schlüssel aufziehen kann. – Was heißen die Buchstaben eigentlich?«, wollte Frieda wissen.
    »Weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall verstehe ich nicht, wie man in so einen Laden freiwillig reingehen kann.«
    Damals wusste ich noch nicht, dass mich genau drei Jahre später der Zusammenbruch meiner friedlichen Mittelstandsexistenz freiwillig-unfreiwillig in ebendiesen Laden hineintreiben würde. Meinem Instinkt ist es zu verdanken, dass ich innerhalb einer Stunde wieder herausfand.

    »Mama, hast du jetzt eine gute Arbeit gekriegt?«, fragte mich Jonas, der Älteste, nach der Schule.
    »Nein, mit den Leuten dort stimmte was nicht. Da bin ich wieder gegangen.«
    »Und was machen wir jetzt?! Du musst doch Geld verdienen.«
    »Ich versuche es weiter, Jonas, beim nächsten Mal klappt es bestimmt.«
    Wenn mir eines wichtig war, dann das: Die Kinder sollten sich nicht sorgen. Soweit und solange es ging, wollte ich sie vor den Konsequenzen unserer Krise schützen. Damit meine ich nicht den Verzicht auf Annehmlichkeiten – das hatte ich den Kindern schnell erklärt. Wenn plötzlich wenig Geld vorhanden ist, bedeutet das, dass man sich nicht so viel leisten kann wie vorher. Aber man sieht zu, dass man es sich trotzdem schön macht.
    Nein, das war nicht unser Problem. Ich wollte Jonas (neun), Frieda (sieben), Till (fünf) und Millie (drei) die verstörenden Erlebnisse ersparen, die ich mit Banken, Gläubigern, Ämtern, Rechtsanwälten, halbseidenen Arbeitgebern und mit meinem Ehemann André hatte. Jeder unbeschwert erlebte Tag im Kinderleben zählt. Meinen Kummer, meine Ängste, meine Verzweiflung – das versuchte ich vor ihnen sorgfältig zu verbergen. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel. Jedoch zu lange.
    Mama, wir verdienen jetzt Geld dazu, dann können wir öfter Eis kaufen.
    Okay, Millie. Wie wollt ihr das anstellen?
    Frau Nemmes hat gesagt, ich habe eine schöne Stimme. Jonas kann Gitarre spielen. Wir gehen am Samstag in die Fußgängerzone und stellen meinen roten Sonnenhut auf den Boden. Jonas sagt, wenn es nicht so doll klingt, ist es egal, weil ich noch so klein und niedlich bin.

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