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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Frühlingsluft wurde schwerer und feuchter, und jetzt in den ersten Tagen des Septembers war die kommende Sommerhitze gelegentlich schon zu spüren. Die
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    Jagdgesellschaft hatte ihre Vorratskammer restlos geleert, und sie musste gleich am ersten Tag zwei Brote backen. Es stellte sich heraus, dass Lil y nicht die entfernteste Ahnung von derartigen Tätigkeiten hatte, und sie sonnte sich in ihrer Bewunderung.
    »Ich bin schon ein verwöhntes Ding«, gab ihre Freundin vergnügt zu, bohrte einen Finger in den klebrigen Teig und leckte daran. »Bah. Der ist ja sauer. Auf Inqaba würde ich kläglich versagen.«
    »Dann wirst du bei mir etwas fürs Leben lernen«, schmunzelte Catherine, froh, einmal nicht der Grünschnabel zu sein. Sie setzte die Brotform auf die Steine in den gusseisernen Topf, wie sie es von Mila gelernt hatte, und häufte mit geübter Bewegung glühende Kohlen auf den Deckel. Mzilikazi befahl sie, aufs Feuer zu achten. »In etwa einer Stunde haben wir frisches Brot. Als Nächstes bringe ich dir bei, wie man Bambuskerzen gießt, sonst sitzen wir heute Abend im Dunkeln.«
    »Muss ich das lernen?«, maulte Lil y. »Bei uns machen das die Hausmädchen.«
    »Man weiß nie, wozu es gut ist«, belehrte sie Catherine streng.
    Andrews Zulus waren in Sicelos Hütte untergebracht. Sie kochten ihr eigenes Essen, und bis in die Nacht noch konnten die zwei Frauen sie mit Mzilikazi und Jikijiki singen und lachen hören. Ihre Gesänge vereinten sich mit den Geräuschen der Nacht, der Wind raschelte leise im Busch, und die beiden Frauen schliefen bald ein.
    »Hoffentlich besucht uns kein Löwe. Wir wären zwei leckere Happen für den«, scherzte Lil y und schmiegte sich an ihre Freundin.
    Sie waren gerade in den Tiefschlaf gesunken, als markerschütternde Schreie durch die Nacht gellten. Beide Frauen fuhren hoch. Es polterte, raue Stimmen brüllten, Jikijiki schrie, und dann hörten sie das tiefe, heisere Röhren, den unverkennbaren Ruf des Königs der Tiere.
    »Um Gottes wil en, Löwen! Unsere Boys werden gefressen«, kreischte Lil y. »Gleich sind wir dran, Catherine, wo ist dein Gewehr?«
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    Der schlug das Herz bis zum Hals. Der Krach war nervenzerfetzend.
    Zitternd tastete sie nach ihrem Gewehr und umklammerte es, spannte den Hahn und zielte auf das schwach vom Mondlicht erleuchtete Rechteck des Fensters, bereit, auf jeden und alles zu schießen, was sich dort zeigen würde.
    Für kurze Zeit ging der Kampf weiter, die Schreie wurden schril er, das Knurren der Großkatze lauter, doch dann hörte das Getöse abrupt auf. Es herrschte wieder Ruhe, nur ein deutliches, trockenes Knacken durchbrach die Stil e der Nacht. Langsam ließ Catherine ihr Gewehr sinken. Bei den Hütten fand ohne Zweifel ein grausames Festmahl statt. »Gott steh uns bei.
    Das Vieh frisst sie auf. Hörst du ihre Knochen knacken?«, flüsterte sie.
    Todesmutig lief sie in die Küche, griff sich ihr größtes Messer und rannte wie von Furien gehetzt zurück ins Schlafzimmer.
    Aneinander geklammert, Gewehr und Messer in der Hand, verbrachten die beiden jungen Frauen schlaflos den Rest der Nacht. Erst bei Sonnenaufgang schlichen sie im Nachthemd, Catherine mit dem Gewehr in der Hand, Lil y bewaffnet mit dem Küchenmesser, nach draußen und spähten um die Ecke des Kochhauses hinüber zu den Hütten, gefasst, die entsetzlichsten Dinge zu sehen.
    Was sie entdeckten, verschlug ihnen die Sprache. Mzilikazi, Jikijiki und Andrews Zulus hockten vor einem munter flackernden Feuer und aßen Phutu. Völlig unverletzt und offensichtlich in fröhlichster Laune. Als sie der beiden verstörten Frauen ansichtig wurden, lachten sie aus vollem Halse, schlugen sich auf die Schenkel und lachten, während ihnen die Tränen aus den Augen strömten. Auch Jikijiki lachte. Sie lachte so sehr, dass sie hinten überfiel und kaum noch atmen konnte.
    »Jikijiki, was war hier heute Nacht los?«, fauchte Catherine; sie hätte das Mädchen am liebsten an der Gurgel gepackt und geschüttelt.
    Es dauerte eine Weile, bis einer von Andrews Leuten imstande war, ihr das zu erklären. Von Lachanfällen unterbrochen, erzählte er, dass sie die beiden Nkosikasis nur ein wenig erschrecken
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    wollten. Mzilikazi hätte den Löwen gespielt, er sei ein Meister darin. Jikijiki und sie hätten dazu laut geschrien und zum Schluss Stein auf Stein geschlagen, um das Knacken von Knochen nachzuahmen. Sein Grinsen war breit und herausfordernd.
    Schweigend starrte sie die Schwarzen an, kämpfte

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