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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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zeigte sich von seiner besten Seite, und zu ihrer eigenen Überraschung fühlte sie etwas wie Stolz auf ihr Heim.
    Ein Pavian sprang über den Weg in einen Papayabaum und begann, die erste reife Frucht abzudrehen. Catherine warf einen Stein nach ihm. »Hau ab, du Vieh!«, schrie sie. Der Pavian aber fletschte nur seine Zähne und ließ die geklaute Frucht nicht los. Geschickt drehte er sie vom Stiel und sprang mit einigen Sätzen ins Dickicht. »So ist das immer«, beklagte sie sich. »Paviane klauen unsere Früchte, Elefanten trampeln durch die Maisfelder, Py
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    thons fressen die Hühner, und Löwen verputzen unsere Rinder, ganz zu schweigen von den Ratten, die sich in der Vorratskammer bedienen. Ich wette, bei euch in Durban gibt es so etwas nicht.«
    »Doch, schon, aber uns berührt es nicht. Wir haben keine Felder, nur Gemüsebeete für unsere eigenen Bedürfnisse. Der Rest des Grundstücks ist Ziergarten. Andrew treibt Handel mit importierten Waren, er ist kein Farmer.« Plötzlich schrie sie laut auf und sprang zur Seite. Um ein Haar wäre sie auf eine durch ihr bräunliches Diamantmuster perfekt getarnte Puffotter getreten. »Ich hasse Schlangen. Ich habe extra einen Boy, der nur dafür da ist, Ungeziefer vom Haus fern zu halten. Jeden zweiten Tag erlegt er eine Schlange und steckt sie sich in den Kochtopf. Die Missionare haben ihn bekehrt, er glaubt nicht mehr, dass die Seelen der Ahnen in den Schlangen wohnen.«
    Catherine dachte an die Puffotter auf dem Toilettendeckel und die unzähligen Spinnen, Ratten, Schlangen und Skorpione, die ihr ständig über den Weg liefen, und war neidisch. »Ich habe gehört, dass Durban sich sehr verändert hat?«
    »Oh, die Spelunken und das betrunkene Gesindel sind noch zahlreicher geworden, und wenn es geregnet hat, versinkt man auf den Straßen immer noch bis zu den Knöcheln im Schlamm. Aber es gibt neue Läden und sogar mehrere Gasthäuser. Seit du dort warst, hat sich die Einwohnerzahl und Menge der Häuser mehr als verdoppelt. Die Immigranten strömen so schnell von den Schiffen, dass man mit dem Bau von Unterkünften nicht nachkommt, sodass es häufig aussieht wie beim Zirkus. Überall Zelte oder provisorische Grashütten, dazwischen haufenweise kreischende Gören, flatternde Wäsche, Schafe, Ziegen, blökende Rinder. Viele haben Schiffbruch erlitten, weil sie lügnerischen Grundstücksmaklern aufgesessen sind, aber die Stimmung sonst ist gut. Die Stadt pulsiert. Täglich werden Läden eröffnet, überall ist das Geräusch von Bautätigkeiten zu hören. Ein fröhliches Geräusch.«
    Catherine konnte sich das nur schwer vorstellen. Sie sah hinüber zum Haus. Die gelben Calicovorhänge blähten sich sacht vor 561
    den leeren Fensterhöhlen. »Habt ihr Glas in euren Fenstern?«, fragte sie, bereit, noch neidischer zu werden.
    »Noch nicht. Es ist wirklich ein Skandal. Im Sommer ist es ja noch akzeptabel, aber im Winter eine Zumutung. Ich liege Andrew schon länger in den Ohren, Fensterglas zu importieren, aber entweder geht das Schiff unter, oder das Glas zerbricht, bevor es an Bord geladen wird. Bisher hat es jedenfalls noch nicht geklappt.«
    Sie aßen früh zu Abend. »Wir brauchen unseren Schlaf, wir brechen morgen mit der Sonne auf«, verkündete Andrew. »Den Koch benötigen wir, aber einige meiner Diener lass ich den Damen hier.« Er wandte sich an Johann. »Was ich dich noch fragen wollte: Wie ist Mpande eigentlich mit dem Halunken Khayi verfahren? Ich habe Tim Robertsons Artikel über diesen schändlichen Vorfall gelesen. Aufgehängt gehört dieser Bursche.
    Am Hals, bis er tot ist.« Er machte eine ausrucksvolle Geste.
    Johann runzelte die Brauen und fragte sich insgeheim, wie Andrew reagieren würde, wenn er wüsste, was Häuptling Khayi tatsächlich mit den Elfenbeindieben gemacht hatte. Noch jetzt war er froh, dass Rupert und er die Sache für sich behalten hatten. Die Folgen wären sonst unübersehbar gewesen. Nur Dan hatte er es irgendwann einmal gesagt, ihm das Versprechen abgenommen, mit niemandem darüber zu reden. Jetzt blickte er Andrew an und zuckte die Schultern. »Die letzten Monate waren so turbulent, dass diese Sache leider in den Hintergrund gerückt ist. Ich muss mich schleunigst darum kümmern. Sonst glaubt Khayi, dass er uns Umlungus ungestraft auf der Nase herumtanzen kann, nicht wahr?«

    *
Es wurden himmlische Tage, und Catherine lachte mehr als in dem vergangenen Jahr zusammengenommen. Das Wetter war wechselhaft. Die frische

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