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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schickte man wohl Boten nach ihm und wartete auf die Rückkehr derselben. Das gab dann einen Zustand der Aufregung, der allgemeinen Wachsamkeit, welcher das Gelingen von Old Shatterhands und Winnetous Vorhaben vereiteln mußte. Darum war es auf alle Fälle besser, schon jetzt an die Ausführung desselben zu gehen.
    Als sich diese beiden dem Pueblo weit genug genähert hatten, sagte Winnetou: „Mein Bruder mag rechts gehen, und ich gehe links. In der Mitte, da wo die Leiter lag, treffen wir zusammen.“
    Old Shatterhand verstand ihn; sie wollten erst das vor dem Pueblo liegende Terrain absuchen, ob dasselbe vielleicht bewacht werde oder überhaupt jemand von den Roten sich außerhalb der Niederlassung befand. Old Shatterhand folgte der Aufforderung seines Freundes und fand nichts, was ihm hätte auffallen können. Als er mit ihm zusammentraf, zeigte es sich, daß die Leiter, welche sie hatten liegen sehen, hinaufgezogen worden war.
    „Uff!“ sagte der Apache leise. „Sie ist fort. Kein andrer könnte hinauf.“
    „Ja, kein anderer“, nickte Old Shatterhand. „Uns aber soll dies nicht abhalten, das unterste Dach zu erreichen. Vor allen Dingen aber müssen wir wissen, wie die Feinde sich verteilt haben, wo sie sich befinden.“
    „Es brennen zwei Feuer.“
    „Richtig. Das sind die Wachtfeuer. Eins auf der Terrasse, unter welcher die Gefangenen stecken, und eins auf der darunterliegenden Etage, um das Loch zu erleuchten, durch welches sie sich haben retten wollen. Dort stehen Posten, die ich gezählt habe oben drei und unten drei. Wo aber sind die andern Indianer?“
    „Im Innern der Stockwerke. Hat mein Bruder nicht gesehen, daß dort Licht ist?“
    „Ja; die Eingangslöcher stehen offen, und der Lichtschein schlägt von innen heraus. Danach zu urteilen, würden die Roten mit ihren Squaws und Kindern die oberen Etagen bewohnen, während die beiden unteren unbewohnt sind und wahrscheinlich zur Aufnahme der Vorräte dienen.“
    „Mein Bruder hat recht geraten. Ich war vor einigen Jahren hier und habe mir das Innere des Pueblo angesehen.“
    „Hm! Die damalige Anordnung kann verändert worden sein. Wir müssen vorsichtig verfahren. Es ist ein schöner Abend heut, und wir dürfen getrost annehmen, daß nicht alle Indianer sich in den Wohnungen befinden; sehr wahrscheinlich liegen auch welche, ohne daß wir sie sehen können, auf den platten Dächern im Freien.“
    „Wollen wir uns dadurch abhalten lassen?“
    „Nein.“
    „So stell dich auf die Mauer, damit ich auf deine Schultern steige!“
    Old Shatterhand folgte dieser Aufforderung, und der Apache schwang sich ihm auf die Achseln. Als er von da aus die Kante der untersten Plattform mit den Händen nicht erreichen konnte, flüsterte er dem Gefährten zu: „Strecke die beiden Arme hoch, damit ich dir auf die Hände steigen kann!“
    Old Shatterhand tat dies und hielt den Häuptling mit solcher Leichtigkeit empor, als ob derselbe ein Kind von wenigen Jahren wäre.
    „Es geht noch nicht“, sagte der Apache.
    „Wieviel fehlt noch?“ fragte Old Shatterhand.
    „Drei Hände breit.“
    „Schadet nichts. Deine Finger sind wie von Eisen. Wenn sie die Kante erreichen, wirst du dich festhalten, obgleich dies kein andrer vermöchte. Dann helfe ich mit meinem langen Bärentöter nach. Ich zähle bis drei und werfe dich in die Höhe; paß auf und greif schnell zu! Eins – zwei – drei –!“
    Bei drei gab er dem Apachen einen kräftigen Schwung nach oben; dieser erreichte die Kante mit den Händen und hielt sich dort mit denselben wie mit eisernen Klammern fest. Schnell nahm Old Shatterhand seinen langen Bärentöter zur Hand und hielt ihn empor, um mit demselben einen Fuß Winnetous zu stützen. Dieser fand dadurch einen festen Punkt und schwang sich, da Old Shatterhand mit dem Gewehr kräftig nachschob, auf die Terrasse, wo er zunächst ganz still und unbeweglich liegen blieb, um zu lauschen, ob sich vielleicht jemand in der Nähe befinde, der ihn bemerkt habe oder sehen könne. Er lag eng zusammengekrümmt und sprungbereit, um sich sofort wie ein Panther auf denselben zu schnellen und ihn mit einem Griff nach der Gurgel unfähig zu machen, einen Warnungsruf auszustoßen. Seine scharfen Augen überblickten die ganze Länge der Terrasse – es befand sich außer ihm kein Mensch auf derselben. Unweit von sich sah er das offene, viereckige Eingangsloch, welches hinab in das Erdgeschoß führte, und hart neben ihm lag die Leiter, welche heraufgezogen worden

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