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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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sagte Maxim. Mit der freien Hand zog er den Dolch aus der Tasche. »Ich muss es, und ich werde dich retten.«

Sieben
    Als Erstes erkannte ich das Auto.
    Dann den Wilden, der ihm entstieg.
    Melancholie schlug über mir zusammen, schwere, düstere Melancholie. Da stand der Mann, der mich gerettet hatte, nachdem ich in Olgas Körpers aus dem Maharadscha geflohen war.
    Hätte ich es wissen müssen? Vielleicht, wenn ich mehr Erfahrung und Zeit gehabt hätte, wenn ich gelassener gewesen wäre. Die Frau, die mit ihm im Auto saß – ich hätte mir zumindest ihre Aura ansehen sollen. Swetlana hatte schließlich eine genaue Beschreibung geliefert. Ich hätte die Frau erkennen können – und damit auch den Wilden. Schon im Auto hätte ich die Angelegenheit zu Ende bringen können.
    Nur zu welchem?
    Ich tauchte ins Zwielicht ein, als der Wilde in meine Richtung blickte. Offensichtlich klappte das, denn er ging weiter, auf den Hauseingang zu, in dem ich irgendwann einmal neben dem Müllschlucker gesessen und ein düsteres Gespräch mit einer weißen Eule geführt hatte.
    Der Wilde ging Jegor töten. Genau, wie ich vermutet hatte. Genau, wie Sebulon es geplant hatte. Die Falle stand vor mir, die straff gespannte Feder zog sich langsam zusammen. Noch ein Schritt, und die Tagwache könnte sich über eine erfolgreich abgeschlossene Operation freuen.
    Wo steckst du, Sebulon?
    Das Zwielicht gab mir Zeit. Der Wilde ging weiter und weiter auf das Haus zu, setzte bedächtig einen Fuß vor den anderen, während ich Ausschau hielt, die Umgebung nach dem Dunkel absuchte. Wenigstens eine Spur davon, wenigstens den Atem, einen Schatten …
    Die Konzentration von Magie um mich herum war beachtlich. Hier liefen die Realitätsfäden zusammen, die in die Zukunft führten. Eine Kreuzung von hundert Wegen, ein Punkt, an dem die Welt entscheidet, welche Richtung sie einschlagen würde. Unabhängig von mir, dem Wilden oder dem Jungen. Wir alle sind bloß ein Teil der Falle. Statisten. Einer musste sagen: »Es ist angerichtet!«, ein anderer den Sturz vorspielen, ein dritter mit stolz erhobenem Kopf das Schafott besteigen. Zum zweiten Mal wurde dieser Punkt Moskaus zur Arena einer unsichtbaren Schlacht. Doch ich sah keine Anderen, weder Lichte noch Dunkle. Nur den Wilden, der aber selbst jetzt nicht als Anderer zu erkennen war, funkelte doch lediglich auf seiner Brust ein Klumpen Kraft. Zuerst hielt ich es für sein Herz. Dann begriff ich, dass es sich um die Waffe handelte, jene Waffe, mit der er die Dunklen ermordete.
    Was soll das, Sebulon? Empörung packte mich, blödsinnige Empörung. Ich bin gekommen! Bin in deine Falle getappt, schau doch, der Fuß schwebt schon darüber. Jetzt nimmt alles seinen Lauf. Wo bist du?
    Entweder vermochte sich der Dunkle Magier so geschickt zu verstecken, dass es über meine Kräfte ging, ihn zu entdecken, oder hier war überhaupt niemand!
    Ich hatte verloren. Verloren noch vor dem Abpfiff, weil ich den Plan des Gegners nicht durchschauen konnte. Das Ganze war doch ein Hinterhalt, die Dunklen mussten den Wilden doch umbringen, sobald er Jegor ermordet hatte.
    Wie würde er das tun?
    Immerhin war ich auch noch da. Würde ihm alles erklären, ihm von den Wachen berichten, die einander beobachten, von dem Vertrag, der uns zwingt, Neutralität zu wahren, von den Menschen und den Anderen, von der Welt und dem Zwielicht. Würde ihm alles erzählen, was ich Swetlana gesagt hatte, und er würde es verstehen.
    Oder?
    Wenn er doch das Licht nicht sieht!
    Die Welt ist für ihn eine graue hirnlose Schafsherde. Die Dunklen sind die Wölfe, die um sie herumstreichen und sich die fettesten Lämmer schnappen. Und er selbst ist der Wachhund. Nicht in der Lage, die Schäfer zu sehen, blind vor Angst und Wut, stürzt er sich bald hierhin, bald dorthin, kämpft allein gegen alle.
    Er wird mir nicht glauben, sich nicht erlauben, mir zu glauben.
    Ich raste auf den Wilden zu. Die Haustür stand offen, der Wilde sprach bereits mit Jegor. Warum geht dieser dumme Bengel so spät abends noch weg, mitten in der Nacht, wo er doch nur zu gut weiß, welche Kräfte unsere Welt beherrschen? Ob der Wilde seine Opfer anlocken kann?
    Reden würde nichts bringen. Ich musste aus dem Zwielicht angreifen. Ihn überwältigen. Und ihm erst dann alles erklären!
    Das Zwielicht winselte mit tausend verletzten Stimmen auf, als ich im Lauf gegen die unsichtbare Barriere prallte. Drei Schritte von dem Wilden entfernt, der die Hand bereits zum Schlag erhoben

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