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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ihren jäh aufflackernden Zorn herunter. »Mzilikazi, mach Feuer, und setze Wasser auf«, befahl sie, schwang herum und wollte zum Haus marschieren, doch Lil y verwandelte sich vor ihren Augen in eine funkensprühende Fackel.
    »Verdammte Kaffern!« Mit diesem Aufschrei wirbelte sie zum Stall, riss Johanns Sjambok von der Wand, und bevor Catherine sie davon abhalten konnte, rannte sie auf die Zulus zu, schwang die biegsame Peitsche weit über dem Kopf und holte aus.
    Catherine fiel ihr in letzter Sekunde in den Arm und hielt sie fest. »Um Himmels wil en, lass das, das kannst du nicht machen. Lil y, gib die Peitsche her!« Mit aller Kraft wand sie ihrer Freundin die Nilpferdpeitsche aus der Hand und warf sie auf den Boden. »Ruhig«, sagte Catherine in einem Ton, den sie für Caligula benutzte, wenn der nervös tänzelte. »Ganz ruhig.«
    Schwer atmend stand Lil y da, das kupferrote Haar stand ihr wirr ums hochrote Gesicht. »Verdammte Kaffern«, zischte sie. »Das werde ich Andrew sagen. Er wird sie angemessen bestrafen.« Doch allmählich kam ihr Atem langsamer, gleichmäßiger. »Ich kann es nicht ertragen, ausgelacht zu werden«, flüsterte sie endlich.
    Die Männer standen bewegungslos da, ihre dunklen Gesichter ausdruckslose Masken, und fixierten Lil y mit Blicken, die Catherine vor Schreck den Atem verschlugen. Eine jagende Löwin, die sie mit Johann in der Savanne beobachtet hatte, hatte so ihre Beute angestarrt. Mit vorgestrecktem Kopf war die Raubkatze jeder Bewegung der kleinen Gazelle mit den Augen gefolgt. Sie musste ihre Freundin so schnell wie möglich hier wegbringen.
    »Vielleicht werden Nkosi Johann und Nkosi Andrew bald hier sein, sie werden Kaffee trinken wollen, setze bitte Wasser auf«, sagte sie auf Zulu und hoffte, dass ihre kleine Notlüge dafür sor-565
    J
    gen würde, dass sich ihr kriegerisches Feuer abkühlte. »Komm«, befahl sie Lil y und schob sie ins Haus.
    Lil y ließ es schweigend geschehen. »Entschuldige«, presste sie endlich hervor.
    »Geht ihr so mit euren Schwarzen um? Ich würde da lieber vorsichtig sein. Die Zulus sind ein sehr stolzes Volk.«
    Erst antwortete Lil y nicht. Dann zuckte sie mit den Achseln. »Natürlich züchtige ich unsere Schwarzen nicht, das macht nur Andrew. Er ist der Ansicht, dass sie eine starke Hand brauchen. Sie sind ja wie die Kinder. Ich hasse es, bloßgestellt zu werden, und die Wut ist mit mir durchgegangen.
    Bestraft Johann eure Schwarzen nicht?«
    »Mit der Peitsche?«, fragte Catherine und konnte einen spitzen Unterton nicht unterdrücken. Flüchtig stellte sie sich vor, wie Johann, die Peitsche schwingend, seine Schwarzen auf dem Feld antrieb. Fast hätte sie gelächelt. Welch eine absurde Vorstellung. »Ganz sicherlich nicht. Er empfindet zu viel Respekt für sie.« Sie warf Lil y einen Blick zu. »Sie wollten dich nicht bloßstellen, bestimmt nicht«, beschwichtigte sie, war sich zwar nicht sicher, ob das der Wahrheit entsprach, aber das war jetzt nicht von Belang. »Es ist ihre Art von Humor. Wenn du es sachlich betrachtest, war es schon komisch. Ich möchte nicht wissen, wie wir ausgesehen haben, bewaffnet bis an die Zähne, mit wehenden Nachtgewändern und wirren Haaren.«
    Lil y und sie sahen sich an, ein Lachen gluckste ihre Kehle hoch, und dann brachen sie beide in hysterisches Gelächter aus, sie tanzten, Gewehr und Messer schwingend, auf der Veranda herum, bis sie völlig außer Atem auf den Betten zusammenbrachen. Hilflos giggelnd lagen sie da, und den ganzen Tag genügte ein Blick zwischen ihnen, eine Geste, um einen Heiterkeitsausbruch hervorzurufen.
    »Schlägst du deine weißen Bediensteten auch?«, fragte Catherine, als sie beim Abendessen saßen.
    »Weiße Bedienstete? Hier hat man nur Schwarze. Kein Weißer kommt hierher, um Hausdiener zu werden. Al e wollen hoch hinaus, ein Geschäft eröffnen, ein Haus bauen ...«
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    »Wir Weißen kommen also hierher und rechnen von vornherein damit, dass die Eingeborenen unsere Drecksarbeit erledigen. Kurios, kurios.«
    Catherine dachte einen Moment nach, dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Stell es dir einmal anders herum vor: Die Zulus kolonialisieren Europa und erwarten, dass wir ihre Diener werden.«
    Lil y kreischte vor Lachen. »Ach, du liebe Güte, ich auf dem Boden vor einem halb nackten Wilden herumrutschend. Welch eine Vorstellung.« Sie warf sich auf die Knie und mimte die Unterwürfige.
    »Ich finde die Perspektive gar nicht so komisch«, bemerkte

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