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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Beleidigung, welche diesem ein mitleidiges Lächeln entlockte. Nachdem noch einmal sorgfältig nachgesehen worden war, daß es den Gefangenen ganz unmöglich sei, durch eigene Anstrengung loszukommen, bestiegen die beiden Freunde ihre Pferde und ritten fort, dem Pueblo entgegen.
    Ka Maku warf ihnen haßerfüllte Blicke nach und sagte sich: „Diese beiden Hunde waren meine Freunde, sind aber nun meine Feinde geworden. Sie irren sich. Sie glauben, die gefangenen Bleichgesichter befreien zu können, werden aber selbst ergriffen werden, da es ihnen nicht gelingen kann, unsern Wächter zu täuschen. Sie sind zwar Meister des Anschleichens, aber ein Pueblo kann nicht beschlichen werden. Auf keinen Fall werden wir hier lange liegen, denn wenn wir nicht bald zurückkehren, wird man Boten aussenden, welche uns suchen und bald finden werden.“
    Darin täuschte sich Ka Maku freilich. Es fiel seinen Leuten gar nicht ein, nach ihm und seinen drei Gefährten wie nach verlorenen Kindern zu suchen. Daß sie nicht zurückkehrten, beunruhigte niemanden. Die Verfolgung der windesschnellen Antilope kann den Jäger weit, weit fortführen, und bricht darüber die Nacht herein, so kann er leicht Gründe haben, die Heimkehr auf den nächsten Morgen zu verschieben.
    Da das Pueblo an der Südseite des Felsenberges lag, konnte es nur von dieser Seite her beobachtet werden, und weil Old Shatterhand und Winnetou von Norden, also aus der entgegengesetzten Richtung kamen, mußten sie einen Bogen reiten, wenn sie ihren Zweck erreichen wollten. Dabei waren sie zur allergrößten Vorsicht gezwungen, da zu jedem Augenblick in ihrem Gesichtskreis ein Indianer erscheinen und sie ebensogut sehen konnte, wie sie ihn.
    Eben war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden, als sie den Berg und an seinem steilen Hang das Pueblo liegen sahen. Sie näherten sich demselben nicht ganz bis auf Augensichtweite; dann hielten sie ihre Pferde an, und Old Shatterhand zog sein Fernrohr hervor. Nachdem er einige Zeit durch dasselbe geblickt hatte, gab er es Winnetou. Dieser setzte es nach einer kurzen Weile ab und sagte: „Die Gefangenen haben die Hände gerührt, hat mein Bruder das Loch gesehen, welches sich in der Mauer der zweiten Etage befindet?“
    „Ja“, antwortete Old Shatterhand. „Sie haben es durchgebrochen, können aber nicht heraus, weil es bewacht wird. Vielleicht haben sie auch versucht, durch die Decke zu gelangen.“
    „Das kann ihnen ebensowenig gelingen, denn auch da stehen die Wächter.“
    „Jedenfalls werden, wenn es dunkel ist, Feuer angebrannt; das ist uns außerordentlich hinderlich. Wollen aber zunächst zufrieden sein, daß wir jetzt das Loch gesehen haben, denn nun wissen wir, unter welcher Terrasse die Gefangenen stecken. Unten lehnt eine Leiter an, jedenfalls für den Häuptling, wenn er zurückkehrt. Wie prächtig wäre es, wenn sie nicht emporgezogen würde!“
    Sie stiegen ab und setzten sich nieder, um die Dunkelheit zu erwarten. Als dieselbe hereingebrochen war, sahen sie auf dem Pueblo einige Feuer aufflammen. Nun pflockten sie ihre Pferde an und schritten langsam dem Ort entgegen, an welchem es heute ein wahres Meisterstück auszuführen gab. Diese einzelnen zwei Männer wollten es, ob durch List oder Gewalt, mit der ganzen zahlreichen Besatzung des Pueblo aufnehmen!
    Eigentlich was es für dieses kühne Unternehmen noch zu früh, und es wäre weit besser gewesen, wenn sie noch einige Stunden hätten warten können, bis die Indianer, welche jetzt noch alle wach waren, sich zur Ruhe gelegt hatten. Dann hätte es nur einige Wachen gegeben, welche zu überwältigen waren. Aber es gab verschiedene sehr triftige Gründe, die Ausführung des Vorhabens trotzdem nicht aufzuschieben. Erstens war zu bedenken, daß doch immerhin ein Umstand eintreten konnte, durch welchen der gefangene Häuptling mit seinen Begleitern befreit wurde. Es konnte einer seiner Leute unterwegs sein und ihn finden. Kam Ka Maku los und in das Pueblo, so war die Befreiung der in demselben eingeschlossenen Leute fast unmöglich. Zweitens konnte man nicht wissen, in welcher Lage sich diese Personen befanden und was ihnen drohte; eine Verzögerung konnte ihnen leicht verhängnisvoll werden. Und drittens fühlten die Roten über die verzögerte Rückkehr ihres Häuptlings jetzt noch keine Besorgnis; wahrscheinlich trat dies erst am folgenden Tag ein; aber es war auch möglich, daß man schon im Verlauf des Abends sein Fortbleiben auffällig fand. In diesem Fall

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