1 - Schatten im Wasser
Maiskolben aus dem Schatten der Holzsparren, daneben hingen Streifen merkwürdig aussehender Materie, auf der dicke grün schil ernde Fliegen herumkrochen.
»Was ist das?«, fragte sie tonlos.
»Selbst gemachtes Biltong. Es ist wirklich hervorragend. Möchtest du ein Stück probieren?« Er wedelte die Fliegen weg.
Sie konnte nur stumm den Kopf schütteln. Eine verwischte Bewegung zog ihren Blick höher, und sie entdeckte eine Familie blasser Geckos, die neugierig aus großen schwarzen Knopfaugen über die Holzbalken lugte.
Gab es auch Schlangen, wo Geckos lebten? Sie wusste es nicht.
»Wo ist das Schlafzimmer?«, fragte sie ihren Mann. Eine glühend heiße Wut, die als brennender Knoten in ihrem Magen begonnen hatte, breitete sich in Wellen in ihr aus. Dazu trug auch bei, dass sie Wilma Recht geben musste, die Johann scharfsinnig nach der Qualität seiner Jacke beurteilt hatte. Auch sie fragte sich jetzt, welches Leben er auf dem Hof seines Vaters geführt hatte. Mit eiserner Wil enskraft hielt sie ihre kochenden Gefühle im Zaum, fürchtete, von ihnen überwältigt zu werden, sollte sie die Kontrolle verlieren.
327
»Recht so, ma petite«, lobte Grandpere Jean aus seinem schattigen Reich. »Eine le Roux lässt sich nicht unterkriegen.«
Mit einem winzigen Lächeln in den Mundwinkeln folgte sie Johann, der jede Regung ihres Gesichts beobachtet hatte, jedes Aufflackern ihrer Augen, jedes Zucken der Mundwinkel. Als er dieses kleine Kräusellächeln entdeckte, nicht ahnte, dass er es völlig missdeutete, hob sich das Gewicht ein wenig, mit dem ihr Schweigen auf sein Herz drückte. Sie lächelte. Al es würde gut werden.
»Hier entlang«, sagte er, führte sie aus dem Wohnraum über den Gang und öffnete die Tür zu ihrem Schlafraum.
Sie trat ein. Das Zimmer war nur halb so groß wie das Wohnzimmer, kaum größer als die Hausmädchenkammer unter dem Dach des Le-Roux-Hauses. Das einzige Fenster war glaslos wie die im Wohnzimmer, allerdings mit einem lappigen, verstaubten Musselinvorhang verhängt. Die Tür daneben führte auf die Veranda. Sie stand einen Spalt offen, und ein breiter Lichtstrahl fiel auf den Fußboden aus rohen Holzbrettern.
»Ich habe unsere Möbel selbst gezimmert«, sagte Johann und zeigte auf das Bett, das links stand, auf den großen Schrank aus Stinkwood, der die Wand neben der Tür ausfüllte und auf den er so stolz war, und das Regal gegenüber dem Bett. Sein Ton hatte etwas Flehendes.
Sie hob ihre Augen zu ihm. »Warum haben die Fenster kein Glas? Hat es in ganz Natal so starke Stürme gegeben, dass alle Fensterscheiben zerbrochen sind? Auch in Durban habe ich keine gesehen.«
Er zuckte die Schultern. »Es gibt noch kein Glas in Natal. Al e verhängen die Fenster mit Musselin. Im Winter benutzen wir Decken, damit es nicht so kalt wird, im Sommer machen wir sie nass. Durch das Verdunsten kühlt die Luft im Zimmer etwas.«
Schweigend schluckte sie auch diese Nachricht. Ihr Magen fühlte sich bereits an, als wäre er mit Wackersteinen gefüllt. »Wir sollten den Fußboden ölen«, bemerkte sie abwesend, während sie ihren Schuh über die unbehandelte Oberfläche rieb. »Wo kann ich mich frisch machen?«, fragte sie endlich und war erstaunt, wie fest und normal ihre Stimme klang.
328
Er sprang auf. »Ich hole dir sofort Wasser und auch unsere Taschen.
Dort ist dein Waschtisch«, er wies auf einen kleinen Schrank, den sie unschwer als eine auf den Kopf gestellte Kiste erkannte, auf dem eine Blechschüssel stand. Die Kiste war abgeschmirgelt und grün angemalt. »Im Schrank findest du Seife, wenn sie nicht jemand während meiner Abwesenheit gefressen hat. In Afrika weiß man ja nie«, scherzte er. »Ich bin es gewohnt, mich draußen zu waschen«, erklärte er und verschwand hastig mit der Schüssel. Sekunden später steckte er den Kopf wieder zur Tür hinein. »Musst du, das heißt, wünschst du dich zu erleichtern?« Er griente verlegen.
»Du meinst, möchte ich die Toilette benutzen? Ja, das möchte ich.« Ihre Stimme klirrte.
Mit allen Anzeichen von Besitzerstolz zeigte er auf die dritte Tür im Gang. »Sie liegt in einem Anbau, aber man kann sie vom Haus begehen, es ist die erste in Zululand, und selbst in Durban müssen die meisten Leute buschen. Es gibt nur zwei Toiletten im ganzen Ort.«
»Buschen?« Welche Merkwürdigkeit verbarg sich nun dahinter?
»Sie müssen ... äh ... in den Busch dafür gehen, verstehst du? Wie bei den Farringtons.«
Nie würde sie diese Erfahrung
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