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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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finde ich euch! Ich habe euch unter tausend Todesgefahren gesucht, um euch zu retten. Habt ihr euch gewehrt? Seid ihr etwa verwundet?“
    Es klang eine fast liebevolle Besorgnis aus diesen Worten.
    „Nein, wir sind gesund und unbeschädigt“, antwortete Rollins.
    „So wartet eine kleine Weile; ich will sehen, ob es mir gelingt, eine Leiter herbeizuschaffen. Es stehen zwar überall Wächter da oben, aber ich will, um euch zu retten, gern mein Leben wagen.“
    Der Kopf verschwand aus der Öffnung.
    „Gott sei Dank! Wir werden entkommen!“ seufzte der Bankier, indem er sich durch einen tiefen, tiefen Atemzug erleichterte. „Das war Grinley, unser Ölprinz. Nicht?“
    „Ja“, antwortete der Buchhalter. „Zwar konnte ich sein Gesicht nicht sehen, aber ich habe ihn an der Stimme erkannt, obgleich er nur flüstern durfte.“
    „Er holt uns heraus; er riskiert sein Leben, um uns zu befreien. Ist das nicht brav, außerordentlich brav von ihm?“
    „Sehr!“
    „Da sieht man wieder einmal, wie sich Leute, die sonst scharfsinnig sind, in einem Menschen irren können! Man wollte ihn zum Betrüger stempeln. Jetzt können wir die feste Überzeugung haben, daß er unser vollstes Vertrauen verdient. Ihr seht, wie ehrlich und treu er ist. Ich werde gewiß nicht wieder an ihm zweifeln.“
    Jetzt erschien der Ölprinz wieder an der Öffnung. Er ließ eine Leiter herab und forderte die beiden mit leiser Stimme auf:
    „Es ist mir gelungen. Da habt ihr die Leiter. Kommt herauf!“
    „Wir können nicht, denn wir sind gefesselt“, antwortete Rollins.
    „Das ist schlimm, sehr schlimm, denn da vergeht eine kostbare Zeit, weil ich zu euch hinunter muß.“
    Er kam zu ihnen hernieder, betastete ihre Fesseln und schnitt dieselben durch. Sie standen auf und dehnten ihre Glieder, um das stockende Blut wieder in Umlauf zu bringen. Dabei erkundigte sich Rollins:
    „Das werde ich Euch nie vergessen, Sir! Aber sagt mir doch einmal, wie es Euch gelungen ist, hier – – –“
    „Pst, still!“ fiel ihm der Ölprinz in die Rede. „Davon später. Jetzt haben wir keine Zeit. Es gilt, schnell fortzukommen, da jeden Augenblick jemand nach euch sehen kann; dann wären wir verloren. Kommt also schnell herauf! Aber richtet euch nicht etwa in die Höhe, denn da würdet ihr sofort gesehen. Wir müssen uns kriechend entfernen.“
    Er stieg empor, und sie folgten ihm. Oben legten sie sich glatt auf das Dach nieder.
    „Schaut hinauf!“ flüsterte er ihnen zu. „Seht ihr die Wächter?“
    Sie sahen im hellen Sternenschein Indianer auf den oberen Terrassen stehen. In ihrer Unerfahrenheit fiel es ihnen gar nicht auf, daß grad hier unten bei ihnen, wo ein Posten doch am notwendigsten gewesen wäre, keiner stand. Und noch viel weniger kamen sie auf den Gedanken, daß sie von den Wächtern da oben recht gut gesehen wurden und das Gebaren des Ölprinzen nichts war als die reine Spiegelfechterei. Er ließ das Loch offen und die Leiter in demselben stecken und raunte ihnen zu: „Folgt mir ganz leise bis hin zum Rand, wo ich eine Leiter angelegt habe. Wenn wir nicht gesehen werden und erst unten sind, dann haben wir nichts mehr zu fürchten.“
    Sie krochen nach der Kante der ersten Terrasse und sahen dort die Leiter lehnen. Auch das fiel ihnen nicht auf. Sie stiegen einer nach dem andern hinunter und befanden sich nun außerhalb des Pueblo.
    „Endlich, endlich!“ sagte da der Ölprinz. „Es ist gelungen. Nun schnell fort von hier!“
    „Noch nicht, Mr. Grinley“, sagte der gewissenhafte Buchhalter. „Unsre Gefährten sind doch jedenfalls auch gefangen?“
    „Allerdings.“
    „Wollen wir sie stecken lassen? Wir haben wohl die Pflicht ihnen –“
    „Unsinn!“ fiel ihm der andre in die Rede. „Was fällt euch ein! Der Häuptling hat gelogen. Seine Krieger sind nicht auf der Jagd, sondern hier. Was können wir drei gegen sechzig bis siebzig wohlbewaffnete Indianer tun? Wir würden ins sichere Verderben rennen. Seid froh, daß ich euch herausgeholt habe! Jedes längere Verweilen muß uns Verderben bringen.“
    „Das mag richtig sein; aber es tut mir doch leid um die, welche wir nicht retten können.“
    „Oh, die werden schon selbst für sich sorgen. Es sind ja tüchtige Kerls dabei, welche gewiß einen Ausweg finden werden.“
    „Das beruhigt mich. Aber wie kommen wir fort? Man wird uns wahrscheinlich verfolgen. Ja, wenn wir unsere Pferde und Waffen hätten. Auch unser Gepäck wird uns fehlen.“
    „Es ist alles da; ich habe alles

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