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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schönen Gegend! Aber gleich schon am ersten Tag kommen die Indianer und roofen Ihnen die Haare alle eenzeln aus. Denken Sie denn, Sie können sich hier so gemütlich niederlassen wie derheeme off dem Großvaterschtuhl oder off die Ofenbank? Handeln wollen Sie? Wer kooft Ihnen hier was ab? Wovon leben Sie? Und wonach riechen Sie? Wenn Sie nur drei Tage lang hier sitzenbleiben, hat Ihre ganze komparative Persönlichkeet eenen Duft angenommen, den Sie mit dem ganzen transatlantischen Ozean nicht nunterwaschen können.“
    Diese Warnung hatte den Erfolg, daß Frau Rosalie ein bedenkliches Gesicht machte und sich ihrem Mann zuwandte, um dessen Meinung zu hören. Die andern hatten sich indessen von ihrem Staunen erholt; sie knieten am Ufer, untersuchten das Öl und teilten sich in lauten Ausrufen ihre Bemerkungen mit. Am ruhigsten waren selbstverständlich Winnetou und Old Shatterhand. Sie hatten sich von den andern entfernt, um einen Gang um den See zu machen und die Ufer desselben genauer abzusuchen, als es vorher von dem Apachen hatte geschehen können.
    Derjenige, auf welchen diese Petroleummasse den größten Eindruck machte, war der Kantor. Die andern waren schon längst von ihrem Staunen zurückgekommen, da stand er noch immer da und starrte mit weit geöffneten Augen und ebenso offenstehendem Mund auf das Wasser. Als der Hobble-Frank dies bemerkte, trat er zu ihm, gab ihm einen Klaps auf den Rücken und sagte: „Ihnen is wohl der ganze menschliche Verschtand schtehen geblieben? Fassen Sie sich! Nehmen Sie sich zusammen und erinnern Sie sich daran, daß so een See voll Kaffee viel besser schmecken würde, als seine jetzigen Inhaltsbeschtandteele! Wahrhaftig, Sie scheinen Ihre ganze Mutterschprache verloren zu haben! Wenn Sie nich reden können, so versuchen Sie wenigstens, einige Töne zu singen, Herr Kantor!“
    Da kehrte dem musikalischen Herrn die Sprachfähigkeit zurück. Er holte tief, tief Atem und antwortete: „Kantor emeritus, wenn ich bitten darf, Herr Franke! Ich fühle mich ganz grandios berührt. Es ist ein ganz unbeschreiblicher Anblick. Mich überkommt ein Gedanke, ein Gedanke, ebenso grandios und unbeschreiblich wie dieser See, sage ich Ihnen.“
    „Welcher Gedanke, Herr Emeritikus?“
    „Emeritus, lieber Freund. Sie haben eine Silbe zu viel.“
    „Wie? Was? Eene Silbe hätte ich zu viel? Eene ganze Silbe? Wer Ihnen das weiß gemacht hat, der hat das A-B-C noch nich im Koppe. Ehe ich eene Silbe zu viel ausspreche, gehn eher Sonne, Mond und Schterne zugrunde. Ich habe mein Silbenmaß schtets bei mir; es is mir angeboren. Ich mach's ganz so wie die Pflaumenhändler: ich laß eher eene weg, als daß ich eene zu viel gebe; darauf können Sie sich verlassen. Das wollte ich nur so nebenbei bemerkt haben. Die Hauptsache war der grandezziose Gedanke, der Ihnen gekommen is. Darf ich den erfahren?“
    „Ja, Ihnen will ich ihn mitteilen, vorausgesetzt, daß Sie es nicht ausplaudern.“
    „O, was das betrifft, so dürfen Sie meiner größten und verschwiegensten Dislokation versichert sein. Is dieser Gedanke so een großes Geheimnis?“
    „Außerordentlich! Wenn ein andrer Komponist ihn erführe, er würde ihn sofort für sich verarbeiten. Sie wissen doch von meiner Heldenoper? Was?“
    „Ja – zwölf Akte.“
    „So ist es. Und wissen Sie, was ich in dieser Oper bringen werde?“
    „Natürlich weeß ich das.“
    „Nun, was?“
    „Musik werden Sie bringen.“
    „Natürlich! Das ist ja selbstverständlich. Ich meine in Beziehung auf den Inhalt dieser Musik und auch betreffend der Szenerie, der Ausstattung.“
    „Da muß ich sagen, daß ich mich zwar mit allen Wissenschaften beschäftigt habe, aber die musikalische Ausschtattung soll erscht noch drankommen. Also weiter! Was wollen Sie bringen?“
    Der Kantor näherte seinen Mund dem Ohr Franks, hielt seine hohlen Hände wie ein Sprachrohr an dasselbe und flüsterte hinein: „Einen solchen Petroleumsee werde ich bringen.“
    Frank fuhr zurück und fragte: „Etwa off die Bühne?“
    „Jawohl, ganz selbstverständlich.“
    „Herrjemineh, eenen Petroleumsee off die Bretter, welche die Erde bedeuten! Is das die Möglichkeet?“
    „Nicht wahr, Sie staunen?“ fragte der Emeritus triumphierend. „Da wird sogar Ben Akiba zu Schanden.“
    „Ben Akiba? Inwiefern der?“
    „Er hat behauptet, es sei alles schon dagewesen; aber einen Petroleumsee auf der Bühne hat es noch nicht gegeben.“
    „Das mit der Bühne mag richtig sein; das mit Ben Akiba aber

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