1 - Schatten im Wasser
Catherine.
Abends, als sie sich fürs Bett zurechtmachten, verschloss Catherine sorgfältig alle Türen und stellte ihr Gewehr griffbereit neben das Bett, Lil y legte sich das Messer zurecht. »Man kann ja nie wissen«, bemerkte sie.
Mitten in der Nacht wachte sie auf, als Lil y sie an der Schulter rüttelte.
»Hörst du das? Irgendwo knarrt ein Bodenbrett«, wisperte ihre Freundin.
»Ach, Lil y, du träumst. Schlaf weiter«, murmelte sie und schloss wieder die Augen. »Wird vielleicht Bepperl sein, der in der Küche herumläuft. Er hat sein Körbchen dort.«
»Catherine, das ist kein Hund, das ist ein Mensch. Jemand ist im Haus.
Wach auf!« Lil y ließ nicht locker, und ihre Worte hatten einen Unterton von Angst. »Ich sag's dir, wenn es wieder einer dieser verwünschten Zulus ist, stech ich ihn ab.«
Unwil ig schüttelte Catherine ihre Schlafträgheit ab und lauschte. Schon wollte sie beruhigt zurücksinken, als sie es auch hörte. Huschende Schritte, ein gemurmeltes Wort, ein Schurren von Holz über Holz. »Hölle und Verdammnis«, flüsterte sie. »Jetzt hab ich diesen Scherz aber gründlich satt.« Sie packte ihr Gewehr.
Lil y umklammerte das Messer. »Halt, wo gehst du hin? Unsere Zulus würden es nicht wagen, uns noch einmal zu verlachen. Dieses Mal sind es wirklich Einbrecher, da bin ich sicher. Ich schlage vor, wir fangen fürchterlich an zu schreien, dann ren
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nen sie weg, und unsere großartigen Beschützer wachen vielleicht aus ihrem biertrunkenen Schlaf auf und tun das, wofür sie bezahlt werden.«
Catherine dachte einen Augenblick über diesen Vorschlag nach und befand ihn für gut. »Also, ich zähle bis drei, dann fangen wir an zu schreien.«
Sie zählte, und dann schrien sie, so laut sie konnten. Vor ihrer Tür polterte es, ein Mann fluchte auf Zulu, sie schrien noch lauter, Schritte dröhnten, jemand stolperte und fiel auf den hölzernen Verandaboden, dann entfernten sich die Stimmen. Catherine hörte auf zu schreien und japste nach Luft. Draußen herrschte Totenstil e. Von Mzilikazi und den anderen Zulus war nichts zu sehen, von Jikijiki natürlich auch nicht. »Typisch«, fauchte sie. »Wenn es Schwierigkeiten gibt, laufen sie weg. Warte, ich zünde eine Kerze an.« Im Dunkeln ertastete sie die Zündhölzer. Sie packte ihr Gewehr. »Nimm du die Kerze. Ich seh jetzt nach, was da los ist, und wenn es wieder unsere Leute sind, dann gnade ihnen Gott!«
Im Nachthemd schlichen die beiden Frauen auf den Flur und rüttelten an der Eingangstür. Sie war verschlossen, aber die zur Veranda stand offen und auch die, die von der Küche zum Kochhaus führte. Im Wohnzimmer waren zwei Stühle umgeworfen, das Löwenfell über der Tür und die Vorhänge verschwunden, die Schubladen der Kommode waren aufgerissen und durchwühlt, und in der Küche traten sie in die Scherben eines ihrer Teller. Daneben lag Bepperl mit eingeschlagenem Schädel.
Ein eiskalter Schrecken durchführ Catherine. »Diese Schweine«, flüsterte sie schockiert. Sie feuerte ihr Gewehr nach draußen ab und schrie nach Mzilikazi. »Komm hierher, sofort!«
Nach einer Weile schlichen die Schwarzen, furchtsam die Augen rollend, um die Ecke des Kochhauses, vergewisserten sich erst, dass niemand auf sie lauerte, ehe sie Catherines Befehl Folge leisteten.
Jikijiki ließ sich nicht blicken, aber Mzilikazi streckte vorsichtig seinen Kopf in die Küche; er vermied es, den toten Bepperl anzusehen.
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»Der Tokoloshe ...«, murmelte er, sein Blick war unruhig, wie der eines gehetzten Tieres, das angstvoll einen Fluchtweg sucht.
»Unsinn, es gibt keinen Tokoloshe«, fuhr Catherine ihn wütend an. Dem drei Fuß hohen Wasserteufel, den die Sangomas den Menschen schickten, denen sie schaden wollten, dessen Name allein den tapfersten Zulukrieger grau werden ließ vor Angst, wurde fast jedes Missgeschick zugeschrieben.
»Das waren Menschen, Zulus, wie ihr. Ich habe sie sprechen hören. Für den Rest der Nacht bleibst du hier auf der Veranda.« Sie mochte nicht zugeben, wie beunruhigt sie wirklich war.
»Und ihr auch«, wies Lil y ihre Diener an. »Hier vor unsere Tür legt ihr euch und rührt euch nicht vom Fleck, verstanden?«
Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Weder die beiden Frauen noch ihre Bewacher taten ein Auge zu. Übernächtigt und aufgewühlt nahmen sie am nächsten Morgen ihr Frühstück ein. Mzilikazi machte einen seltsam gedrückten Eindruck und legte ungewohnten Eifer bei der Verrichtung seiner Aufgaben an den Tag.
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