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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Keine. Als Todesursache wurde der vollständige Verlust der Lebensenergie genannt.
    »Alle Achtung«, sagte Semjon. »Ich kann mich noch erinnern, wie man mich während des Bürgerkriegs losgeschickt hat, um einen Tigermenschen aus dem Verkehr zu ziehen. Und dieser Dreckskerl war bei der Tscheka, und durchaus kein kleines Licht …«
    »Haben sich alle mit dem Fall vertraut gemacht?«, wollte der Chef wissen.
    »Darf ich was fragen?« Am anderen Ende des Raums erhob sich ein dünner Arm. Fast alle mussten lächeln.
    Der Chef nickte. »Nur zu, Julja.«
    Die jüngste Mitarbeiterin der Wache erhob sich und strich sich unsicher die Haare zurück. Ein liebes Mädchen, wenn auch noch ein wenig kindlich. Doch in die analytische Abteilung hatte man sie nicht ohne Grund aufgenommen.
    »Boris Ignatjewitsch, meiner Ansicht nach haben wir es mit einer magischen Einwirkung zweiten Grades zu tun. Oder ersten?«
    »Möglicherweise zweiten Grades«, bestätigte der Chef.
    »Das heißt, das können nur Sie gemacht haben …« Julja schwieg einen Moment lang verlegen. »Oder Semjon … Ilja … oder Garik. Stimmt’s?«
    »Garik hätte es nicht gekonnt«, erwiderte der Chef. »Ilja und Semjon vermutlich schon.«
    Semjon grummelte etwas in der Art, auf das Kompliment könne er gern verzichten.
    »Außerdem könnte den Mord noch ein Lichter verübt haben, der auf der Durchreise in Moskau ist«, dachte Julja laut. »Andererseits wäre ein Magier von solcher Kraft kaum unbemerkt in die Stadt gelangt, sie müssen ja alle zur Registrierung in die Tagwache. Das heißt also, dass wir drei Personen überprüfen müssen. Sollten alle ein Alibi haben, kann man uns doch wohl nichts vorwerfen?«
    »Julenka«, meinte der Chef nickend, »uns wirft niemand dergleichen vor. Die Sache ist die, dass in Moskau ein Lichter Magier agiert, der nicht registriert ist und der den Vertrag nicht kennt.«
    Was man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte …
    »Oh, also dann …«, sagte Julja. »Verzeihen Sie bitte, Boris Ignatjewitsch.«
    »Du hast alles richtig dargelegt.« Der Chef nickte. »Damit sind wir gleich beim Kern der Frage. Uns ist irgendjemand entgangen, Kinder. Wir haben ihn verpennt, uns durch die Finger gleiten lassen. Durch Moskau irrt ein Lichter Magier von großer Kraft. Der keine Ahnung hat – und Dunkle ermordet.«
    »Ermordet?«, fragte jemand im Raum.
    »Ja. Ich habe die Archive durchgestöbert. Vergleichbare Fälle hat es vor drei Jahren schon gegeben, im Herbst und im Frühjahr, und vor zwei Jahren im Herbst. Jedes Mal ließen sich am Körper keine Verletzungen entdecken, während in der Kleidung Schnitte festgestellt wurden. Die Tagwache hat in der Sache ermittelt, konnte aber nichts herausfinden. Offenbar hielten sie den Tod ihrer Leute für einen Zufall … wofür jetzt jemand von den Dunklen büßen wird.«
    »Und von den Lichten?«
    »Ebenfalls.«
    Semjon räusperte sich. »Das ist eine seltsame Periodizität, Boris …«, sagte er leise.
    »Vermutlich kennen wir nicht alle Fälle, Kinder. Wer auch immer dieser Magier sein mag, er hat stets Andere mit nicht sehr ausgeprägten Fähigkeiten getötet, die in ihrer Maskierung offenbar nachlässig gewesen sind. Es ist durchaus möglich, dass ihm weitere, nicht initiierte oder den Dunklen unbekannte Andere zum Opfer fielen. Deshalb schlage ich vor …« Der Chef ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Die analytische Abteilung sammelt kriminalistische Informationen und sucht nach vergleichbaren Fällen. Denkt daran, dass sie womöglich nicht als Mord geführt werden, sondern als Tod unter ungeklärten Umständen. Geht die Obduktionsergebnisse durch, befragt die Mitarbeiter in den Leichenschauhäusern … Überlegt selbst, wie ihr an weitere Informationen kommt. Die wissenschaftliche Gruppe … schickt zwei oder drei Leute in die Tagwache, um die Leiche zu untersuchen. Ihr müsst herausfinden, wie er die Dunklen umbringt. Lasst ihn uns der Einfachheit halber den Wilden nennen. Die operative Gruppe … verstärkt die Streifen in den Straßen. Sucht ihn, Kinder.«
    »Wir machen die ganze Zeit nichts anderes, als irgendjemanden zu suchen«, murrte Igor unzufrieden. »Ein starker Magier wär uns aufgefallen, Boris Ignatjewitsch! Mit Sicherheit!«
    »Eventuell ist er nicht initiiert«, entgegnete der Chef. »Seine Fähigkeiten treten nur periodisch auf …«
    »Im Frühling und im Herbst, wie bei jedem Irren …«
    »Ja, Igor, völlig richtig. Im Frühling und im Herbst. Und jetzt,

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