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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Pflanzenmaterie durchsetzte Kotballen herum. »Elefanten«, erklärte er gedankenlos.
    »Elefanten«, wiederholte seine Frau mit quietschender Stimme, aber er hörte es nicht mehr. Plötzlich schlug er Shakespeare 320
    die Hacken in die Rippen und galoppierte davon. Hinter einem fast mannshohen Stein lenkte er sein Pferd seitwärts in die Büsche. Eine Minute später erreichte sie den Felsen und fand sich auf einem ziemlich breiten Weg wieder, der sanft anstieg. Rechts und links wurde er von weit ausladenden Bäumen in leuchtend gelbem Blütenflor gesäumt. Ihr stockte der Atem, ihr Puls fing an zu rasen.
    Die Auffahrt von Inqaba lag vor ihr.
    Fast furchtsam ließ sie ihren Blick den langen Weg zur Kuppe hinaufwandern. Sie war abgeflacht, als hätte man einem Ei die Spitze abgeschnitten, und auf der freien, mit dichtem Busch begrenzten Fläche im Filigranschatten eines völlig blätterlosen Baums, der aber unzählige zierliche, rote Blütenkrönchen trug, stand ein Haus.
    In den Strahlen der untergehenden Sonne glühten seine ockerfarbenen Wände wie feuriges Gold, das tief heruntergezogene, mit Grasschnüren zusammengehaltene Rieddach war noch nicht nachgedunkelt, sondern schimmerte weizengelb. Die Türöffnung war mit Brettern vernagelt.
    Es war hübsch anzusehen, aber sehr klein. Das Kochhaus, vermutlich.
    Inqaba selbst musste, perspektivisch verdeckt, dahinter liegen.
    »Nun sag schon, wie findest du es? Ist es nicht prächtig?« Diesem Augenblick hatte Johann entgegengefiebert, und obwohl sich die Malaria tatsächlich im Moment zurückgezogen hatte, brannten rote Flecken auf seinen Wangen, und seine Augen glänzten wie in Fieberglut.
    Sie stellte sich in den Steigbügeln auf. »Wo ist es? Ich kann es noch nicht sehen ...« Erwartungsvoll blickte sie sich um, nicht wenig angesteckt von seiner Aufregung. Sicher würde gleich die Dienerschar zu ihrer Begrüßung erscheinen. Doch alles blieb ruhig. Man hatte sie wohl noch nicht erwartet.
    »Da, du musst es sehen, es steht doch vor dir!« Mit ausgestreckter Hand wies er auf das kleine Gebäude.
    Sie sank zurück in den Sattel. »Aber ... aber ... ist das nicht das Kochhaus?«, stotterte sie, und ihre Stimme entgleiste ihr. Sie 321
    rang nach Luft, als drückte eine zentnerschwere Last ihren Brustkorb zusammen.
    »Kochhaus? Du Schäfchen, das ist Inqaba!« Mit diesen Worten schwenkte er verwegen seinen Hut und ritt hoch aufgerichtet in der Haltung eines siegreichen Ritters auf sein geliebtes Haus zu, zügelte Shakespeare kurz davor und breitete seine Arme weit aus. Sein Gesicht schien von innen zu leuchten, die dunklen Augen strahlten vor Liebe und Glückseligkeit.
    »Wil kommen auf Inqaba, mein Liebling, mögest du hier für ewig dein Glück finden.«
    Catherine hörte seine Worte kaum, sah außer tanzenden schwarzen Flecken nichts mehr. Die Emotionen der letzten Monate brachen wie eine mörderische Welle über sie herein und rissen sie in einen Strudel von chaotischen Gefühlen. Das goldfarbene Haus, Johanns hohe Gestalt, der türkisfarbene Abendhimmel verschwammen mit dem Grün des Büschs zu flirrenden Farbklecksen.

    Seit sie die Wahrheit über ihre finanziellen Verhältnisse herausgefunden hatte und ihr klar wurde, dass ihr nur der Weg in die Ehe offen stand, wenn sie nicht Gouvernante werden wollte, hatte sich ihr ganzes Sein auf diesen einen Augenblick zugespitzt. Ihr Einzug in das Haus auf dem Hügel, in dem sie ihr neues Leben beginnen würde. Inqaba, der Ort der Zuflucht, war auch ihr innerer Fluchtpunkt aus dem Gefängnis einer trüben Zukunft geworden.
    Nun sah sie Inqaba vor sich, und ihr Luftschloss wankte und brach zusammen. Das Getöse dröhnte ihr in den Ohren, und ihre Nerven waren so überreizt, dass sie tatsächlich Mörtelstaub schmeckte.
    Johann, der den betäubten Ausdruck auf ihrem weißen Gesicht auf den überwältigenden Anblick und die Müdigkeit nach dem heutigen Parforce-Ritt zurückführte - womit er völlig richtig lag, wenn er es auch nicht falscher hätte deuten können -, hob sie aus dem Sattel, nahm ihre Hand und zog sie zum Haus. Catherine stolperte neben ihm her wie eine schlecht geführte Marionette.
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    In diesem Moment brach die Hölle los. Vier große, gelbe Hunde jagten laut bellend um die Hausecke, kamen auf rutschenden Pfoten unmittelbar vor den Steinachs zum Stehen und knurrten, ein grässliches Geräusch, das tief aus ihrer breiten Brust zu kommen schien. Ihre Rückenhaare zur Bürste gesträubt, die Ohren flach am

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