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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Frühling etwas übersehen, sondern wie ein unverzichtbares Element des Interieurs. Wie eine Erinnerung …
    Lächelnd ging ich zur Metro.
    Manchmal ist es sehr schön, ein Mensch zu sein. Bereits seit einer Woche führte ich jetzt dieses Leben: ging zur Arbeit, blieb aber immer im ersten Stock, kämpfte mit dem Server, der urplötzlich eine Reihe merkwürdiger Angewohnheiten an den Tag legte, installierte für die Mädchen aus der Buchhaltung neue Programme, von deren Notwendigkeit weder sie noch ich überzeugt waren. Abends ging ich ins Theater, zum Fußball, in kleine Bars oder Restaurants. Egal wohin, Hauptsache, es war laut und voller Menschen. Ein Mensch in der Menge zu sein ist noch viel interessanter, als einfach ein Mensch zu sein.
    Im Büro der Nachtwache – untergebracht in einem alten dreistöckigen Gebäude, das wir bei unserer eigenen Tochterfirma angemietet hatten – fand man natürlich weit und breit keinen Menschen. Sogar die drei alten Putzfrauen waren Andere. Selbst die dreisten jungen Wachleute am Eingang, die kleine Banditen und Handelsreisende abschrecken sollten, verfügten über ein gewisses magisches Potenzial. Sogar der Klempner – ein Säufer, wie jeder anständige Klempner in Moskau – war ein Magier … und wäre gar kein schlechter Magier gewesen, wenn er nicht dem Alkohol verfallen wäre.
    Wie allenthalben wirkten die beiden untersten Stockwerke absolut unauffällig. Bis hierhin durfte sich die Steuerpolizei vorwagen, aber auch unsere Geschäftspartner aus der Menschenwelt oder unsere Paten. Die Paten ihrerseits steuerte zwar der Chef persönlich – doch das ging das gemeine Fußvolk ja wohl kaum etwas an, oder?
    Auch die Gespräche, die hier geführt wurden, waren ganz alltäglich. Politik, Steuern, Einkäufe, das Wetter, Liebesaffären von anderen und die eigenen amourösen Abenteuer. Die Frauen hechelten die Männer durch, wir blieben ihnen nichts schuldig. Man fing ein Techtelmechtel an, spann Intrigen, um am Stuhl der direkten Vorgesetzten zu sägen, und erörterte die Aussichten auf eine Prämie.
    Bis nach Sokol brauchte ich eine halbe Stunde. Ich verließ die Metro. Hier draußen war es laut, die Luft vom Gestank der Autoabgase geschwängert. Und trotzdem – es war Frühling.
    Unser Büro liegt nicht im miesesten Bezirk Moskaus. Überhaupt nicht – wenn man ihn nicht gerade mit dem Sitz der Tagwache vergleicht. Doch wie man es auch dreht und wendet, der Kreml ist nichts für uns: Allzu deutlich sind die Spuren, die die Vergangenheit dem Roten Platz und den alten Ziegelmauern aufgedrückt hat. Vielleicht verschwinden sie irgendwann einmal. Doch bislang sieht es nicht danach aus … leider.
    Von der Metro ging ich zu Fuß, denn ich hatte es nicht weit. Um mich herum nur fröhliche Gesichter, von Sonne und Frühling erwärmt. Dafür liebe ich diese Jahreszeit: Sie mindert das Gefühl der schwermütigen Ohnmacht. Und man wird weniger in Versuchung geführt …
    Einer der Wachleute rauchte vorm Eingang. Er nickte mir freundlich zu, eine genaue Kontrolle gehörte nicht zu seinen Aufgaben. Von mir hingegen hing ab, ob der Computer in ihrer Kammer einen Zugang zum Internet kriegte und ein paar aktuelle Spiele installiert wurden oder ob man über ihn nur an interne Information und die Dossiers über die Mitarbeiter kam.
    »Du bist spät dran, Anton«, bemerkte er leichthin.
    Mit zweifelndem Blick sah ich auf die Uhr.
    »Der Chef hat alle in den Konferenzraum beordert, sie suchen dich schon.«
    Das war merkwürdig, da ich normalerweise nicht zu der morgendlichen Besprechung hinzugebeten wurde. Ob etwas mit dem Betriebssystem passiert war? Wohl kaum, denn dann hätte man mich aus dem Bett geklingelt und all das, es wäre nicht das erste Mal gewesen.
    Ich nickte und legte einen Zahn zu.
    Im Haus gibt es zwar einen Fahrstuhl, doch der ist uralt, sodass ich es vorzog, in den dritten Stock zu sprinten. Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock gab es einen weiteren Posten, der schon wichtiger war. Garik hatte Dienst. Als ich mich näherte, kniff er die Augen zusammen und sah durchs Zwielicht, um meine Aura zu scannen und alle die Zeichen zu überprüfen, die wir Wächter am Körper tragen. Erst danach sagte er freundlich: »Beeil dich.«
    Die Tür zum Konferenzraum stand einen Spalt auf. Ich spähte hinein: Dreißig Mitarbeiter hatten sich versammelt, vor allem aus der operativen und der analytischen Abteilung. Der Chef ging vor einer Karte von Moskau auf und ab und nickte, während Witali

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