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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zögern stürmte ich los.
    Anscheinend hatte sich heute alles gegen mich verschworen. Sie war nicht da. Ignat und Lena entgegen meiner Vermutung auch nicht. Bei Tigerjunges hatte Julenka übernachtet. Das Mädchen schlief noch, ein Arm und ein Bein hingen wie bei einem Kind aus dem Bett.
    Mittlerweile war mir völlig egal, wen ich um Hilfe bat. Vorsichtig trat ich an das Riesenbett heran und hockte mich daneben hin. »Julja, Julenka …«, flüsterte ich.
    Blinzelnd öffnete das Mädchen die Augen.
    »Verkatert?«, fragte sie voller Mitleid.
    »Ja.« Das Nicken sparte ich mir, denn in meinem Kopf hatte man eben eine kleine Granate gezündet.
    »Schlimm?«
    Sie schloss die Augen und döste meiner Meinung nach sogar wieder ein, die Arme um meinen Hals gelegt. Ein paar Sekunden lang geschah gar nichts, dann ließ der Schmerz rasch nach. Als ob in meinem Nacken ein geheimer Hahn aufgedreht worden sei und das aufgestaute brodelnde Gift abflösse.
    »Danke«, flüsterte ich nur. »Danke, Julenka.«
    »Trink nicht so viel, du kannst das nicht«, brummelte das Mädchen und fing an zu schnaufen – so gleichmäßig, als ob sie von einem Augenblick auf den anderen von Arbeit auf Schlaf umgeschaltet hätte. Das können nur Kinder und Computer.
    Ich stand auf und registrierte voller Begeisterung, dass die Welt ihre Farben zurückgewonnen hatte. Natürlich hatte Semjon Recht. Man muss die Verantwortung übernehmen. Nur manchmal reichen die Kräfte dafür nicht. Ganz und gar nicht. Ich schaute mich im Zimmer um. Das Schlafzimmer war in Beigetönen gehalten, selbst das schräge Fenster leicht getönt, die Stereoanlage golden, der flauschige Teppich hellbraun.
    Nicht sehr nett von mir. Hier ungefragt einzudringen.
    Leise ging ich zur Tür und hörte, als ich gerade hinausgehen wollte, Juljas Stimme.
    »Du kaufst mir ein Snickers, ja?«
    »Zwei«, versprach ich.
    Ich hätte jetzt noch eine Runde schlafen können, aber mit dem Bett verbanden sich zu viele unangenehme Erinnerungen. Als ob ich mich nur hinzulegen bräuchte, und der im Kopfkissen versteckte Schmerz würde erneut über mich herfallen. Daher schlüpfte ich bloß ins Zimmer rein, um mir meine Jeans und mein Hemd zu schnappen, und zog mich an der Tür an.
    Es schliefen doch nicht wirklich noch alle? Tigerjunges stromerte immerhin schon irgendwo draußen herum, irgendjemand würde sicher ins Gespräch vertieft bei einer Flasche bis zum Morgen dagesessen haben.
    Im ersten Stock gab es noch einen kleinen Flur, in dem ich Danila und Nastja aus der wissenschaftlichen Abteilung vorfand, die friedlich auf einem kleinen Sofa schliefen. Rasch zog ich mich zurück. Schüttelte den Kopf. Danila hatte eine sehr liebe, sehr sympathische Frau, Nastja einen älteren Mann, der sie wahnsinnig liebte.
    Sicher, das waren nur Menschen.
    Wir dagegen sind die Anderen, die Kämpen des Lichts. Was will man machen, wir haben eine andere Moral. Wie an der Front mit den Kriegsromanzen und den kleinen Krankenschwestern, die Offiziere wie einfache Soldaten nicht nur am Krankenlager trösten. Zu scharf spürst du im Krieg den Geschmack des Lebens.
    Dann gab es hier oben noch eine Bibliothek. Dort entdeckte ich Garik und Farid. Da waren sie, diejenigen, die die ganze Nacht durchgequatscht hatten, bei einem Fläschchen – wobei es bei einem nicht geblieben war. Sie waren in den Sesseln eingeschlafen, offenbar erst vor kurzem: Vor Farid rauchte auf dem Tisch noch ganz leicht die Pfeife. Am Boden lagen Stapel von Büchern, die sie aus den Regalen genommen hatten. Worüber sie wohl gestritten hatten, dabei Schriftsteller und Dichter, Philosophen und Historiker als Bundesgenossen zitierend?
    Über eine hölzerne Wendeltreppe ging ich nach unten. Ob sich jemand finden würde, der diesen ruhigen friedlichen Morgen mit mir teilte?
    Im Wohnzimmer schliefen ebenfalls noch alle. Als ich in die Küche schaute, entdeckte ich niemanden, sah man einmal von einem Hund ab, der sich in eine Ecke drückte.
    »Wieder aufgetaut?«, fragte ich.
    Der Terrier bleckte die Zähne und winselte kläglich.
    »Wer hat dich denn gestern auch gebeten zu kämpfen?« Ich kniete mich vor den Hund. Nahm ein Stück Wurst vom Tisch, was das gut erzogene Tier sich selbst nicht traute. »Nimm.«
    Die Schnauze schnappte über meiner Hand zusammen und verschlang das Stück Wurst.
    »Wenn du gut bist, ist man auch gut zu dir!«, erklärte ich ihm. »Und drück dich nicht in den Ecken herum.«
    Aber irgendjemand musste doch schon wach sein!
    Ich

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