1 - Schatten im Wasser
Catherine vermutete, dass er sich ob seines hasenherzigen Verhaltens in der Nacht schämte. »Ich habe alles durchgesehen, außer dem Löwenfell und den Fenstervorhängen fehlt nur meine Lupe.« Sie goss sich ihre dritte Tasse Kaffee ein. »Wil st du auch noch mehr Kaffee? Ich wache sonst nicht auf.«
Lil y nickte und hielt ihre Tasse hin. »Lupe? Was soll denn ein Zulu mit einem Vergrößerungsglas anfangen?«, fragte sie und bestrich ihr Brot fingerdick mit Amatungulugelee.
Catherine erzählte es ihr.
Lil y starrte sie an. »Die Sonne um Feuer bitten? Ja, das würde ihnen gefallen, so kindisch, wie sie sind«, rief sie und lachte sich halb tot, als ihr Catherine beschrieb, mit welchen Taschenspielertricks sie den alten Häuptling und seine junge Frau in die Flucht geschlagen hatte. »Wie einfallsreich du bist. Einfach seine Feinde zu verkleinern, darauf muss man erst einmal kommen! Doch vielleicht ist es nur ein ganz gewöhnlicher Raubzug gewesen, und die Lupe haben sie zufällig mitgehen lassen.«
Catherine aber spürte ein Flattern im Magen, das sie sich nicht erklären konnte. Erst die Tierpräparate ihres Vaters und 569
nun die Lupe. »Sie haben Bepperl erschlagen, vergiss das nicht. Wir können uns das nicht gefallen lassen. Johann wird sich bei König Mpande beschweren müssen. Ich bin zu oft allein.«
Unter dem Baum, in dessen dichtem Schatten er so gern die heißen Stunden des Tages verbrachte hatte, begrub sie ihren Hund. Danach nagelte sie die Läden vor das Schlafzimmerfenster, und nachts verbarrikadierte sie sämtliche Türen. Mzilikazi und Andrews zwei Zulus mussten jede Nacht vor ihrer Schlafzimmertür auf der Veranda schlafen.
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KAPITEL 17
Zuerst hörten sie die Hunde in der Ferne kläffen, das Rumpeln der Ochsenwagen und Gebrüll ihrer Führer und dann Johlen und Triumphgeheul. Catherine und Lil y sahen sich an.
»Das sind unsere Männer, wenn ich mich nicht täusche«, sagte Lil y.
»Sind sie nicht wie kleine Jungs?« Doch sie raffte ihren Rock und lief trotz des strömenden Regens auf den Hof. Catherine folgte ihr auf den Fersen.
Die Männer waren über eine Woche weg gewesen, und zu ihrem Erstaunen sehnte sie sich nach Johann.
»Mzilikazi!«, brüllte Johann und warf dem im Laufschritt erscheinenden Zulu die Zügel Shakespeares hin. Er schien in Hochstimmung zu sein.
»Versorg die Pferde und mach ein großes Feuer.« Dann breitete er seine Arme aus und fing seine Frau auf. »Wie gut ist es, dich wieder im Arm zu halten«, flüsterte er. »Sieh, was ich mitgebracht habe.« Stolz zeigte er auf ein Bündel Elfenbeinzähne.
Acht Stück zählte sie. »Sind die wertvoll?«
Er nickte vergnügt. »Ziemlich. Der kleinste wiegt über hundertzehn englische Pfund, ich denke, dass ich mindestens acht oder sogar zehn Shil inge fürs Pfund bekommen werde. Ich werde eine Geheimkammer unter dem Wohnzimmerboden anlegen und sie dort einlagern, bis ich sie zu Geld mache. Du brauchst doch ein Kleid, nicht wahr? Und Papier? Nun, wir müssen ein paar Rinder nach Durban zur Auktion treiben, da werde ich die Stoßzähne verkaufen. Die Preise sind bestens momentan. Bei flottem Ritt werden wir zwei Wochen unterwegs sein. Wir könnten bei den Farringtons wohnen ...«
»Das kommt überhaupt nicht infrage«, mischte sich Lil y ein. »Ihr kommt zu uns, und mach dich darauf gefasst, dass Catherine sich neu einkleiden muss. Es wird mindestens der Preis für einen ganzen Zahn dabei draufgehen.«
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Catherine strahlte und funkelte, und Johann hätte sich in diesem Moment freudig vierteilen lassen, nur um diese Glückseligkeit, diesen Glanz in ihren Augen für immer zu erhalten. »Habt ihr eine schöne Zeit gehabt?
Erzähl doch, was ihr gemacht habt.«
Schnell wurde sie ernst und erzählte ihm von dem Einbruch. »Sie haben Bepperl erschlagen und das Löwenfell, die Vorhänge und meine Lupe gestohlen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, was sie damit anstellen wollen.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie können kein Unheil mit der Lupe anrichten.
Höchstens Feuer machen. Bepperl wird sie wohl angegriffen haben, das arme Tier. Ich werde mich bei König Mpande beschweren. Der soll entscheiden, was mit den Dieben geschieht. Wenn man sie überhaupt fasst.« Er sagte es leichthin, um sie nicht zu beunruhigen, denn er glaubte nicht, dass es ein einfacher Diebstahl war. »Wo waren im Übrigen Mzilikazi und die Zulus von Andrew Sinclair? Die sollten euch doch beschützen.«
Sie verdrehte die Augen. »Da, wo die
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